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Der letzte Drache

Der letzte Drache

Titel: Der letzte Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Schneider
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sie herumlaufen, das sehen wir auch nicht gern hier bei uns. Wenn sie sich bitte zumindest die Haare einmal kämmen könnten. Das Abendessen servieren wir übrigens pünktlich um sieben Uhr. Wir schlagen aber auch den Gong.“
    Baldur schaute auf die Uhr.
    “Es ist drei Minuten vor sieben”, stellte er fest.
    “Faszinierend, das mit der Uhr beherrschen sie gut”, machte die ältere Dame sich über Baldur lustig. Streng fuhr sie fort:
    “So, dann beeilen Sie sich bitte, um viertel nach sieben schließen wir die Tür zum Speisesaal. Wir wollen ja nicht, dass ein ständiges Heraus und Herein die anderen Gäste stört. Hier sind ihre Schlüssel.” Baldur und Ella machten sich auf den Weg.
    “Sie erinnert mich an meine Klassenlehrerin in der Grundschule, rauer Ton, aber herzensgut.” Wie immer konnte Ella auch dieser Situation etwas Gutes abgewinnen.
    “Wenn nur dieser fürchterliche Jugendherbergsfraß nicht wäre. Ich seh das Abendessen schon bildlich vor mir. Käsebrote und Hagebuttentee.” Ella lachte, sie hielt das für einen Witz.
    Schnell verschwand Baldur im Waschsaal und spritzte sich Wasser in die Haare, während Ella ihre verbliebenen Kleidungsoptionen sondierte.
    “Oh, Baldur, deine Haare sind ja jetzt ganz anders wuschelig als vorher.” Baldur grinste. Sie hatte Recht, mit ein wenig Wasser war seinem Schopf nicht beizukommen. Noch ein wenig mehr Wasser und er hätte wie ein nasser Pudel ausgesehen. Aber die Haare lagen immer noch vogelwild in alle Richtungen übereinander.
    “Oh, und du hast das elegante Fliederfarbene gegen das elegante Lachsfarbene eingetauscht? Ob Frau Vogelsang das auch unter praktisch versteht?”
    “Ich habe solche Sachen einfach nicht. Und von dir kann ich mir ja auch nichts leihen, das war ihr ja auch nicht recht.” Die beiden seufzten übertrieben und machten sich auf den Weg zum Speisesaal.
    Doch Baldurs Bedenken hinsichtlich des Essens wurden bald zerstreut. Frau Vogelsang achtete auf Disziplin, war aber auch eine exzellente Köchin. Heute Abend gab es ihre allseits geschätzte Gulaschsuppe und selten hatte Baldur so gut gegessen. Das war auf dem Niveau seiner Lieblingswurst beim Curry King. Auch Ella genoss die warme Mahlzeit.
    “So, dann wollen wir mal zurück in unser sympathisches kleines Schlaflager.” Sie waren in einem acht Mann Zimmer untergebracht, in den Etagenbetten hatten sie mindestens einen Zimmergenossen gesehen.
    “Einen Moment, meine Lieben. Wir haben hier sonst kein Personal, jeder muss mit anpacken.” Frau Vogelsang hatte sie gestellt und teilte Baldur zum Geschirrabräumen und Ella zum Fegen ein. Sie nahmen es mit einem Lächeln. Vielleicht wäre das mal eine Idee für ein neues Restaurantkonzept. Dadurch ließen sich ja auch ganz andere Preispunkte erreichen.
    Aus dem Zimmer drang laut Musik. Als Baldur die Tür öffnete, fühlte er sich ins Dragon-Slayer-Konzert zurückversetzt. Auf dem Tisch stand ein Ghettoblaster, doch dessen Besitzer schien eingeschlafen zu sein. Baldur stoppte die CD und augenblicklich fuhr der junge Mann mit dem schwarzen T-Shirt hoch.
    “ Ej, mach die Mucke wieder an.” Auf dem T-Shirt sah man einen Drachen mit einer Wunde, aus der Blut floss. Ein Dragon-Slayer-Fan wie er im Buche stand.
    “Wir finden Dragon Slayer ja auch super”, log Baldur. Der Junge freute sich.
    “Aber wir müssen morgen früh raus. Tut uns echt Leid, wir müssen jetzt schlafen. Vielleicht kannste draußen noch hören.” Baldur wusste, dass Frau Vogelsang das niemals zulassen würde, aber der Drachentöter wirkte naiv, das würde schon funktionieren. Der sah sie nun neugierig an und musterte sie von oben bis unten. Und gab ihnen schließlich Recht. Schon war er verschwunden. Seine Musikanlage hatte er stehen gelassen.
    “Der hatte es aber plötzlich eilig?” wunderte sich Ella.
    “Egal, wir müssen Morgen wirklich früh raus. Ich stell den Wecker auf sechs. Nach der langen Fahrt und dem guten Essen waren die beiden todmüde. Als sie aus dem Gemeinschaftswaschraum kamen, hatten bereits zwei weitere Gäste ihre Betten bezogen, das Licht war schon aus. Ella huschte in ihr Bett. Er hörte, wie sie sich wie ein Eichhörnchen ins Nest eindrehte und schon schien sie zu schlafen. Ganz so schnell ging das bei Baldur nicht. Er öffnete das Fenster. In dem relativ kleinen Raum mit mindestens fünf Personen würden sie sonst an Sauerstoffmangel zugrunde gehen. Doch als er am Fenster stand, hörte er von draußen eine leise Stimme. Es war der Rocker.

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