Der letzte Drachenlord - Hatfield, M: Der letzte Drachenlord
„Ich verstehe dich vollkommen.“ Er breitete die Arme aus, und sie ließ sich mit einem Lächeln auf den Lippen hineinsinken. Er durfte nicht merken, wie klar ihr Verstand funktionierte. Aber längst war seine Umarmung für sie eher ein Gefängnis, nicht mehr ein Ort der Geborgenheit. Seine Lippen an ihrem Hals verursachten bei ihr jetzt Gänsehaut vor Angst, nicht mehr vor Lust.
Der Dolch in ihrer Hand schien schwerer zu werden, das Metall wärmte sich. Auf einmal wurde Catija alles klar. Plötzlich wusste sie, was sie zu tun hatte. Wie sie ihr anscheinend endloses Dasein als seine Marionette schließlich doch noch abwenden konnte.
Als würde ihr Geist außerhalb ihres Körpers die Ereignisse beobachten und unbeteiligt zuschauen, sah sie, wie ihre Hand mit dem Dolch sich erhob. Seine Spitze zeigte nach unten, auf Lotharus’ Rücken.
„Es tut mir leid“, hörte sie sich sagen. „Du hättest bestimmt einen großartigen König abgegeben, Lotharus.“
Seine Lippen bewegten sich nicht mehr auf ihrer Haut. Sein Mund glitt über ihre Wange, heißer Atem streifte ihr Ohr.
„Aber das werde ich doch.“
Ihr erhobener Arm zitterte, die Klinge vibrierte im flackernden Licht der Fackel. „Was hast du gesagt?“
Lotharus lehnte sich zurück, sein Körper schien sich vor ihren Augen in eine riesige Schlange zu verwandeln, die jeden Augenblick zustoßen wollte. Zufrieden registrierte er Catijas Schockzustand. Seine Reißzähne hingen lang und furchterregend über seiner Unterlippe. Er lächelte. „Schachmatt.“
Das Spiel ist aus.
Catijas Herz stolperte und setzte dann für einen Moment aus. Für den Bruchteil einer Sekunde standen sie ganz reglos da. Dann griff er an. Schreiend stach Catija so schnell und heftig wie sie konnte mit dem Dolch zu, dessen Klinge leicht in seinen Rücken eindrang. Es schien ihn nicht zu stören. Seine rasiermesserscharfen Hauer gruben sich in ihren Hals. Catija wollte noch einmal schreien, brachte aber keinen Laut heraus.
Der Schmerz trieb ihr Tränen in die Augen und raubte ihr den Atem. Verzweifelt versuchte sie den Dolch herauszureißen, um ein weiteres Mal zuzustechen. Aber sie schaffte es nicht. Sie riss an seinem Mantel, hämmerte auf seine Schultern und seinen Kopf ein, um sich zu befreien. Er packte ein Handgelenk und drehte ihr mit eisernem Griff den Arm auf den Rücken. Voller Panik, weil sie bereits spürte, wie das Leben aus ihr herausfloss, zerkratzte sie ihm mit der anderen Hand das Gesicht. Doch auch diese Hand brachte er mühelos in seine Gewalt.
Seine Umklammerung wurde mit jedem Schluck Blut, den er aus ihrem Hals saugte, fester und Catija willenloser. Langsamverfärbte sich ihre Haut und nahm einen bläulichen Schimmer an. Sie verlor ihre Kraft. Noch einmal versuchte Catija mit aller Macht, sich ihm zu entwinden. Aber seine Arme umklammerten sie nur fester, wie eine Würgeschlange, bis sie überhaupt keine Luft mehr bekam.
Während er das Leben aus ihrem Körper saugte, galten ihre letzten klaren Gedanken ihrer Tochter Alexia. Vor ihren Augen zogen Bilder des glücklichen und lebhaften kleinen Mädchens vorbei, das sie einmal gewesen war. Ihre langen hellen Haare, ihre rosigen Bäckchen, ihre dunklen Augen, die fröhlich unter langen, grazilen Wimpern hervorblitzten, tauchten auf.
Endlich ließ Lotharus von ihr ab und lockerte seinen Griff. Sie konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und hing fast leblos in seinen Armen, als hätte sie keine Knochen mehr. Ihr Atem ging keuchend, und mit ihren letzten Kräften schaffte sie es, Lotharus in die Augen zu blicken. Er grinste sie an. Große Göttin, lass dies nicht das Letzte sein, was ich auf dieser Welt sehe, flehte sie inniglich.
Wenigstens hatten ihre Nägel sein makelloses Gesicht übel zugerichtet, stellte sie mit einer irrsinnigen Aufwallung von Stolz fest. Sie wusste ja, dass ihn so etwas schwer aus der Fassung bringen würde. „Na los“, keuchte sie. „Bring es zu Ende.“
Lächelnd strichen seine Finger über ihren verwundeten Hals. Die Königin gab ein gequältes Zischen von sich, als er mit seinen Krallen in die Wunde fuhr, und wäre vor Schmerz beinahe ohnmächtig geworden. „Alles zu seiner Zeit, meine Liebe.“
Alexia fuhr mit ihren Fingern durch Declans dichtes Haar, dann seinen Nacken hinunter und über seine breiten Schultern. Er presste seine heißen feuchten Lippen auf ihren Mund. Bei der Berührung spürte sie, wie irgendetwas in ihrem Innern sich bis zum Äußersten anspannte und
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