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Der letzte Drache

Der letzte Drache

Titel: Der letzte Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Schneider
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Baldurs Versuch, ihr den Mund zuzuhalten, kam zu spät. Schon stieß der Drache einen Schwall Luft in Richtung des Sockels. An den Gestank hatten sie sich inzwischen gewöhnt, aber die Böe traf sie doch mit einiger Macht. Schlimmer war, dass danach die ganze Felskathedrale voller Staub hing. Beide mussten Husten und pressten sich so gut es ging Taschentücher vor Mund und Nase. Nach einigen Minuten hatte sich der Staub endlich gelegt und sie atmeten wieder etwas tiefer.
    “Bitte, Ella, vergiss nie, welche Dimensionen dieser Drache hat.” Ella schaute betroffen zu Boden. Er hatte natürlich Recht. Aber die Inschrift lag nun frei und war gut zu erkennen.
    “Na, Fafnir, jedenfalls hast du nun Deine Inschrift. Jetzt kann‘s also losgehen.”
    “Oh, prima, hihi, dann lies doch mal vor.”
    “Ach, liegt da der Hase im Pfeffer? Du kannst nicht lesen?” Fafnirs Gesicht schien rot anzulaufen.
    ”Im Moment habe ich dazu jedenfalls keine Lust. Ist ja auch Menschensprache.” Aha, das war es also. Dem Drachen blieb das Geheimnis verborgen. Nur mit der Hilfe eines Menschen konnte er das Rätsel lösen. Nun denn, hier waren sie. Baldur las laut:
    Hier ruht der Drache Echnaton, der Hüter großen Wissens
    In seiner Kralle auf dem Thron, könnt ihr drei Zehen missen
    Drückt diese ihr nach Sonnen Lauf, so kommt ihr zu dem Haupte
    sobald ihr seid geklettert drauf, denkt an des Siegfrieds Laupte
    Ein Schwung, ein Druck, es gehet auf
    So nehmt den Schlüssel eilig
    Es löst sich alles nunmehr auf, doch haltet Drachen heilig
    Das konnte man schwerlich Klartext nennen, hier war noch einiges zu tun. Er schaute Ella ratlos an.
    “Hast du eine Idee, was uns der Verfasser sagen will?”
    “Na, der Anfang ist doch einfach. Schau dir die Krallen an.” Die Pfoten des Drachen befanden sich auf dem Podest, ungefähr in Kopfhöhe. Sie schauten sich die Zehen genau an. Sie sahen aus wie die von Fafnir. Beide Drachen hatten vier große Pranken. Auf zweien Stand dieser Drache aufgerichtet, die zwei anderen hielt er ausgestreckt nach vorne, leicht gegeneinander versetzt. Die Pranken, die auf dem Podest ruhten hatten jeweils 8 Zehen, wie auch Fafnir. Doch bei genauerem Hinsehen fiel ihnen beiden auf, dass tatsächlich drei der Zehen leicht nach innen versetzt standen. Das war anatomisch kaum möglich.
    “Das müssen sie sein, das sind die drei Zehen, die wir “missen”. Was immer der Bruder damit meinte. Die sind jedenfalls anders. Nun wär‘s noch interessant, wo Norden ist. Fafnir, weißt du das?” Der Drache stutzte.
    “Das ist einfach, der Drachenkopf schaut nach Osten, das ist bei Drachenstatuen seit unendlichen Zeiten schon immer so gewesen.”
    “Oha, das macht es kompliziert. Der Sonne Lauf führt sie von Ost nach West. Aber wenn der Kopf nach Osten schaut, verlaufen die Zehen direkt von Nord nach Süd. Dann kann man daraus keine Reihenfolge ableiten.” Ella starrte die Drachenfüße gebannt an.
    “Tun sie aber nicht. Schau doch mal genau hin. Der Drache sitzt nicht gerade auf dem Sockel sondern schräg.” Tatsächlich. Man musste ein wenig zurücktreten um das zu erkennen. Die linke Seite war dem Betrachter näher und somit auch näher am Osten. Man musste die Zehen also von Links nach Rechts drücken. Einfach nur Drücken? Baldur versuchte den ersten Zeh zu bewegen. Scheinbar schwerelos versank er in dem Podest.
    “Fantastisch, und das nach der langen Zeit. Wie haben die das nur gemacht?” Er drückte auch den zweiten und dritten Zeh. Wieder glitten sie geschmeidig und geräuschlos in den Sockel. Nachdem der dritte verschwunden war, hörten sie ein lautes Knirschen, das Tief aus dem Inneren des Felsens zu kommen schien.
    “Denke, das haben wir schon mal hinbekommen”, freute sich Baldur.
    “Und jetzt müssen wir wohl die Treppen rauf.” Ella legte den Kopf in den Nacken und starrte nach Oben. Das war hoch, die Treppen waren alt, schmal und ungesichert.
    “Na, dann mal los” Baldur spürte ein Kribbeln im Magen. Er litt unter Höhenangst. Aber vor Ella wollte er sich keine Blöße geben. Beide schwangen sich auf die erste Stufe und schritten mutig voran. Baldur allerdings stand der Angstschweiß auf Rücken und Stirn. Konzentriert nahm er Stufe um Stufe, während Ella bereits bis zum Drachenhaupt getänzelt war.
    “Da, schau mal.” Enthusiastisch zeigte sie auf eine Stelle des Drachenpanzers, ungefähr auf Bauchhöhe. Baldur konnte nichts erkennen.
    “Da steht doch etwas hervor, in der Form eines Blattes.”

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