Der letzte Exfreund meines Lebens
hinzu.
Anders als andere Schauspieler, die sich vom wahren Leben für ihre diversen Rollen inspirieren ließen, wandte sie ihre diversen Rollen gerne auf das wahre Leben an. Für das heutige Treffen mit Will hatte sie die Rolle der Mrs Bennet aus Stolz und Vorurteil gewählt und strahlte aufgeregte Hilflosigkeit und atemlose Bedrängnis aus.
»Alles in Ordnung?«, fragte Will dann auch besorgt.
»Es ging schon mal besser«, antwortete Grace.
»Was ist los?«
»Wir brauchen deine Hilfe, Will. In einer Familienangelegenheit.« Grace atmete möglichst flach, damit ihre Stimme hinlänglich hysterisch klang.
Will wirkte alarmiert.
»Also bitte, Mum, du machst ihn total nervös«, mischte sich Rachel ein und fügte an Will gewandt hinzu: »Guck nicht so besorgt – so ernst ist es nicht. Mum dramatisiert mal wieder fürchterlich.«
»So ernst ist es nicht?«, rief Grace. »Es geht um nichts Geringeres als das Leben deiner Schwester!«
»Ist Kate in Schwierigkeiten? Würde mir wohl bitte eine von euch sagen, worum es geht?«, bat Will.
»Ja, es geht um Kate.« Endlich hatte sich Grace genug gesammelt, um wieder normal zu sprechen, und so klärte sie Will auf: »Sie hat sich verlobt.«
»Oh! Mit dem Emo?«, erkundigte sich Will in einem derart gut gelaunten Ton, dass Grace ihm einen mörderischen Blick zuwarf.
»Mit dem Öko«, korrigierte Rachel ihn.
»Wie bitte?«
»Er ist ein Öko und kein Emo.«
»Oh, richtig!« Will bedachte sie mit einem erwartungsvollen Blick. »Und?«, fragte er, als keine weitere Erklärung von den beiden Frauen kam.
»Nun, keiner von uns kann ihn leiden«, meinte Grace. »Er ist einfach nicht der Richtige für Kate – er wird sie unglücklich machen.«
»Lorcan hat mir schon erzählt, dass er nicht viel von ihm hält.«
»Keiner von uns hält etwas von ihm.«
»Keiner außer Kate.« Will zuckte zusammen, denn diese Bemerkung trug ihm einen neuerlichen bösen Blick des Gegenübers ein.
»Wir brauchen deine Hilfe, Will.« Grace versuchte ihm deutlich zu machen, wie ernst die Lage war. »Du bist unsere einzige Hoffnung.«
»Nun, ich kann verstehen, dass ihr euch Gedanken macht.« Er setzte ein mitfühlendes Lächeln auf. »Aber ich wüsste wirklich nicht, wie ich euch bei dieser Sache helfen kann.«
»Nein?«, hakte Grace nach und stieß einen Seufzer aus. »Nein. Ich nehme an, das weißt du nicht.«
»Also?« Er zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Wir müssen diese Hochzeit um jeden Preis verhindern und Kate vor einem Leben im Unglück bewahren. Darin ist sich die ganze Familie einig. Jeder von uns wird seinen Beitrag leisten, damit es nicht zu dieser glücklosen Verbindung kommt.«
»Verstehe«, meinte Will vorsichtig. Tatsächlich verstand er nicht das Geringste, fürchtete sich aber vor dem Augenblick, in dem ihm alles klar würde. Denn das, worum die beiden Frauen ihn bitten würden, wäre sicher alles andere als angenehm.
»Wir wollen, dass sich Kate aus eigenem Antrieb von dem Typen trennt«, erklärte Grace. »Deshalb werden wir alles
in unserer Macht Stehende tun, damit sie es sich noch mal überlegt.«
»Und wo komme ich dabei ins Spiel?«
»Kate hat immer schon für dich geschwärmt«, klärte ihn Rachel nüchtern auf.
»Oh, ich glaube nicht …«
»Sei doch nicht so bescheiden, Will.« Grace’ Miene hellte sich sichtlich auf. »Natürlich hat sie das. Welches junge Mädchen hätte das wohl nicht getan!«
»Wir dachten, du könntest sie dazu bringen, dass sie sich vom Öko trennt«, führte Rachel weiter aus.
»Ja«, fuhr auch Grace enthusiastisch fort. »Wir dachten, du könntest sie – du weißt schon – dazu ermutigen.«
Will starrte sie entgeistert an. »Ihr meint …« Er hatte keine Ahnung, wie er sagen sollte, was sie offensichtlich dachten.
»Dass du ein bisschen mit ihr flirten und ein gewisses Interesse an ihr zeigen sollst«, beendete Grace mit gut gelaunter Stimme seinen Satz.
»Ihr wollt, dass ich Kate verführe?«, fragte Will sie rundheraus. Er hoffte nämlich, dass die Scham die beiden Frauen dazu brächte, einen Rückzieher zu machen.
Aber nein …
»Oh, so, wie du es formulierst, klingt es wie bei Tess von den D’Urbervilles «, gab Grace zurück. »Aber so weit brauchst du gar nicht zu gehen.«
»Wir erwarten nicht, dass du ein derartiges Opfer bringst«, fügte Rachel sarkastisch hinzu.
»Es ist nur so: Wir haben das Gefühl, dass sich Kate nur von diesem Kerl abbringen lässt, wenn wir sie dazu bringen, dass sie sich
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