Der letzte Druide (German Edition)
nicht zu fragen, was Patzer meinte. Sicher kam diese Lihou mit ihren Schergen gerade in den Turm-,' um sich des dreisten Eindringlings anzunehmen.
Er überlegte fieberhaft, was zu tun war.
Der Weg nach unten war abgeschnitten.
Bastian rannte zu einem der Fenster. Es ließ sich problemlos öffnen.
Währenddessen hatte Patzer eine mit brodelnder Flüssigkeit gefüllte Glaskugel vom Tisch genommen, war zur Tür geeilt und hatte das Behältnis blind nach unten geworfen, um sofort danach die Tür fest zu verriegeln.
Gedämpfte Entsetzenslaute drangen durch das massive Türblatt.
Schmerzerfülltes Heulen.
"Was hast du getan?“, rief Bastian. "Das klingt ja schrecklich. . ."
Patzer schien völlig verdattert. Am ganzen Körper zitternd kam er zu Bastian und sah ihn furchtsam an. "Ich... ich weiß nicht... Es kam einfach so über mich... Bei allen Zeitgeistern, sie wird mich vierteilen..."
Er verstummte zähneklappernd.
Bastian brauchte nicht zu fragen, wen der Zwerg mit 'sie' meinte.
Von draußen wurde gegen das Türholz gehämmert. Jetzt wurde es ganz ernst. Bastian glaubte nicht, dass dieses Hindernis sicheren Schutz bot. Er musste etwas unternehmen. Aber was ?
Sein Blick streifte das Schwert an seiner Hüfte. Es pulsierte rhythmisch in goldenem Glanz, als wollte es ihm etwas mitteilen.
Nimm mich!,
schien es zu wispern.
Lass mich unter dem Haufen aufräumen!
Bastian schauderte zusammen. Seine Hand, die bereits den Knauf der Waffe berührt hatte, zuckte zurück. Nein, dachte er beklommen. So nicht...
Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem offenen Fenster zu.
"Keine Chance", flüsterte Patzer hinter ihm bange. "Die Außenmauer ist viel zu glatt, und wir sind viel zu hoch oben. Ein Sprung brächte uns ebenso um wie die verdammte Bande draußen vor der Tür..." Er stockte, überlegte und fuhr dann fort:"Aber vielleicht wäre das die zu bevorzugende, gnädigere Todesart."
"Unsinn", wischte Bastian den Einwand beiseite. "Wir werden uns nicht aufgeben. Es gibt immer einen Weg!"
"Dann zeig ihn mir mal", verlangte Patzer bissig. Er stemmte die kleinen Fäuste in die Hüften und betrachtete den Riesen vor sich herausfordernd.
Die Tür krachte. Ein Spalt bildete sich, der senkrecht von oben nach unten verlief. In ihm steckte eine Axtklinge, die nun heraus gestemmt wurde, um einen neuerlichen Angriff gegen die Barrikade zu starten. Doch dazu kam es nicht mehr. Eine andere Kraft griff in das Geschehen ein. Eine unheilige Macht...
"Lihou!“, schrie Patzer entsetzt, als die Tür in einem blauen Lichtblitz verging und in der gleißenden Helligkeit die sanften Konturen einer hinreißend schönen Frau erkennbar wurden.
Die Hexe kam mit festen, entschlossenen Schritten in die Turmstube; jede ihrer Bewegungen demonstrierte, dass
sie
hier zuhause war, dass
sie
über alles und jeden befahl, und dass Bastian nichts weiter in ihren Augen war, als ein unerwünschter Eindringling, an dem sie nun ein Exempel statuieren würde!
Patzer schenkte sie nicht einen einzigen Blick. Nur Bastian schien für sie zu existieren. Er war der Feind. Der Dieb des Steins.
Hinter Lihou tauchten verzerrte, gnomenhafte Gestalten auf, die in ihrer Größe an Patzer erinnerten, sich aber allein schon durch die sture Bösartigkeit in ihren Gesichtern und die kriegerische Ausrüstung von dem Zwerg unterschieden. Zunächst sah es so aus, als wollte die Horde Bastian und Patzer einfach überrollen, doch eine knappe Geste der Hexe stoppte sie. Und dann machte Bastian zum ersten Mal die Beobachtung von der grausigen Verwandlungsfähigkeit Lihous. Eben noch die Ausgeburt an Jugend und Schönheit, blickte ihm nun eine vergreiste, zahnlose alte Frau mit hasserfüllten Augen entgegen.
"Stirb!“, zischte die Alte und schickte ihm einen tennisballgroßen, irrlichternden Kugelblitz entgegen. "Stirb, du Bastard im Dienste des verfluchten Túatha Dé Danann!"
Túatha Dé Danann!
Wieder spürte Bastian, wie in ihm etwas auf den fremdvertrauten Klang in Lihous Stimme reagierte. Etwas merkwürdiges geschah. Etwas, worauf er keinen Einfluss zu haben schien, weil es ihm von irgendwoher diktiert wurde. Wieder senkte sich seine kindliche Hand über den Schaft des goldenen Schwertes. Es war eine fließende Bewegung, die von keinerlei Zaudern gebremst wurde. Er zog das Schwert aus dem Gurt, fühlte dabei keinerlei Gewicht oder Widerstand und zeigte schließlich mit der Spitze der Klinge genau in Richtung des heranfliegenden Mörderblitzes. Alles in allem war dabei
Weitere Kostenlose Bücher