Der letzte Coyote
male ich Sie auch mal, Bosch. Irgendwann.«
Er wußte nicht, was er sagen sollte, und wechselte unbeholfen zu einem weniger verfänglichen Thema.
»Warum lassen Sie die Wohnung nicht von einem Makler verkaufen? Auf diese Weise könnten Sie in Tampa bleiben und malen.«
»Ich habe die Abwechslung genossen, außerdem wollte ich nicht fünf Prozent an einen Makler zahlen. Das ist ein schöner Apartmentkomplex. Die Wohnungen verkaufen sich auch ohne Makler ganz gut. Es gibt viele Kanadier, die hier investieren. Ich glaube, daß ich es verkaufen kann. Die Anzeige läuft erst eine Woche.«
Bosch nickte und wünschte, er hätte das Gespräch nicht von ihren Porträts abgelenkt. Es schien jetzt zu stocken.
»Ich wollte fragen … Möchten Sie essen gehen?«
Sie betrachtete ihn ernst, als ob seine Bitte und ihre Antwort weitreichende Konsequenzen hätten. Wahrscheinlich war es so. Wenigstens glaubte er das.
»Wo sollten wir hingehen?«
Sie zögerte die Entscheidung hinaus, aber er spielte mit.
»Ich weiß nicht. Ich kenne mich hier nicht aus. Sie können bestimmen. Entweder hier in der Gegend oder auf dem Weg nach Tampa. Das ist mir egal. Ich würde jedoch gerne mit Ihnen essen, Jazz. Falls Sie wollen.«
»Wie lange ist es her, daß Sie mit einer Frau zusammen waren? Ich meine, daß Sie ausgegangen sind?«
»Ausgegangen? Ich weiß nicht. Ein paar Monate, schätze ich. Aber das hat nichts zu sagen. Ich bin halt allein hier und ich dachte, daß wir vielleicht …«
»Schon gut, Harry. Gehen wir.«
»Essen?«
»Ja, essen. Ich kenne ein Restaurant auf dem Weg nach Tampa. Oberhalb von Longboat. Fahren Sie mir nach.«
Er lächelte und nickte.
Sie hatte einen VW-Käfer. Es war ein taubenblaues Cabrio mit einer roten Stoßstange. Selbst in einem Gewitter würde er sie nicht verlieren, erst recht nicht auf den langsam dahinfließenden Highways in Florida.
Bosch zählte zwei Zugbrücken, bei denen sie halten mußten, bevor sie Longboat Key erreichten. Dann fuhren sie über die Insel und über eine weitere Brücke nach Anna Maria Island. Schließlich stoppten sie vor einem Lokal namens Sandbar. Sie durchquerten die Bar und setzten sich auf eine Terrasse, vor der sich der Golf ausbreitete. Es war kühl, und sie aßen Krabben und Austern und spülten alles mit mexikanischem Bier hinunter. Bosch war glücklich.
Sie redeten nicht viel, aber das war auch nicht nötig. Gerade in den Momenten des Schweigens hatte sich Bosch bei den Frauen, mit denen er zusammen gewesen war, am wohlsten gefühlt. Er fühlte die Wirkung von Wodka und Bier. Der Alkohol schliff alle scharfen Kanten ihres Zusammenseins ab und erwärmte ihn für sie. Er spürte, wie sein Verlangen wuchs und an ihm zerrte. McKittrick und der Fall waren in die dunklen Regionen seines Bewußtseins verdrängt worden.
»Das war gut«, sagte er und lehnte sich satt und zufrieden zurück. »Wirklich gut.«
»Ja, sie wissen hier, wie man es zubereiten muß. Darf ich Ihnen etwas sagen, Bosch?«
»Schießen Sie los.«
»Es war nur ein Scherz, was ich über die Polizei von L. A. gesagt habe. Aber ich habe Polizisten gekannt … Sie scheinen anders zu sein. Ich weiß nicht genau, wie. Es ist, als hätten Sie zuviel von Ihrer Identität bewahrt. Verstehen Sie?«
»Ich glaube.« Er nickte. »Danke. Falls das ein Kompliment ist.«
Sie lachten beide, und dann beugte sie sich zögernd zu ihm herüber und küßte ihn leicht auf die Lippen. Es war schön und er lächelte. Er schmeckte Knoblauch.
»Gut, daß Sie schon einen Sonnenbrand haben, sonst würden Sie jetzt rot.«
»Nein, das würde ich nicht. Ich meine, es war nett, daß Sie das gesagt haben.«
»Wollen Sie mit zu mir kommen, Bosch?«
Er zögerte. Nicht um zu überlegen, er wollte ihr die Chance geben, ihr Angebot zurückzuziehen, falls sie übereilt gesprochen hatte. Nach einem Augenblick des Schweigens jedoch lächelte er und nickte.
»Ja, das würde ich gerne.«
Sie fuhren zurück aufs Festland zum Freeway. Während Bosch ihrem Käfer folgte, fragte er sich, ob sie, allein in ihrem Wagen, ihre Meinung ändern würde. Er erhielt die Antwort an der Skyway Bridge, als er am Kassenhäuschen die Maut bezahlen wollte. Der Kassierer schüttelte den Kopf und winkte ab.
»Die Dame in dem Käfer hat schon für Sie bezahlt.«
»Ach.«
»Ja. Kennen Sie sie?«
»Noch nicht.«
»Ich glaube, das wird sich ändern. Viel Glück.«
»Danke.«
27
J etzt hätte Bosch sie nicht einmal mehr in einem Blizzard verloren. Je
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