Der letzte Joker
George Lomax schon, als er noch so klein war.» Sie deutete eine ganz unmögliche Größe an. «Er wird mir nur zu gern einen Gefallen tun. Und jetzt werde ich für dich ein paar Bücher auswählen», sagte Lady Caterham und stand auf.
Eine Viertelstunde später fuhr Bündel mit einem Arm voll entsetzlich trocken aussehender Literatur in ihre Stadtwohnung in der Brook Street zurück.
Als Nächstes rief sie Jimmy Thesiger an. Seine ersten Worte waren voller Triumph. «Ich hab’s geschafft», sagte er. «Hatte ziemlich viel Mühe mit Bill. Aber dann ging es doch in seinen Dickschädel, dass ich ein Lamm unter Wölfen bin. Jetzt habe ich einen Haufen Bücher hier, die ich durchackern muss. Haben Sie je vom Grenzstreit in Santa Fe gehört?»
«Nie.»
«Der macht mir besondere Schwierigkeiten. Ist schon Jahre her und war entsetzlich kompliziert. Ich mache ihn zu meinem Spezialgebiet. Heutzutage muss man sich spezialisieren.»
«Ich habe auch lauter solches Zeug. Tante Marcia hat mir die Bücher gegeben, die Schwägerin meines Vaters. Sie wird mir eine Einladung zu George Lomax Party verschaffen.»
«Was? Das ist ja fabelhaft!» Es entstand eine Pause, und dann sagte Jimmy: «Ich glaube, das erzählen wir Loraine besser nicht.»
«Vielleicht.»
«Ich meine, man kann das Mädchen nicht in sein Verderben rennen lassen.»
Bündel fand, dass Mr Thesiger etwas taktlos war. Die Aussicht, dass sie in ihr Verderben rannte, schien ihn nicht im Geringsten zu bekümmern.
«Kommen Sie morgen zur Leichenschau?»
«Ja. Sie?»
«Ja. Es steht übrigens in der Spätausgabe. Irgendwo in einer Ecke. Merkwürdig – ich hätte gedacht, dass sie es ganz groß ausspielen.»
«Ja – das hätte ich auch geglaubt.»
«Und jetzt», meinte Jimmy, «muss ich mich weiter in mein Spezialgebiet vertiefen. Ich bin gerade an dem Punkt, wo Bolivien uns eine Note schickt.»
«Ich werde mich wohl auch dranmachen.»
«Werden Sie den ganzen Abend darüber brüten?»
«Ich glaube schon. Sie?»
«Wahrscheinlich. Gute Nacht!»
Sie waren beide schamlose Lügner. Jimmy Thesiger wusste sehr genau, dass er Loraine Wade zum Essen eingeladen hatte.
Und was Lady Eileen Brent betraf, so zog sie einen unscheinbaren Rock und eine unscheinbare Bluse an, verließ ihre Wohnung und überlegte, ob sie lieber mit dem Bus oder der U-Bahn zum Seven Dials Club fahren sollte.
13
G egen sechs Uhr kam Bündel in der Hunstanton Street vierzehn an. Um diese Zeit war der Seven Dials Club, wie sie vermutet hatte, wie ausgestorben. Ihr Plan war einfach. Sie wollte den ehemaligen Diener Alfred abfangen, weil sie davon überzeugt war, dass, wenn sie ihn erst einmal erwischte, der Rest nicht schwierig sei.
Nur über eines war sie sich nicht sicher: Sie wusste nicht, wie viele Leute im Klubhaus wohnten, denn natürlich sollte möglichst niemand von ihrer Anwesenheit erfahren.
Während sie noch überlegte, welchen Weg sie am besten einschlagen sollte, wurde ihr Problem auf sehr einfache Weise gelöst. Die Tür von Nummer vierzehn öffnete sich, und Alfred kam heraus.
«Guten Abend, Alfred!», rief Bündel fröhlich.
Alfred zuckte zusammen. «Oh! Guten Abend, M’lady. Ich… ich habe Sie im ersten Moment gar nicht erkannt.»
«Ich wollte ein bisschen mit Ihnen plaudern, Alfred. Wo können wir das am besten tun?»
«Nun… ich weiß nicht…»
Sie unterbrach ihn. «Wer ist im Klub?»
«Zurzeit niemand, M’lady.»
«Dann gehen wir hinein.»
Alfred öffnete die Tür, und Bündel trat ein. Alfred folgte ihr verwirrt und etwas unsicher. «Ich nehme an, Sie wissen», begann sie knapp, «dass Ihre Arbeit hier gegen die Gesetze verstößt?»
Alfred trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. «Das stimmt. Wir sind auch schon zweimal durchsucht worden. Aber man hat nie etwas Verdächtiges gefunden, dank Mr Mosgorovskys Umsicht.»
«Ich rede nicht nur vom Spielsalon. Da steckt noch mehr dahinter – vermutlich viel mehr, als Sie ahnen. Ich möchte Ihnen eine direkte Frage stellen, Alfred, und bitte sagen Sie die Wahrheit! Wie viel hat man Ihnen gezahlt, damit Sie Chimneys verließen?»
Alfred sah an der Wandleiste entlang, als ob er von dort eine Inspiration erwarte, schluckte und ging dann den unvermeidlichen Weg eines schwachen Willens, der auf einen starken trifft.
«Es war so, M’lady. Mr Mosgorovsky kam an einem der Besuchstage mit einer Besichtigungsgruppe nach Chi m neys. Da Mr Tredwell sich nicht wohl fühlte, fiel es mir zu, die Gruppe zu führen. Mr
Weitere Kostenlose Bücher