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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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Umstände nicht seinen Träumen entsprachen. Ich liebte ihn dafür, dass er den Kopf schüttelte, als ich ihn darauf hinwies und er sagte: ›Wart’s ab …‹ Ich liebte ihn, weil seine Stimme dunkel wurde wie ein Erröten, wenn er von seinen Plänen für die Wasserversorgung erzählte. Ich liebte ihn, als er gestand, dass er nicht mehr grub, aber ratlos war, weil er glaubte, das Kind zu verraten, das er einmal gewesen war. Ich liebte ihn, weil seine Leidenschaft immer mehr gab, als sie nahm. Ich liebte ihn, als wir auf den Steinen über den Fluss hüpften und beide gleichzeitig erkannten, wie wir auf dem Rückweg gehen mussten. Ich liebte ihn, als wir die Spuren so langsam trocknen sahen, dass ich überzeugt war, sie würden noch hundert Jahre brauchen. Ich liebte ihn, als er sich vor eines der Schaufenster auf der Schattenseite der Dorfstraße stellte und fragte: ›Findest du mich schön?‹, ehe wir zum Pfirsichhain hinaus gingen. Ich liebte ihn, als ich verneinte und er weiter fragte: ›Warum nicht?‹ Ich liebte ihn, als ich erklärte, es gebe hundert andere Jungs, die schön seien und er könne nicht sein, was hundert andere Jungs waren. Ich liebte ihn, als er sich damit nicht zufrieden geben wollte, sondern nachhakte: ›Dann findest du mich also hässlich?‹ Ich liebte ihn, als ich nochmals verneinte und er wissen wollte: ›Was bin ich dann? Nicht-hässlich?‹ Ich liebte ihn, als ich erklärte, ja, genau das sei er, er sei nicht-hässlich, er sei so unglaublich nicht-hässlich, wie ein Junge nur sein könne. Ich liebte ihn dafür, dass mehr als nur seine Ohren rot anliefen, als er das hörte. Ich liebte ihn, als wir uns in den Straßengraben setzten und plötzlich nicht mehr saßen, sondern lagen. Ich liebte ihn, weil er mehr Hände hatte, als ein Mensch in Wahrheit haben kann. Ich liebte ihn, als ich ihn von mir schob und ihn fragte, ob er ein Tintenfisch sei. Ich liebte ihn, als ich die Lust in seinen Augen sah, er sich aber dennoch aufsetzte und vergeblich versuchte, mein Kleid glatt zu streichen. Ich liebte ihn trotz seines seltsamen Verhaltens nach der zweiten Operation. Ich liebte ihn, obwohl er mich auch da nicht besuchte. Ich liebte ihn, obwohl er sagte, er habe keine Zeit, auch als du ihn gebeten hattest, dich nach Thessaloniki zu begleiten. Ich liebte ihn, als Tsoulas anfing, mich zu besuchen. Ich liebte ihn, als Tsoulas tat, was ich nicht wollte, ihn aber trotzdem zu tun bat. Ich liebte ihn dafür, dass er durchdrehte, als er uns zusammen in dem Straßencafé sah. Ich liebte ihn, obwohl er nicht kapierte, dass er bleiben und Tsoulas gehen sollte. Ich liebte ihn, weil ich wusste, dass er nicht wusste, was er tun sollte. Ich liebte ihn an jenem Abend, an dem er dir anvertraute, dass er das Feld der Familie verspielt hatte. Ich liebte ihn für seine Hilflosigkeit, als er gestand, dass er es an Tsoulas verloren hatte. Ich liebte ihn, weil er es wagte, dich um Geld zu bitten, und weil du mich fragtest, was du tun solltest. Ich liebte ihn, als du mir erzähltest, dass er den Hühnern hinterherlief und ihnen Kieselsteine auf den Rücken legte, damit sie auch als Bauherren zählten. Ich liebte ihn, weil er wie ein Kind war. Ich liebte ihn, weil er wie ein Mann war. Ich liebte ihn, als du meintest, dass er mir immer noch zum Nordpol folgen könne und er antwortete, wenn er nicht weiter reisen müsse, werde er sich die Sache überlegen. Ich liebte ihn, weil ich wusste, dass er meine Postkarten nicht beantworten würde. Ich liebte ihn, als wir ihn auf der Bahnhofsbank in Bromölla entdeckten und ich dem einzigen Menschen, den es wirklich interessierte, zeigte, wie gut ich gehen konnte. Ich liebte ihn für seine Jacke, die bei jeder Bewegung knirschte, und weil er fragte, ob es wahr sei, dass die Geldscheine an den Bäumen wachsen. Ich liebte ihn sogar für das Streichholz, auf dem er immer kaute, weil er glaubte, er ähnele damit Mastroianni. Ich liebte ihn, weil er viel nicht-hässlicher war als Mastroianni. Ich liebte ihn, weil er trotz Pomade und Waschbrett nicht so an sich selbst interessiert war wie andere Griechen. Ich liebte ihn, weil er immer den Weg nach unten suchte, wie das Wasser, zu Stellen, an denen die Grenzen undeutlich sind. Ich liebte ihn, weil ich von seiner Stimme nicht genug bekommen konnte. Ich liebte ihn, weil es keinen anderen Menschen gab, neben dem ich lieber ging oder lag. Ich liebte ihn, als wir in der Küche saßen und er meinte, es sei möglich, die Schneeflocken zu

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