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Der letzte Engel (German Edition)

Der letzte Engel (German Edition)

Titel: Der letzte Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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Welt.
    Erinnerst du dich?
    Mona schüttelte den Kopf und ließ kaltes Wasser laufen. Nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, drückte sie einen Klecks Zahnpasta auf ihren Zeigefinger und schmierte ihn auf ihre Zunge. Sie spülte ihren Mund aus, drehte den Wasserhahn wieder zu und lauschte.
    Sie konnte sie hören.
    Die toten Mädchen waren ungeduldig. Sie wollten weiter, sie wollten nicht warten, Mona hatte ihnen ein Versprechen gegeben.
    Lazar.
    Sie trat ans Fenster.
    Die Mädchen standen auf dem Hinterhof und schauten zu ihr hoch.
    Komm, erklang ihr Rufen, komm doch, wir warten.
    Mona sah, wie elendig es ihnen ging. Mit jeder verstreichenden Stunde nahm die Dunkelheit um ihre Schwestern zu, als würde ihnen jemand das Licht entziehen. Ihre Seelen zerfielen. Jede Minute, die sie unter den Lebenden weilten, war eine Qual für sie. Diese Welt war nicht mehr ihr Zuhause.
    Als Mona in das Wohnzimmer zurückkehrte, war Eskos Rücken verbunden und er trug wieder die Uniform. Mona erzählte, was sie aus Leopolds Erinnerung erfahren hatte: Von dem Telefonat der Hausherrin mit Erik Hakonson, wegen dem die Bruderschaft dem Haus der Kormorane auf die Spur gekommen war. Wie die Bruderschaft die Adresse vom Archiv entdeckt hatte. Und wie sie wussten, dass ein Hüter und einer der Jungen noch lebten.
    »Dimitri Lazar hat sich auf den Weg nach Berlin gemacht hat, um den letzten Jungen zu töten«, sagte sie.
    Als der Archivar das hörte, musste er sich erst mal setzen.
    »Das ist unfassbar«, sagte er, »wirklich unfassbar. Alles wegen eines Anrufs?! Ich meine, ich kann das einfach nicht glauben, ich …«
    »Wieso ist Motte der letzte Junge?«, fragte Mona.
    Der Archivar sah sie verwirrt an.
    »Motte?«
    »Er heißt eigentlich Markus«, sagte Mona und erzählte, wie die Hausherrin sie in das Büro gerufen und gebeten hatte, ihre Erinnerung zu berühren. Für die Mutter ist der Junge einfach nur Motte gewesen.
    »Natalia war nicht wirklich seine Mutter«, sagte der Archivar. »Erik und sie haben den Jungen adoptiert. Sie waren …«
    Er verstummte und starrte auf seine Hände, die sich nicht beruhigen wollten, dann ging er zu seinem Schreibtisch. Während er auf einen Zettel schrieb, sprach er weiter:
    »Wir haben nicht viel Zeit. Irgendwann werden sie auf den Tunnel stoßen und dann ist hier keiner mehr sicher.«
    Er reichte Mona den Zettel.
    »Fahr mit Esko nach Berlin, fahrt zu dieser Adresse. Die Familie wird euch helfen. Seit mehr als zweihundert Jahren warten sie auf jemanden wie dich, Mona. Sie sind jetzt alles, was du hast. Fahr zu dieser Adresse, such sie auf, denn du musst lernen, dein Erbe zu verstehen. Es wird Großes von dir erwartet.«
    Er wandte sich an Esko.
    »Und natürlich hat die Familie ganz besonders auf jemanden wie dich gewartet.«
    Jean-Luc sah auf seine Uhr.
    »Bevor ihr aber geht, möchte ich, dass ihr etwas mitnehmt. Es wird euch helfen, die Familie besser zu verstehen. Und es wird auch alle eure Fragen über den Jungen beantworten.«
    Das Archiv waren drei miteinander verbundene Zimmer. Durch die geschlossenen Jalousien reckten sich magere Lichtfinger, die hier und da an den Regalen kratzten. Die Bücher erinnerten an Tiere, die sich in den Schatten duckten. Jean-Luc hatte das Archiv so vernachlässigt wie sein Sicherheitssystem. Es roch muffig und alt.
    »Achtzehn Sprachen, neunhundertsiebzig Bücher und nur ein Thema«, sagte er und legte den Lichtschalter um. Eine Reihe der Lampen implodierte mit einem hohlen Laut, dann aber war es, als würden die Bücher zum Leben erwachen – das Schimmern der ledernen Einbände, die Reflektion der Goldaufdrucke, das fahle Leuchten des Papiers.
    »Meine Mutter hat Die Chronik der Engel lange vor mir studiert«, sprach der Archivar weiter. »Das Original wurde damals in einem Feuer vernichtet und seitdem von einem Familienmitglied zum anderen mündlich weitergegeben. Meine Mutter hat das Buch aus diesen Erzählungen heraus neu rekonstruiert. Mein Vater dagegen hatte kein Interesse an der Vergangenheit. Ihm war nur die Sicherheit wichtig. Zusammen haben sie die Familie beschützt. Hier im Archiv verwahrten sie die Logbücher, die am Ende der Zyklen von den Häusern eingereicht wurden.«
    Jean-Luc sah sich um.
    »Ich war lange nicht hier. Ich habe meine gesamte Arbeit in das Wohnzimmer verlagert und alle Informationen auf den Computer übertragen. Die Daten sind im Internet auf verschiedenen Servern gespeichert und die originalen Logbücher liegen in einem

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