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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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zusammenzufügen.
    Soweit sie es überblicken konnte, passten Stahl und Säuglingsfürsorge nicht so recht zusammen. Mrs Macatta und die ungarische Gräfin konnten vergessen werden. Sie waren nur Tarnung. Nein, der Angelpunkt der ganzen Geschichte schien dieser unattraktive Mr Eberhard zu sein. Offenbar nicht der Typ Mann, den George Lomax normalerweise einladen würde. Bill hatte angedeutet, dass er Erfinder war. Dann waren da noch der Luftfahrtminister und Sir Oswald Coote, der in Stahl machte: Irgendwie schienen hier eher Zusammenhänge zu bestehen.
    Da es sinnlos war, weitere Spekulationen anzustellen, ließ Bündel von dem Versuch ab und konzentrierte sich auf ihr kommendes Gespräch mit Lady Caterham.
    Lady Caterham wohnte in einem großen düsteren Haus in einem der besseren Viertel von London. Drinnen roch es nach Bohnerwachs, Vogelfutter und angewelkten Blumen. Lady Caterham war eine große Frau – groß in jeder Beziehung. Ihre Proportionen waren majestätisch. Sie hatte eine große vorspringende Nase, trug ein goldgefasstes Monokel, und auf ihrer Oberlippe spross ein kaum wahrnehmbarer Schnurrbart.
    Sie war sehr erstaunt über den Besuch ihrer Nichte und bot ihr eine schlaffe Wange, die Bündel pflichtschuldig küsste.
    «Das ist aber eine Überraschung, Eileen», meinte sie kühl.
    «Wir sind erst vor kurzem von der Reise zurückgekommen, Tante Marcia.»
    «Ich weiß. Wie geht es deinem Vater? Wie immer?»
    Ihr Tonfall verriet Geringschätzung. Sie hatte keine hohe Meinung von Alistair Edward Brent, neunter Lord Caterham.
    «Vater geht es sehr gut. Er ist in Chimneys. »
    «Weißt du, Eileen, ich habe es nie geschätzt, dass man Chimneys vermietete. Der Ort ist in mancher Hinsicht eine Art historisches Monument. Es sollte nicht entweiht werden.»
    «Zu Onkel Henrys Zeit muss es wundervoll gewesen sein», sagte Bündel mit einem leichten Seufzen.
    «Henry war sich seiner Verantwortung bewusst», sagte seine Witwe.
    «Wenn ich an die Leute denke, die dort verkehrten! Lauter europäische Staatsmänner!»
    Lady Caterham seufzte. «Ich kann wirklich behaupten, dass dort mehr als einmal Geschichte gemacht wurde. Wenn dein Vater nur…»
    «Politiker langweilen ihn», sagte Bündel, «obwohl sie das Interessanteste sind, was es gibt, finde ich.»
    Sie sprach diese für sie absolut unwahre Behauptung aus, ohne rot zu werden. Ihre Tante sah sie mit einigem Erstaunen an.
    «Es freut mich, dass du so denkst. Ich glaubte immer, dass du nur auf der Jagd nach dem Vergnügen bist, wie das heute so modern ist.»
    «Das ist vorbei.»
    «Bei deiner Herkunft und einer klugen Eheschließung könntest du eine der führenden Politikerinnen von heute werden.»
    Bündel verspürte eine leichte Beunruhigung. Einen Augenblick lang befürchtete sie, dass ihre Tante sofort einen passenden Mann herbeizaubern würde. «Aber ich fühle mich so unmündig. Ich weiß so wenig.»
    «Dem kann abgeholfen werden. Ich habe viele Bücher, die ich dir gern leihe.»
    «Danke, Tante Marcia», entgegnete Bündel und wechselte hastig auf ihr zweites Gesprächsthema über. «Ich habe mich gefragt, ob du wohl Mrs Macatta kennst, Tante Marcia?»
    «Natürlich! Eine bewundernswerte Frau mit einem brillanten Verstand. Im Allgemeinen halte ich nichts von Frauen im Parlament. Sie können ihren Einfluss auf eine weiblichere Art geltend machen.» Sie hielt inne, zweifelsohne um sich daran zu erinnern, wie sie ihren widerstrebenden Mann in die politische Arena geschoben und ein sagenhafter Erfolg ihre und seine Bemühungen gekrönt hatte. «Aber die Zeiten ändern sich. Und die Arbeit, die Mrs Macatta tut, ist von nationaler Bedeutung und äußerster Wichtigkeit für alle Frauen. Es ist, so darf man wohl sagen, eine sehr weibliche Tätigkeit.»
    Bündel seufzte. «Nächste Woche ist sie auf einer Party bei George Lomax. Er hat Vater eingeladen, der natürlich ablehnte, aber er dachte gar nicht daran, mich zu fragen. Hält mich wohl für zu dämlich.»
    Lady Caterham fand, dass sich ihre Nichte tatsächlich beträchtlich gebessert hatte: Ob sie eine unglückliche Liebe hinter sich hatte? Eine unglückliche Liebesaffäre war oft von hohem Vorteil für junge Mädchen. Dann nahmen sie das Leben ernster.
    «Anscheinend hat George Lomax noch nicht gemerkt, dass du sagen wir – erwachsen geworden bist! Meine liebe Eileen, ich werde ein paar Worte bei ihm einlegen.»
    «Er mag mich nicht. Er würde mich niemals einladen.»
    «Lass mich das nur machen! Ich kannte

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