Der letzte Exfreund meines Lebens
so warf sie sich entschlossen und mit einem möglichst gut gelaunten »Hi« auf die noch freie Couch.
Tina sah sie an, als wäre sie ein Geist, und sofort sank Kate der Mut. Nicht nur Tina, sondern auch die anderen Frauen bedachten sie mit feindseligen Blicken, und mit einem Mal sehnte sich Kate schmerzlich nach einem Freund. Ach, wäre doch nur Freddie da, um sich den Inhalt ihrer Einkaufstüten anzuschauen, eine Flasche Wein mit ihr zu öffnen und genüsslich über all die anderen Weiber herzuziehen.
»Warst du shoppen?«, fragte Julie, als sie ihre Tüten sah.
»Ja, ich habe mich ein wenig hinreißen lassen«, gab Kate mit einem schuldbewussten Lächeln zu.
»Oh, die Läden in Florenz sind einfach genial, nicht wahr?«, fragte Julie schwärmerisch. »Vor allem diesen Laden liebe ich – sie haben wirklich phänomenales Zeug!«, fügte sie mit einem Blick auf die Tasche eines angesagten Designer-Labels hinzu.
»Zeig uns, was du gekauft hast«, bat Gwen sie gönnerhaft und sah sie mit einem dümmlichen Lächeln an, als spräche sie mit einem dreijährigen Kind.
Widerstrebend machte Kate die Tüte auf und zog ein wunderschönes, bunt bedrucktes Seidenkleid daraus hervor.
»Oh, das sieht wirklich super aus«, säuselte Gewn und befingerte den Stoff.
»Wirklich süß, nicht wahr?«, bezog Julie Tina in die Unterhaltung ein.
Tina unterzog das Kleid einer skeptischen Musterung. »Ich wusste gar nicht, dass sie Übergrößen führen«, stellte sie gehässig fest.
»Oh, du hast doch keine Übergröße, oder, Kate?«, erkundigte sich Julie freundlich. »Das ist doch höchstens Größe achtunddreißig, oder?«
»Vierzig«, gestand Kate und wurde puterrot.
»Tja, auch vierzig ist noch keine Übergröße, oder? Außer natürlich für Models«, schränkte Julie ein und fügte, an Tina und Gwen gewandt, hinzu. »Für uns ist schon Größe achtunddreißig eine Übergröße, stimmt’s? Was vollkommen idiotisch ist. Eine Freundin von mir – du erinnerst dich doch sicher noch an Carla? –«, fragte sie Gwen, »hat inzwischen Größe achtunddreißig und kriegt kaum noch einen Job.«
»Aber sie sieht fantastisch aus«, begeisterte sich Gwen.
»Oh ja«, versicherte Julie Kate. »Sie sieht wirklich fantastisch aus.«
»Ich wünschte, ich hätte eine Figur wie sie«, erklärte Gwen.
»Oh nein, das tust du nicht«, widersprach ihr Tina böse.
»Nun, nicht wirklich«, räumte Gwen lachend ein. »Aber nur deshalb nicht, weil es für kräftigere Models keine Arbeit gibt.«
Kate konnte nicht sagen, was schlimmer für sie war: Tinas offene Feinseligkeit oder die herablassende Freundlichkeit von ihren Freundinnen.
»Wann fahrt ihr zu dem Konzert?«, fragte sie und hoffte, dass ihr ihre Ungeduld nicht allzu deutlich anzuhören war. »Ich hätte gedacht, ihr wärt schon lange weg.«
»Das sollten wir auch sein«, klärte Gwen sie düster auf. »Die Jungs sind schon vor Stunden los. Außer Rory, denn der wartet noch auf uns.«
»Und warum seid ihr noch hier?«, hakte Kate wider besseres Wissen nach.
»Weil uns Will nicht fährt«, antwortete Julie, wobei sie ängstlich auf Tina sah. »Wir warten darauf, dass er uns einen Wagen besorgt.«
»Das ist doch einfach lächerlich«, stieß Tina wütend aus. »Ich verstehe wirklich nicht, warum er mich nicht seinen Wagen fahren lässt. Auch wenn er zuhause bleiben will, kann ich mich doch wohl amüsieren.«
»Nun, wahrscheinlich ist ihm klar, dass du etwas trinken wollen wirst«, schlug Gwen ihr diplomatisch vor.
»Will fährt nicht zu dem Konzert?« Kate war völlig überrascht. »Warum denn nicht?«
»Weil sein Vater gestorben ist«, klärte Tina sie schnippisch auf.
»Was?« Kate rang schockiert nach Luft. »Sein Vater? Aber – aber das kann nicht sein«, stammelte sie.
»Nun, das hat ihm offenbar niemand gesagt«, informierte
Tina sie genüsslich. »Da er nämlich, auch wenn das nicht sein kann, eindeutig das Zeitliche gesegnet hat.«
»Er ist tot?« Kate konnte es noch immer nicht begreifen.
»Ja.« Julie nickte. »Anscheinend kam es völlig unerwartet.«
»Offenbar ein Herzinfarkt«, fügte Gwen in ernstem Ton hinzu.
»Oh mein Gott!« Kate schaute von den drei Frauen dorthin, wo Rory mit seinem MP3-Player auf der Terrasse saß und das Gesicht in die untergehende Abendsonne hielt. »Wo ist Will?«
Tina rollte mit den Augen. »Oben in seinem Zimmer, wo er wie ein Irrer tobt.«
»Und es ist niemand bei ihm?«
»Nein, und falls du die Absicht hast, ihm eine
Weitere Kostenlose Bücher