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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Türrahmen, und er stellte die Gemälde an ihren vorherigen Platz. Dann verließ er das Studio und fand sie in der Küche, wo sie Wasser in den Kessel laufen ließ. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, und er berührte sie leicht. Trotzdem fuhr sie unter seiner Berührung zusammen.
    »Jazz, hör zu, es tut mir leid. Ich bin Cop und werde schnell neugierig.«
    »Ist schon okay.«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, wirklich. Willst du Tee?«
    Sie hatte den Hahn abgedreht, wandte sich aber nicht um und stellte auch nicht den Kessel auf den Herd.
    »Nein. Ich wollte dich zum Frühstück einladen.«
    »Wann gehst du? Du hast doch gesagt, dein Flug geht heute morgen.«
    »Ich weiß. Ich könnte aber auch noch einen Tag bleiben und erst morgen fliegen, wenn du willst. Ich meine, falls du mich hier haben willst. Ich würde gern bleiben.«
    Sie drehte sich um und sah ihn an.
    »Ich möchte auch, daß du bleibst.«
    Sie umarmten und küßten sich, aber sie entzog sich ihm schnell wieder.
    »Das ist nicht fair, du hast dir die Zähne geputzt, und ich habe fürchterlichen Mundgeruch.«
    »Ja, aber ich habe deine Zahnbürste benutzt. Es gleicht sich also aus.«
    »Ekelhaft. Jetzt muß ich mir eine neue kaufen.«
    »Genau.«
    Sie lächelten, und sie schlang ihre Arme um seinen Hals. Sein Vergehen im Studio war anscheinend vergessen.
    »Du rufst die Fluggesellschaft an, und ich mache mich fertig. Ich weiß, wo wir hingehen können.«
    Als sie sich losmachen wollte, hielt er sie fest. Er mußte es noch einmal ansprechen. Er konnte nicht anders.
    »Ich möchte dich etwas fragen.«
    »Was?«
    »Wieso sind diese Bilder nicht signiert?«
    »Sie sind noch nicht fertig.«
    »Das bei deinem Vater war signiert.«
    »Das war für ihn, deshalb habe ich es signiert. Diese hier sind für mich.«
    »Die Frau auf der Brücke. Wird sie springen?«
    Sie sah ihn lange an, bevor sie antwortete.
    »Ich weiß nicht. Manchmal, wenn ich es ansehe, glaube ich es. Ich glaube, sie denkt daran. Aber man weiß nie.«
    »Es darf nicht dazu kommen, Jazz.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es nicht sein darf.«
    »Ich mach’ mich fertig.«
    Sie befreite sich aus seiner Umarmung und verließ die Küche.
    Er ging zum Telefon, das neben dem Kühlschrank an der Wand hing, und rief die Fluggesellschaft an. Während er einen Flug für Montag morgen buchte, entschloß er sich spontan, zu fragen, ob es möglich sei, über Las Vegas nach Los Angeles zu fliegen. Die Angestellte antwortete, daß er dann mehr als drei Stunden Aufenthalt hätte. Er buchte dennoch diesen Flug. Zusätzlich zu den siebenhundert Dollar, die sie schon von ihm bekommen hatten, mußte er für die Änderungen noch einmal fünfzig Dollar entrichten. Er bezahlte mit seiner Kreditkarte.
    Er dachte über Vegas nach, als er aufhängte. Claude Eno war vielleicht tot, aber seine Witwe kassierte immer noch seine Pension. Sie war möglichweise den Fünfzig-Dollar-Aufenthalt wert.
    »Fertig?«
    Jasmin rief ihn vom Wohnzimmer aus. Bosch verließ die Küche. Sie war bereits fertig angezogen, mit abgeschnittenen Jeans, einem Trägerhemd und einem offenen weißen Hemd, das sie vorne zusammengeknotet hatte. Sie hatte eine Sonnenbrille aufgesetzt.
    Sie gingen in ein Lokal, wo man Brötchen mit Honig bekam und die Eier mit Maisgrieß und Butter serviert wurden. Bosch hatte seit seiner Grundausbildung in Fort Benning nicht mehr Maisgrieß gegessen. Das Essen schmeckte köstlich. Sie sprachen beide nicht sehr viel. Auch die Gemälde und das Gespräch, das sie vor dem Schlafengehen gehabt hatten, wurden nicht erwähnt. Es schien, als sei es besser, das Gesagte im Schattenreich der Nacht zu belassen – und ihre Bilder wohl ebenfalls.
    Als sie mit dem Frühstück fertig waren, bestand sie darauf, zu bezahlen. Er übernahm das Trinkgeld. Sie verbrachten den Nachmittag damit, im offenen Kabrio herumzufahren. Jasmine zeigte ihm alles Mögliche, von Ybor City bis nach St. Petersburg Beach. Sie verbrauchten eine ganze Tankfüllung und zwei Schachteln Zigaretten. Am späten Nachmittag waren sie in Indian Rocks Beach, um den Sonnenuntergang über dem Golf zu beobachten.
    »Ich habe schon viele Sonnenuntergänge gesehen«, sagte Jasmin. »Aber das Licht gefällt mir hier am besten.«
    »Warst du schon mal in Kalifornien?«
    »Nein, noch nicht.«
    »Manchmal sieht es abends aus, als ob Lava auf die Stadt herabfließen würde.«
    »Das muß schön sein.«
    »Man kann dann viel vergeben, viel vergessen … Das ist charakteristisch für Los

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