Der letzte Druide (German Edition)
Vertraute er so sehr auf seinen eigenen Einfluss?
Bastian lauschte eine Weile den melodischen Beschwörungsformeln des Druiden.
Jahrtausendealter Zauber schwang darin mit. Mythische Kraft aus Urzeiten. Wild, unbändig, machtvoll.
Ständig hatte Bastian nur auf Arawns Erscheinen gewartet. Nun musste er feststellen, dass Saramoon es anders hielt. Er wartete nicht einfach, er war aktiv.
Plötzlich kam Leben in den Eisenberg neben der Zauberesse .
Dort lagerten die unterarmlangen Eisenstücke, von denen Bastian annahm, dass Saramoon daraus Schwerter für Arawns Baumheer schmiedete.
Nach Bastians Gefühl ging es auf Mitternacht zu, der Zeit also, wo das Baumheer sich in menschliche Krieger verwandelte, als der Druide seine unheiligen Kräfte entfesselte.
Patzer stieß ihn an. Sein Blick flackerte. "Mir ist so seltsam", hauchte er entrückt. "Meine Erinnerung..."
Mehr verstand Bastian nicht. Sein kleiner Freund starrte gebannt auf Saramoons Wirken. Erinnerte ihn das, was sich dort abspielte, an etwas aus seiner eigenen Vergangenheit?
Die schockgrünen Augen des Druiden erhellten geisterhaft das Innere der Schmiede. Sonst brannte keine Lampe, keine Fackel. Der Feuerschein der Esse war nur unwesentlich lichtstärker als das Dunkel der Nacht, das sich im Zauberwald ausgebreitet hatte. Die schwarze Glut darin glomm wie die äußere Korona einer weltraumschwarzen Sonne. Sie strahlte keine Wärme aus... und doch wollte Saramoon darin seine Waffen formen...
Bastian verfolgte, wie eines der Eisenstücke sich schwebend vom Boden erhob und von unsichtbarer Hand zur Esse getragen wurde.
Saramoon rührte sich nicht.
Nur die Pupillen seiner Augen lenkten das Eisen. Lautlos tauchte es in die Glut, wurde schwarz und schwärzer .
Dann schmolz es.
Das kalte Feuer verwandelte den Stab in eine Lache flüssigen Erzes, das von Saramoons Willen nach Belieben modelliert wurde!
Ein sternförmiger Klumpen bildete sich. Flüssiges wurde zäh wie Brei und schien sich verfestigen zu wollen. Doch ehe dieser Vorgang abgeschlossen war, geschah etwas anderes Die Decke der Schmiede verblasste, wurde transparent und durchscheinend wie Glas. Der Sternhimmel blickte hindurch. Ein winterliches Firmament von gestochener Schärfe, das erfüllt war vom kühlen Glanz tausender Himmelskörper. Der Atem des Unendlichen wehte durch die Schmiede. Bastian hatte das Gefühl, selbst dort draußen in der grenzenlosen Weite des Alls zu stehen. Einen Augenblick lang existierte weder Raum noch Zeit. Dann hatte sich sein Verstand an das Bild gewöhnt. Sein Geist drohte nicht mehr, in der Ewigkeit verschollen zu gehen. Er dachte wieder an das Wesentliche, an Saramoon, Arawn, Patzer, seine verfluchten Freunde, an ENBARR und Lir, an Rednek und seine Familie...
Weiter kam er nicht.
Ein Stern stürzte vom Himmel herab!
Oder war es eine Sternschnuppe...?
Irgendetwas fiel herunter aus der Nacht, stieß durch die unsichtbar gewordene Decke der Schmiede und landete geradewegs in der dunklen Glut der Esse! Alles in Bastian verkrampfte sich.
Ein Stern, dachte er geschockt, ein Stern ist in die Lache aus geschmolzenem Eisen gefahren...!
Sein Verstand drohte zu verwirren. Was er gesehen hatte, konnte er nicht begreifen. Wie sollte es möglich sein, dass jemand einen Stern vom Himmel holte und diesen mit etwas Erz verband, um daraus ein - Schwert zu formen?
Ein Schwert!
Bastian traute seinen Augen nicht mehr. Sie mussten ihn narren. Oder Saramoon gaukelte ihm Trugbilder vor...
Ein fertiges Schwert aus dunklem Metall erhob sich aus dem Feuer und flog auf den Druiden zu.
ENBARR! wollte Bastian rufen. Aber seine Stimme versagte, und es war auch nicht Lirs Schwert, das frei durch den Raum schwebte, obwohl die Ähnlichkeit frappierend war. Nur die Farbe stimmte nicht. ENBARR war golden, dieses Schwert jedoch war überschattet vom düsteren Glanz der Hölle!
Saramoon lenkte es neben der Schmiedeesse zu Boden. Gleich darauf erhob sich der nächste Eisenstab vom Haufen und verschwand im Feuer.
Und wieder stürzte ein Stern vom Himmel.
Wieder und wieder...
Das Innere der Dunklen Schmiede war zu einem Ort von Geburt und Tod, von Werden und Vergehen geworden.
Sterne starben. Die gigantischen kosmischen Energien, die in ihnen schlummerten, gingen dabei in die von Saramoon geschaffenen Waffen über. Waffen für Arawns schlafendes Heer!
Dutzende Schwerter entstanden. In gleichem Maße, wie der Eisenberg auf der einen Seite der Esse abnahm, wuchs der Haufen
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