Der letzte Drache
Modeschöpfer sich einen Wanderschuh so ungefähr vorstellte. Aber der hielt überraschend gut durch. Doch der enge Rock und die Nylonstrümpfe hielten den Vergleich mit moderner Multifunktionsfaserbekleidung nur eingeschränkt stand. Baldur hegte den Verdacht Ella reduzierte das Tempo, um einer möglichen Schweißbildung vorzubeugen. Das würde ihr allerdings kaum gelingen, da nun die heiße Mittagszeit begann.
“Sag mal Ella, was machst du eigentlich beruflich? du hast mir bisher noch nicht sehr viel von dir erzählt.” Sie hatten noch ein ganzes Stück Weg vor sich und während er Ella bisher eher als notwendiges Übel akzeptiert hatte, konnte er ja nun genauso gut die Gelegenheit nutzen um herauszufinden, wen er da eigentlich die ganze Zeit mit sich herumschleppte.
“Du fragst ja nie.” Aber Ella konnte gar nicht schnippisch sein.
“Ich habe ein wenig studiert, unter anderem auch ein paar Semester Geschichte. Meine Mutter ist recht wohlhabend, ich hatte nie den Zwang einen Beruf zu ergreifen. Nach dem Studium hab ich ganz verschiedene Sachen gemacht. Ein wenig Sport, ich bin gereist, habe mich mit Drachen beschäftigt, wie du weißt und wir haben viele Freunde. Oder jedenfalls kennen wir viele Menschen, mit denen wir schon wegen Mamas Firma regen Kontakt pflegen. Das ist auch ein Grund, warum ich mal von zu Hause wegmusste.” Baldur war ein guter Zuhörer, gegen Ellas Redeschwall kam er aber eh nicht an.
“Also keine Arbeit?”
“Wenn ich einen Beruf nennen muss, dann am ehesten Journalistin. Ich arbeite freiberuflich für einige Magazine und Tageszeitungen. Sicherlich nicht regelmäßig, aber da ich ja doch hier und da mal rumkomme erlebe ich manchmal interessante Sachen und dann schreib ich sie auf. Bei meinem Studium war auch ein wenig Journalistik dabei.”
Das hatte Baldur sich gedacht. Genaugenommen war sie also ein verwöhntes Püppchen mit reichen Eltern, das in den Tag hineinleben konnte und machen konnte was sie wollte und genau das hatte Ella scheinbar auch bisher getan. Na ja, hätte er das Geld gehabt, hätte er es vielleicht auch getan.
Sie waren nun schon tief im Wald, immer seltener trafen sie auf andere Wanderer. Und wenn sie jemanden trafen hatten die nun auch meist große 38 Liter Rucksäcke und waren auf Mehrtagestour. Diese herrliche Gegend bot sich dafür an. Der Empfang seines Smartphones war hier im Wald, abseits der großen Siedlungen, überaus bescheiden. Um Strom zu sparen, hatte er es auch immer wieder längere Zeit ausgeschaltet. Aber soweit er das beurteilen konnte, würden sie in zwei bis drei Stunden in der Nähe des Ziels sein. Zeit sich nach einem geeigneten Zeltplatz zu erkundigen, wenn sich wieder einmal eine Menschenseele sehen lassen würde, jetzt zum Beispiel.
“Hallo”, grüßte Baldur. Zwei junge Männer kamen ihnen entgegen, beide mit Vollbärten und großen Rucksäcken.
“Hallo”, murmelten beide und machten Anstalten weiterzugehen.
“ Tschuldigung, habt ihr ne Sekunde? Ich hätte da mal ne Frage.” Die beiden blieben stehen. Sie waren wandergerecht gekleidet und offenbar auch schon etwas länger unterwegs. Etwas trieb sie offenbar zur Eile, sie waren gründlich durchgeschwitzt. Dem seltsamen Aufzug von Ella schenkten sie keine Beachtung.
“Nur zu, wir haben es allerdings ein bisschen eilig, hier rauszukommen. Ist uns alles etwas unheimlich.” Die beiden waren groß gewachsen und wirkten kräftig. Sie sahen weder abergläubisch noch ängstlich aus. Der Wald war hell und freundlich.
“Was ist denn hier unheimlich? Ist doch ein herrlicher Wald? Wir wollen hier heute Abend zelten. Habt ihr eine schöne Stelle gefunden?” Der kleinere von beiden sah seinen Kameraden an, der nickte, und er antwortete:
“Wir haben letzte Nacht hier übernachtet. Wenn ihr dem Weg folgt, kommt ihr an einen See. Das ist wirklich ein sehr schönes Plätzchen. Aber ganz ehrlich. Ich würde es nicht noch einmal machen.” Baldur schaute ihn fragend an.
“Es ist nichts passiert, es ist mehr so ein Gefühl. Schon bald werdet ihr am Wegesrand immer wieder seltsame Stellen sehen. Als hätte jemand ein Feuer gemacht. Die sind immer kreisrund und der Boden ist schwarz. Alles weggekokelt. Und keine Reste eines Feuers.”
“Na ja, hier wird bestimmt viel wild gecampt, wollen wir ja auch.”
Schon, aber danach sahs nicht aus. So sehen keine Lagerfeuer aus.”
“Und wir haben Geräusche gehört. Wie von einem großen Tier.” ergänzte sein Freund.
“Und das
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