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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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Tochter inzwischen lauter denn je. Agneta sang aus vollem Hals, als müsse sie sowohl eine Sirene als auch einen Sturm übertönen. »Es waaren einmaaal in einem feeernen Laand! Ein Schweinehiiirt, ein coooler Tyyp!«, Jannis rutschte aus und verlor das Gleichgewicht, kalte Schauer schossen durch seinen Ellbogen. Agneta öffnete die Tür. »Du kannst machen, was du willst. Reiß von mir aus das ganze Haus ab, wenn es dir Spaß macht. Aber an mich kommst du nicht ran.« Erneut zog sie die Tür zu. Und schloss ab. Als Jannis aus der Küche stolperte, entdeckte er Jannoula. Sie saß im Wohnzimmer alleine auf dem Teppich. Ein kleiner weinender Buddha.
    (3) Am nächsten Morgen stand Agneta früh auf. Sie schlich sich an ihrem Mann vorbei, der auf der Couch schnarchte, sie betrachtete ihre Tochter, die mit der Wange an seinem Schlüsselbein lag. Es interessierte sie nicht im Geringsten, dass sie verabredungsgemäß zu Haue bleiben sollte, damit er zwischen sieben und halb fünf Papierbögen sortieren konnte. Nachdem sie sich die Autoschlüssel von der Hutablage im Flur genommen hatte, schloss sie hinter sich die Tür. Sie fuhr nach Tollarp, wo sie vor dem ICA parkte und darauf wartete, dass der Laden öffnete. Das Schaufenster war mit grauem, perlendem Tau bedeckt. Ein Zeitungsbote radelte mit schwarzen Händen und leeren Fahrradtaschen vorbei. »Oh, nein«, war alles, was Berit sagte, als Agneta die Scheibe herabkurbelte und Berit das geschwollene Kinn ihrer Freundin sah.
    Der rote Saab kehrte erst am nächsten Abend nach Delphi zurück. Nachdem Agneta eingeparkt hatte, blieb sie noch eine Weile im Auto sitzen. Die Schwellung war einem prächtigen blauen Fleck gewichen. Sie blickte zu den Fenstern im zweiten Stock hoch. Zum ersten Mal fühlte sie sich einsam und verlassen. Ihre Augen blinzelten, als wollte sie etwas loswerden, die Lippen zitterten. Ich habe mich da hinausgeworfen, dachte sie und wischte die Teile der Wangen trocken, die nicht schmerzten. Das Fenster zersplitterte, die Luft rauschte an meinen Ohren. Ich fiel, ich fiel. Ich falle immer noch. Ein Mann rief nach seinem Hund, der zwischen den Brettern auf der anderen Straßenseite herauslugte und einen Kopf mit Waschlappenohren schüttelte. Während der Mann mit der Leine in der Hand schräg die Straße überquerte, ging Agneta noch einmal ihr Gespräch mit Berit durch. Sie würde Jannis eine zweite Chance geben. Man musste an das Kind denken. Aber wenn sich sein Verhalten wiederholte, war Schluss. Auf Liebe konnte man nur hoffen, alles andere war Vergewaltigung. Die Straßenlaternen gingen an. Sie berührte ihr Kinn und erkannte, dass sie wieder anfangen wollte, richtig zu rauchen. Nein, das stimmt nicht, dachte sie, als sie die Schachtel heraussuchte, die Berit ihr geschenkt hatte. Es sind keine Fenster zu Bruch gegangen. Es fiel kein Körper auf die Erde. Aber so fühle ich mich. Wie etwas, was getötet werden kann.
    (4) Agneta grummelte, wachte jedoch nicht auf, als Jannis sich mit einhändigen, aber dennoch irgendwie athletischen Bewegungen aus dem Bett schwang. Sein wunder Ellbogen war rostrot. Jannoula schlief mit weggestrampelter Decke und ihrem Schnuller unter dem Kinn. Sie war so klein, so unbeschwert. Er deckte sie wieder zu und atmete den warmen Duft ein. Reines Parfum. Als er sich rasiert hatte, suchte er nach einem gebügelten Hemd, fand keins und nahm das am wenigsten zerknitterte. Während er die Reste des Hackbratens vom Vortag aß, hörte er die Toilettenspülung. Agneta sah abgezehrt und müde aus, als sie in die Küche kam und einen Topf mit Wasser auf den Herd stellte. Sie war barfuß, sie war schön, sie blieb stumm. Zwischen ihnen gab es etwas Unförmiges, das nicht fortgehen würde. Sie erinnerten an Magneten, bei denen die falschen Pole einander zugewandt waren. Er aß methodisch, ertrug die Stille jedoch schließlich nicht mehr, weshalb er den Teller in die Spüle stellte und versuchte, den beweglichen Arm um seine Frau zu legen. Dabei entdeckte er, dass sie zitterte. Augenblicklich verwandelte er sich in einen Haufen feuchter Blätter. » Mátia mou … « Weiter kam er nicht. Agneta wandte sich von ihm ab, seine Hand glitt auf ihre Hüfte hinunter, und der Schmerz schoss durch den anderen Arm, als gehörten Ehefrau und Pein zusammen. »Bin ich eine schlechte Mutter?« Schluchzend machte sie einen Schritt von ihm weg. »Sag mir, Jannis. Bin ich das?« Die ganze Zeit wandte sie ihr Gesicht ab, als gäbe es darin etwas, was er nicht

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