Der letzte Grieche
hört? Ein surrender Baumstamm? Ein lächelnder Vater?‹ (Nicht alle Fragen sind Fragen. Welche sind es nicht?)
›Sieh dir die Substantive an, die du liebst. Rieche an ihnen. Sie werden verschwinden.‹ (Nun hat der Fragende gemerkt, dass seine Aufforderungen stören. Aber nur weil er die Stimme senkt und einen Punkt macht, verschwindet die Forderung nicht …)
›Will ich, dass sie verschwinden!‹ (Ausruf oder nicht? Schwer zu sagen. Argumentiere!)
›Sie müssen verschwinden. Sonst können sie nicht erzählt werden.‹
›Zu lieben heißt zu erzählen?‹
›Du musst erzählen‹ (Wähle selbst das passende Satzzeichen.)«
EIN ÜBERSPRUNGENES KAPITEL . Wir versprachen, zu dem Kapitel zu kommen, das wir eine Reihe von Karteikarten zuvor ausgelassen haben. Jetzt ist es soweit. Jetzt ist es Zeit für Efi Kezdoglous Abschied.
»Was willst du mich denn sagen hören? Dass andere an Gott glaubten, wie ich an Jannis glaubte? Ich liebte ihn von dem Moment an, in dem er in die Klasse kam, aber nicht wusste, wohin mit sich. Ich liebte ihn für seine Schuhe, die klapperten, als er sich neben dich setzte. Ich liebte ihn dafür, dass er deinen ausgestreckten Ellbogen ansah und nicht begriff, warum du so viel Platz zum Schreiben brauchtest. Ich liebte ihn für die Dinge, die er erzählte, wenn wir zu Mittag aßen. Ich liebte ihn für die Dinge, die er nicht erzählte. Ich liebte ihn wegen seiner abgekauten Fingernägel. Ich liebte ihn, weil er immer so ruhig atmete. Ich liebte ihn, als er anfing, mit der rechten Hand zu zeichnen, damit du mit deinem riesigen Arm genügend Platz hattest – einen anderen Grund gab es doch nicht dafür, dass er Herrn Nehemas gehorchte und wenigstens so lange Rechtshänder wurde, wie er in die Schule ging. Ich liebte ihn, als er aufstand und Lekkas ansah, als könnte er sich nicht entscheiden, ob dieser ein Mensch war oder nicht. Ich liebte ihn, als er sich auf den Gepäckträger setzte und winkte, obwohl die Jungen in der Klasse über seinen Vater lachten. Ich liebte ihn, als jiajiá mich mitnahm, als sie seine Mutter besuchte. Ich liebte ihn, als er mich bat, das Ohr an die Decken der Apokalypse zu drücken. Ich liebte ihn, als ihr euch darüber strittet, was es heißt, ein Grieche zu sein. Ich liebte ihn, als er sagte: ›Ich bin einfach.‹ Ich liebte ihn dafür, dass er dir folgte, obwohl du behauptetest: ›Und ich bin kompliziert. Gehe hin in Frieden.‹ Ich liebte ihn, weil er nicht nachgab, sondern an deinem Hemdsärmel zog und erklärte: ›Das sagst du nur, weil du nicht an Wunder glaubst.‹ Ich liebte ihn mit Haut und Haaren. Ich liebte ihn von oben bis unten. Ich liebte ihn von innen nach außen. Ich liebte ihn zärtlich. Ich liebte ihn innig. Ich liebte ihn schläfrig und schleppend. Ich liebte ihn, als würde ich niemals satt werden. Ich liebte ihn wegen seiner Augen, die so schwarz waren, dass die Pupillen aussahen, als leckten sie Tinte. Ich liebte ihn wegen seiner Füße. Ich liebte ihn, als er den Hang hinunter fiel und sein Kopf in meinem Schoß lag. Ich liebte ihn, als er zu singen versuchte wie ich, ohne zu begreifen, dass es kein Griechisch war. Ich liebte ihn, weil er nicht wusste, was er sagte, als er Emilio Tuero nachahmte. Ich liebte ihn, als er erklärte, Makedonien sei zwar Mist, aber das einzige, was wir hätten, und deshalb müssten wir es lieben. Ich liebte ihn für seine Haare, die wie Rosshaar waren, und für seine Wange, die so glatt war wie ein Brotlaib, als er sich auf meinen Bauch legte. Ich liebte ihn dafür, dass er still lag, ohne zu scherzen. Ich liebte ihn für diese Grübchen, die so groß waren wie Regentropfen. Ich liebte ihn für den abgeschlagenen Flaschenhals, den er über meinen Finger streifte und dafür, dass er sagte, es sei ihm egal, was Herr Nehemas dazu sagen würde – oder Vater Lakis. Ich liebte ihn, weil er nicht lachte, als er das sagte. Ich liebte ihn, obwohl er mich nach der ersten Operation nicht besuchte. Ich liebte ihn für den Seitenscheitel und die neue Welle in der Stirn, die er hatte, als wir uns wiedersahen. Ich liebte ihn für das Unterhemd, das ich durch sein Hemd sehen konnte. Ich liebte ihn dafür, dass er angefangen hatte, nach Rasierwasser und Oregano zu riechen. Ich liebte ihn, weil er sich weigerte, die Grenze zwischen dem Wirklichen und dem Möglichen zu akzeptieren. Ich liebte ihn, weil er nicht begriff, dass er in einen Kampf mit der Wirklichkeit verwickelt war und sich ständig verraten fühlte, weil die
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