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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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übrig, als Conklin aufzusuchen. Es widerstrebte ihm jedoch, weil er nur Verdachtsmomente und keinerlei Beweise hatte. Conklin würde bei der Konfrontation die Oberhand behalten.
    Ein Gefühl der Verzweiflung überkam ihn. Er wollte nicht, daß es so endete. Conklin hatte sich fast fünfunddreißig Jahre lang nicht verraten. Er würde jetzt, da Bosch hinter ihm her war, keinen Fehler machen. Harry wußte, er brauchte etwas Handfestes. Aber er hatte nichts.
    Er startete den Motor, ließ aber die Automatik auf Parken stehen und drehte die Klimaanlage voll auf. Dann gab er McKittricks Zutaten in den Eintopf seiner Kenntnisse und begann eine Theorie zu formulieren. Für Bosch war dies einer der wichtigsten Schritte im Verlauf von Ermittlungen. Man nehme die Fakten und konstruiere daraus eine Hypothese. Entscheidend war, daß man sich nicht an eine bestimmte Theorie klammerte. Theorien änderten sich, man mußte also flexibel bleiben.
    Aus McKittricks Informationen schien klar hervorzugehen, daß Fox Conklin in der Hand hatte. Wieso? Nun, Fox handelte mit Frauen. Das führte zu der Hypothese, daß Fox mittels einer oder mehrerer Frauen Druck auf Conklin ausüben konnte. Die Zeitungsartikel jener Zeit berichteten, daß Conklin Junggeselle war. Die damalige Moral hätte diktiert, daß er als Gesetzesvertreter und Kandidat für das Amt des District Attorneys zwar nicht enthaltsam sein mußte, aber doch zumindest nicht privat die Sünden begehen durfte, die er öffentlich verfolgte. Wenn er dabei ertappt worden wäre, hätte er seine politische Karriere in den Wind schreiben können. Ganz zu schweigen von seiner Position als Leiter der Sonderkommission. Falls das also Conklins Schwachstelle war und Fox die Rendezvous einfädelte, dann konnte Fox von Conklin verlangen, was er wollte. Das würde die eigenartigen Umstände des Verhörs erklären.
    Bosch erkannte, daß die Theorie noch mehr Gewicht bekäme, falls Conklin nicht bloß der Fleischeslust gefrönt, sondern Marjorie Lowe – die Frau, die Fox ihm vermittelt hatte – sogar getötet hätte. Erstens würde es erklären, wieso Conklin wußte, daß Fox in dem Mordfall unschuldig war. Zweitens würde es begreiflich machen, warum Conklin die Ermittlungen gegen Fox durchkreuzte und warum er ihn später als Wahlkampfhelfer anstellte. Falls also Conklin der Killer war, dann hatte Fox’ Haken tief gesessen. Er hätte Conklin fest an der Angel gehabt, so wie Bosch heute den Wahoo. Ein Prachtfang, der nicht mehr entkommen konnte.
    Es sei denn, der Mann am anderen Ende der Angel würde irgendwie aus dem Spiel scheiden. Bosch dachte über Fox’ Tod nach, und wie er sich in die Theorie einfügte. Conklin ließ nach dem ersten Mord etwas Zeit verstreichen spielte den Fisch, der am Haken hing. Er kam sogar Fox’ Forderung nach, ihm ehrliche Arbeit zu geben. Als jedoch der richtige Zeitpunkt gekommen war, wurde Fox überfahren. Vielleicht mußte noch ein Journalist bestochen werden, damit er die Vergangenheit des Opfers nicht erwähnte – falls der Reporter überhaupt davon wußte. Und ein paar Monate später wurde Conklin dann zum neuen District Attorney gekürt.
    Bosch fragte sich, wie Mittel ins Bild paßte. Es war unwahrscheinlich, daß dies alles in einem Vakuum abgelaufen war. Mittel hatte als rechte Hand und Mann fürs Grobe vermutlich alles gewußt, was Conklin wußte.
    Seine Theorie gefiel ihm, sie machte ihn gleichzeitig jedoch wütend. Hauptsächlich, weil es nur eine Theorie war. Er schüttelte den Kopf, als er merkte, daß er wieder am Anfangspunkt war. Alles reine Theorie und keine Beweise.
    Er hatte keine Lust, noch länger darüber nachzudenken, und beschloß, das Thema eine Weile beiseite zu schieben. Er stellte die Klimaanlage niedriger, weil die Luft für seinen Sonnenbrand zu kühl war, und fuhr los. Während er langsam durch Pelican Cove zum Eingangstor kutschierte, kehrten seine Gedanken zu der Frau zurück, die das Apartment ihres Vater verkaufen wollte. Sie hatte ihr Selbstporträt mit dem Namen Jazz signiert. Das gefiel ihm.
    Er wendete den Wagen und fuhr zurück zu ihrer Wohnung. Es war noch hell, und hinter den Fenstern des Gebäudes leuchteten noch keine Lichter. Er konnte nicht erkennen, ob sie da war oder nicht. Bosch parkte in der Nähe und beobachtete das Haus ein paar Minuten. Er überlegte sich, was er tun sollte – falls er überhaupt etwas tun sollte.
    Fünfzehn Minuten später hatte er sich immer noch nicht entschieden und erstarrte, als sie aus

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