Der letzte Drachenlord - Hatfield, M: Der letzte Drachenlord
erleichtert. Er rieb ihren Rücken und flüsterte ihr ermutigend ins Ohr, während sie nach Luft rang. Ihr ganzer Körper zitterte unkontrolliert. Instinktiv rollte sie sich zusammen wie ein Fötus, um sich zu wärmen. Nach ein paar Sekunden wurde ihr Atem wieder langsamer.
„Alexia?“ Er packte sie an den Schultern und schüttelte sie sacht. Aber sie war noch immer bewusstlos. Der Sand unter ihr sog das Blut auf, das aus ihren Wunden drang, und wurde dunkel. Wieder überwältige ihn diese unaussprechliche Panik. Wenn er sie nicht bald irgendwohin bringen konnte, wo es warm war und wo man sie medizinisch versorgte, würde sie entweder erfrieren oder an Blutverlust sterben.
Doch wem sollte Declan sie anvertrauen? Lotharus vielleicht. Allein bei dem Gedanken wurde ihm schlecht vor Wut. Er musste sie mit zu sich nach Hause nehmen. Ihr Götter. Auch diese Möglichkeit erfüllte ihn nicht gerade mit Begeisterung.
Er seufzte und blickte herab auf die zerbrechliche kleine Vampirin, die da zusammengerollt im Sand lag. Noch vor drei Tagen hätte er sie sterben lassen, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Und nun hatte er ihr nicht nur das Leben gerettet, er dachte auch noch ernsthaft darüber nach, sie mit nach Hause zu nehmen und in sein eigenes Bett zu legen.
Das Bett seiner Eltern.
Plötzlich durchfuhr ihn der Gedanke, dass Tallon eine kalte, grausame Warnung ausgesprochen haben könnte. War er verrückt geworden, da drin in den Katakomben der Vampire? War er ein Verräter? Hatte er sein eigenes Blut verraten?
Im sanften Mondlicht wanderten plötzlich Schatten über ihrGesicht. Declan runzelte die Stirn und sah nach oben. Geflügelte Silhouetten glitten über den Nachthimmel. Drachen. Die ganze Legion, so wie es aussah. Sie flogen zurück zu ihrem Schlupfwinkel in den Bergen.
Entweder hatte Falcon seinen Befehl überbringen können, oder sie hatten seine Aktion verfolgt. Womöglich glaubten sie, er hätte den Kristall und befände sich in Sicherheit.
Declan ließ seinen Blick wieder auf die Frau sinken, die da vor ihm schutzlos im Sand lag. Seine Feindin, von der er besessen war. Er wollte nichts sehnlicher als sie mitnehmen. Andererseits befahl ihm seine ganze Erziehung, sie ihrem Schicksal zu überlassen. Sie war ein Vampir, daran war nicht zu rütteln. Declan stützte den Kopf in die Hände und schloss die Augen. Er hatte keine Zeit. Er musste sich jetzt entscheiden.
Sollte er sie einfach zurücklassen? Oder sollte er das Wagnis eingehen und sie mitnehmen?
Catija drückte die Tür zu dem Verlies auf und rümpfte die Nase. Bei diesem abstoßenden Gestank wäre sie beinahe ohnmächtig geworden. Reflexartig wendete sie das Gesicht zur Seite und schloss die Augen. Ihr Bauchgefühl befahl ihr, sofort wieder von hier zu verschwinden. Doch sie betrat den Raum und steckte die mitgebrachte Fackel in den Halter an der Wand neben der Tür. Wie die Finger eines Skeletts erleuchteten Lichtstreifen das höhlenartige Gewölbe. Zuerst tauchten sie die Tische in ein orangefarbenes Licht, dann drangen sie bis in die dunkelsten Winkel des Kerkers vor.
Jeder sichtbar werdende Zentimeter rief Erinnerungen an ihren letzten Besuch hier unten wach. Catija zwinkerte heftig. Vor ihrem geistigen Auge tauchten Bilder des Drachenkönigs und der Drachenkönigin auf, über und über mit Blut und Schmutz bedeckt. Ihre nackten Gliedmaßen so eng ineinander verschlungen, dass sie nicht feststellen konnte, wo der eine aufhörte und der andere anfing. Ihr Herz zog sich zusammen, genau wie in jener Nacht. Nie zuvor hatte sie sich so sehr wie ein abscheulichesMonster gefühlt wie in jener Nacht, als sie mit Lotharus hier heruntergekommen war und die beiden zusammen gesehen hatte.
Mit der einen Hand hielt sie sich die Nase zu, mit der anderen hob sie ihren Rock, um den Pfützen aus undefinierbaren Flüssigkeiten auszuweichen, obwohl sie eigentlich von ihrem Ausflug aufs Dach der Katakomben schon bis aufs Mark durchnässt war. Hektisch huschte sie von einer Zelle zur nächsten, fand sie aber zu ihrer Enttäuschung allesamt leer vor. Der Schlüsselbund, den sie aus Lotharus’ Arbeitszimmer gestohlen hatte, klimperte bei jedem Schritt.
Zwar hatte Lotharus sie von der Flucht des Gefangenen in Kenntnis gesetzt, aber Catija glaubte lieber ihren eigenen Augen, als sich erneut von seinen Lügen abspeisen zu lassen. Seitdem sie dieses abscheuliche Zeug nicht mehr trank, mit dem Lotharus sie anscheinend ruhigstellen wollte, konnte sie
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