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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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gebracht hatten. Und zwar, daß sie hart gearbeitet hatte, um ihre jetzige Position zu erreichen. Diese Position und die materiellen Güter, die damit verbunden waren – gläserne Couchtische und tiefe Teppiche –, bedeuteten ihr viel und mußten mit Sorgfalt behandelt werden.
    Als sie saß, nahm sie einen großen Schluck von dem Wasser.
    »Paß auf, Harry«, sagte sie. »Ich habe ihnen nicht alles erzählt. Ich habe nicht gelogen, aber auch nicht alles gesagt. Ich hatte Angst.«
    »Angst wovor?«
    »Ich bekam Angst an dem Tag, als man sie fand. Weißt du, ich hatte an dem Morgen einen Anruf bekommen. Bevor ich überhaupt wußte, was mit ihr geschehen war. Es war ein Mann, dessen Stimme ich jedoch nicht erkannte. Er drohte, falls ich etwas sagen würde, wäre ich die nächste. Ich erinnere mich an seine Worte: ›Meine werte Dame, ich gebe Ihnen den Rat, so schnell wie möglich Dodge City zu verlassen.‹ Dann hörte ich, daß die Polizei im Gebäude war, in ihrem Apartment. Als nächstes, daß sie tot war. Also tat ich, was er mir gesagt hatte. Ich verschwand, nachdem die Polizei mir eine Woche später sagte, daß man mich nicht mehr benötigte, und zog nach Long Beach. Ich änderte meinen Namen und mein Leben. Dort unten traf ich meinen Mann, und Jahre später zogen wir hierher … Weißt du, ich war nie wieder in Hollywood, ich bin noch nicht einmal durchgefahren. Es ist ein fürchterlicher Ort.«
    »Was hast du Eno und McKittrick nie erzählt?«
    Katherine sah auf ihre Hände hinab, während sie sprach.
    »Ich hatte Angst, verstehst du, also habe ich nicht alles erzählt … Aber ich wußte, wen sie dort treffen würde auf der Party. Wir waren wie Schwestern. Wir lebten in dem gleichen Haus und teilten Kleider, Geheimnisse, alles miteinander. Jeden Morgen sprachen wir miteinander, tranken Kaffee. Es gab keine Geheimnisse zwischen uns. Und wir wollten zusammen auf die Party gehen. Natürlich, nachdem … Johnny mich geschlagen hatte, mußte sie allein gehen.«
    »Wen wollte sie dort treffen, Katherine?«
    »Weißt du, das ist die richtige Frage, aber die Detectives haben sie nie gestellt. Sie wollten nur wissen, wessen Party es war und wo sie war. Aber das war irrelevant. Wichtig war, wen sie dort treffen wollte. Und danach haben sie nie gefragt.«
    »Wer war es?«
    Sie wandte den Blick von ihren Händen und schaute auf den Kamin. Sie starrte auf die kalten, verkohlten Holzscheite vom letzten Feuer, hypnotisiert wie andere Leute von lodernden Flammen.
    »Der Mann hieß Arno Conklin. Er war eine sehr wichtige Person in …«
    »Ich weiß, wer er war.«
    »Du weißt es?«
    »Sein Name wurde in den Akten erwähnt. Allerdings nicht in dem Zusammenhang. Wie konntest du das den Cops vorenthalten?«
    Sie drehte sich um und sah ihn schroff an.
    »Schau mich nicht so an. Ich habe dir gesagt, daß ich Angst hatte. Man hatte mir gedroht. Außerdem hätten sie damit nichts angefangen. Conklin war ein einflußreicher Staatsanwalt. Sie tanzten nach seiner Pfeife. Sie hätten ihm nicht auf die Füße getreten, nur weil ein … Callgirl, das nichts gesehen hatte, einen Namen wußte. Ich mußte an mich denken. Deine Mutter war tot, Harry. Ich konnte nichts daran ändern.«
    Der Zorn leuchtete in ihren Augen auf. Er wußte, daß er gegen ihn gerichtet war, mehr jedoch gegen sie selbst. Sie konnte immer wieder all ihre Gründe aufzählen, aber im Innersten büßte sie jeden Tag für das, was sie unterlassen hatte.
    »Glaubst du, Conklin war’s?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß nur, daß sie vorher mit ihm zusammengewesen war und er nie gewalttätig geworden war. Die Frage kann ich nicht beantworten.«
    »Hast du eine Ahnung, wer dich angerufen hat?«
    »Nein, keine.«
    »Conklin?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kannte seine Stimme nicht.«
    »Hast du sie je zusammen gesehen, meine Mutter und ihn?«
    »Einmal bei einem Tanz im Freimaurertempel. Ich glaube, das war der Abend, als sie sich kennenlernten. Johnny Fox machte sie miteinander bekannt. Ich glaube nicht, daß Arno … etwas über sie wußte. Wenigstens damals nicht.«
    »Könnte Fox der Anrufer gewesen sein?«
    »Nein. Ich hätte seine Stimme erkannt.«
    Bosch dachte einen Moment nach.
    »Hast du Fox nach diesem Morgen je wiedergesehen?«
    »Nein. Ich bin ihm eine Woche aus dem Weg gegangen. Es war leicht, weil er sich vor den Cops versteckt hatte. Danach verschwand ich. Wer immer der Anrufer war, er hat mir Todesangst eingejagt. An dem Tag, als die Polizei sagte, daß sie mit

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