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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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wirklich die ganze Welt Platz im Kopf?«
    »Wie viele Engel ergeben ein Kilo?«
    »Hört man jemals auf, seinen Vater zu vermissen?« (Das war eine der Fragen, bei denen Despina nicht kicherte, sondern sich an die Brust griff.)
    »Ist es denkbar, dass der Himmel ein Loch hat?«
    »Was soll man tun, um sicher zu gehen, dass man existiert?«
    »Warum schwingt Efi nicht die Hüften, wenn sie vorbeigeht?« (Das war eine andere.)
    »Kann man grundlos weinen?«
    »Hat die Nacht Ränder?«
    »Träumt Maja anders?«
    »Wann bekommt man genug von allem, was man nicht hat?«
    »Exakt wie groß ist ein Herz?«
    Auf letztere Frage pflegte Despina zu antworten: »Stell dir die Faust eines Mannes vor, die sich manchmal wie ein Spatz benimmt.«
    ÜBER WASSER UND ANDERE FRAGEN DES JÜNGSTEN TAGS (TEIL EINS) . Am Küchentisch in Balslöv – übrigens am gleichen Abend, an dem Oberst Giorgos Papadopoulos nach einem Telefonat mit dem kaugummikauenden Jack Maury den Hörer auflegte und sagte: »Du hast Recht, Tzak. Jetzt reicht es bald« –, an diesem Küchentisch mit Wachstuchtischdecke wiederholte Jannis die späterhin geflügelten Worte: »Ich bin Student von der Universität Bromölla. Das liegt weiter weg, als man jedenfalls in Áno Potamiá glaubt.« Er machte eine verschwörerische Pause und aß ein wenig von seinem Schnitzel. Ein geübtes Auge wie Lilys hätte problemlos entdeckt, dass der Gast lieber einen Brotkanten als ein Messer in der rechten Hand gehalten hätte. Im Moment war sie jedoch damit beschäftigt, den Blick ihres Mannes zu suchen und ein Lachen zu ersticken. Bromölla hatte doch nicht einmal ein Gymnasium. »Ich mache eine Ausbildung zum Ingenieur.« Jannis spießte den letzten Tomatenschnitz auf. Zwischen den Bissen erläuterte er: »Sobald ich fertig studiert habe, werde ich die Gewässer in Makedonien revolutionieren.«
    Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass unser Held ein geschätzter Student beispielsweise im Fach Mechanik des Wassers geworden wäre, wenn Gavril Avramidis in den sechziger Jahren noch an der Technischen Hochschule von Thessaloniki gelehrt hätte. Aber das tat er nicht. Und so war die Aussage mehr als eine nette Übertreibung, sie war ein Traum. Mit Ausnahme des Herbstes 1949 und einiger seltener Wochen in den folgenden Jahren hatte Jannis nie einen Fuß auf die Treppenstufen einer Schule gesetzt, geschweige denn zwischen die klappernden Bankreihen eines Hörsaals in irgendeiner höheren Lehranstalt. Im Übrigen war er trotz seiner Überlegungen zum Zustand der Zeit und der Beschaffenheit des Jenseits, ja vielleicht gerade wegen dieser Mücken, ein praktisch veranlagter Mensch. Er bevorzugte Gedanken, die Hand und Fuß und ein Robert Mitchum-Grübchen im Kinn hatten, und hatte kein Problem damit, Insekten totzuschlagen, die ihn belästigten. Das staubfreie Paradies der Abstraktionen, wie es in den Vorlesungssälen der Provinzhauptstadt ausgemalt wurde, war nicht seine Stärke. Für Jannis war die Welt weniger Reißbrettentwurf als Realität, auch wenn es daran in ihrer derzeitigen Version am meisten fehlte.
    Dies war auch der Grund dafür, dass er davon träumte, Makedonien mit einer Kanalisation auszustatten. Sein Heimatdorf lag oben in den Bergen, dem Himmel so nah, dass manche Einwohner meinten, man könne sich die Stirn an ihm stoßen, und mit Ausnahme der Wintermonate war der Fluss Potamiá, der dem Ort seinen Namen gegeben hatte, nie tiefer als der Abstand zwischen Fußsohle und Kniescheibe eines Fünfjährigen. Im Übrigen war die Verwaltung in Thessaloniki für ihren Unwillen bekannt, die Bergdörfer mit Wasser zu versorgen, das als geostrategische Ressource betrachtet wurde. Die bulgarische Besatzung während des Kriegs war nicht vergessen, als ein Sack Reis die Frauen eine Nähmaschine und ein Dutzend Schweinefüße sie eine Woche nächtlicher Soldatenbesuche gekostet hatte. Um die nationale Sicherheit zu erhöhen, versuchten die Behörden, zwischen der Hafenstadt und den Geländefahrzeugen der Nachbararmee eine Pufferzone aus unwirtlichem Gelände zu erschaffen – was Makedonier, die mehr als fünfhundert Meter über dem Meeresspiegel wohnten, davon träumen ließ, so in den Ministerien aufzuräumen, wie ein gewisser Held dereinst in einem Stall unten auf dem Peloponnes getan hatte. Jannis war folglich nicht der einzige, der mit dem Gebet zu Bett ging: »Lieber Gott, lass mich wenigstens im Traum Herakles sein dürfen.«
    So lange unser Held zurückdenken konnte, war in seiner

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