Der letzte Exfreund meines Lebens
nachher bloß nicht heulend angerannt, weil du den Öko als Schwager hast. Wir anderen werden uns wenigstens sagen können, dass wir alles in unserer Macht Stehende unternommen haben, um das zu verhindern.«
Kurz danach wurde die Versammlung aufgelöst. Im Gehen blickte Rachel ihre Mutter an und flüsterte ihr zu: »Ich rufe dich nachher noch an.«
»Mum?«
»Rachel, hi!« Grace war ein wenig alarmiert, weil sich Rachel so schnell bei ihr meldete. Schließlich war sie gerade erst zuhause angelangt.
»Hör zu, ich habe eine Idee, wie sich dieser Öko aus dem Rennen werfen lässt, doch das konnte ich vor den anderen nicht sagen. Vor allem Lorcan wäre niemals damit einverstanden. Aber verzweifelte Situationen erfordern eben verzweifelte Maßnahmen.«
Grace hüpfte das Herz im Leib. Der Begriff »verzweifelte Maßnahmen« sagte ihr durchaus zu. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass ihre Familie den Ernst der Lage nicht wirklich begriffen hatte, und im Gegensatz zu Conor war sie alles andere
als überzeugt davon, dass sich der Öko durch ein Wochenende im Familienkreis ausreichend abschrecken ließ. »Was schwebt dir vor?«, fragte sie deshalb aufgeregt.
»Nun, wie gesagt, die einzige Möglichkeit, um Kate von diesem Typen loszueisen, wäre die, ihr Interesse an jemand anderem zu wecken. Du weißt, dass sie bisher nicht viel Glück mit Männern hatte. Deshalb glaubt sie offenbar, dass sie was Besseres als diesen Kerl nicht kriegen kann.«
Grace’ Herz zog sich zusammen. »Wahrscheinlich hast du recht, Schätzchen, aber sie wird sicher keinen anderen Typen treffen. Schließlich weigert sie sich rundheraus, auch nur eins von Helens Single-Treffen zu besuchen, und denkt nicht mal darüber nach, wo sie jemand anderes kennenlernen kann.«
»Ich rede nicht davon, dass sie jemand Neues kennenlernen soll«, bemerkte Rachel in geheimnisvollem Ton. »Ich denke eher an jemanden, den sie schon kennt.«
»An wen?«
»An jemanden, für den sie schon immer eine Schwäche hatte.«
Ihre Mutter dachte nach. Es gab nur einen Mann, auf den diese Beschreibung passte.
»Oh Rachel«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass auch nur die geringste Chance besteht, dass sich Freddie heilen lässt.«
»Was?«, kreischte ihre Älteste. »Ich rede nicht von Freddie, Mum«, erklärte sie gereizt. »Außerdem ist Schwulsein keine Krankheit, die man einfach heilen kann.«
»Ach nein?«
»Ach nein. Und vor allem wird ein Schwuler, der sich gerade erst geoutet hat, ganz sicher nicht mit einem Mal wieder so tun, als würde er auf Frauen stehen.«
»Oh! Tja, wenn du nicht Freddie meinst, wen dann?«
»Will.«
»Will?«
»Will.«
»Will.« Grace stieß einen durch und durch zufriedenen Seufzer aus.
Ein paar Tage später segelten die beiden Frauen, beide möglichst schick zurechtgemacht, durch die Tür von Wills Büro. Rachel hatte ihren Spaß am Arbeiten und Geldverdienen nie entdeckt. Als Teen und Twen hatte sie ab und zu gemodelt, aber ihr hatten das Engagement und die Selbstdisziplin für eine Karriere in diesem Bereich gefehlt. Danach hatte sie verschiedene Dinge ausprobiert, in eleganten Boutiquen als Verkäuferin gejobbt, ein bisschen PR für Freunde mit Beziehungen betrieben, hin und wieder Werbung für ein schickes Restaurant oder einen exklusiven Club gemacht, sich im Grunde jedoch nur die Zeit vertrieben, bis sie endlich verheiratet gewesen war. Und jetzt versuchte sie noch nicht mal mehr, so zu tun, als ob sie irgendeine Arbeit hätte, und widmete sich ganztags ihren Aufgaben als Gattin eines aufstrebenden Rechtsanwalts und als Salonlöwin.
Grace winkte Wills Assistentin zu und schwebte, bevor die junge Frau sie daran hindern konnte, gut gelaunt an ihr vorbei in Wills Büro.
Will saß hinter seinem Schreibtisch, sprach in sein Diktiergerät und wirkte ehrlich überrascht, als er Grace und Rachel sah. »Ruf Tony wegen der Verträge an«, beendete er das Diktat und nickte den beiden Frauen zu. »Und sag Claire, dass sie die Leute von MTV anrufen soll.«
»Grace, Rachel«, grüßte er die beiden lächelnd, lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl zurück und warf das Diktiergerät achtlos auf den Tisch. »Was für eine Überraschung.« Er wies auf die beiden Sessel vor dem Tisch. »Was verschafft mir das Vergnügen?«
»Tut mir leid, dass wir einfach unangemeldet hier hereinplatzen«,
entschuldigte sich Grace. »Aber wir müssen dringend mit dir reden – in einer privaten Angelegenheit«, fügte sie verschwörerisch
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