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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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einer typisch fremdländischen Geste. Dann stand sie auf, die anderen taten das Gleiche.
    Zum ersten Mal konnte Bündel einen Blick auf Nummer drei werfen – ein großer, schwerknochiger Mann.
    Dann verließ die Gesellschaft das Zimmer durch die Geheimtür. Mosgorovsky schloss ab. Er wartete noch ein paar Minuten, dann hörte Bündel, wie er den Riegel an der anderen Tür zurückschob und hinausging.
    Erst zwei Stunden später kam ein bleicher und verängstigter Alfred, um Bündel zu befreien.

15
     
    G egen sechs Uhr morgens kam Bündel nachhause. Um halb zehn war sie wieder auf den Beinen und angezogen und rief Jimmy Thesiger an.
    Die Promptheit, mit der er sich meldete, überraschte sie, bis er ihr erklärte, dass er zur vorgerichtlichen Untersuchung gehen wolle.
    «Ich auch», sagte Bündel. «Und ich habe Ihnen eine Menge zu erzählen.»
    «Kann ich Sie nicht abholen, und Sie berichten mir unterwegs?»
    «Gut. Aber kalkulieren Sie ein bisschen mehr Zeit ein, weil Sie mich nach Chimneys bringen müssen. Der Inspektor holt mich von dort ab.»
    «Warum?»
    «Weil er ein freundlicher Mann ist», antwortete Bündel.
    «Bin ich auch», meinte Jimmy. «Sehr freundlich sogar.»
    «Ach Sie… Sie sind ja ein Trottel», meinte Bündel. «Das hörte ich gestern Abend jemanden sagen.»
    «Wen?»
    Sie zögerte. Dann meinte sie:
    «Um genau zu sein – einen russischen Juden. Nein, der war es nicht. Es war…»
    Beleidigter Protest unterbrach sie: «Mag sein, dass ich ein Trottel bin, aber das geht niemanden etwas an. Was haben Sie gestern Abend gemacht, Bündel?»
    «Das werde ich Ihnen nachher erzählen! Bis gleich!»
    Sie legte auf und überließ Jimmy seinen Vermutungen. Er hatte höchsten Respekt vor Bündels geistigen Fähigkeiten, allerdings war dieser Respekt nicht mit wärmeren Gefühlen für sie vermischt.
    Sie hat was vor, überlegte er, als er hastig einen Schluck Kaffee trank, sie hat was vor, da gibt’s gar keinen Zweifel!
    Zwanzig Minuten später hielt ein kleiner Zweisitzer vor dem Haus in der Brook Street. Bündel hatte schon auf ihn gewartet. Jimmy war kein besonders guter Beobachter, aber er bemerkte, dass sie schwarze Ringe unter den Augen und allem Anschein nach eine lange Nacht hinter sich hatte.
    «Nun denn», sagte er, als sie durch die Vororte fuhren, «auf welch dunklen Pfaden sind Sie gewandert?»
    «Das werde ich Ihnen erzählen», antwortete Bündel.
    Es wurde eine lange Geschichte, und Jimmy hatte Mühe, sich aufs Fahren zu konzentrieren. Als Bündel geendet hatte, seufzte er und sagte: «Sie wollen mich nicht reinlegen?»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Tut mir leid», entschuldigte er sich. «Aber es kommt mir vor, als hätte ich das alles schon mal erlebt – im Traum, verstehen Sie?»
    «Ja!», sagte Bündel mitfühlend.
    «Einfach unmöglich», spann Jimmy seinen Gedanken laut weiter. «Die schöne fremde Abenteuerin, die internationale Gangsterbande, die geheimnisvolle Nummer sieben – so was habe ich hundertmal in Büchern gelesen.»
    «Noch lange kein Grund, warum es sich nicht in Wirklichkeit ereignen sollte.»
    «Nein, vermutlich nicht.»
    «Ich glaube jetzt tatsächlich, dass Romane sich die Wirklichkeit zum Vorbild nehmen. Ich meine, wenn solche Sachen nicht passieren würden, käme doch kein Mensch drauf.»
    «Da ist was dran. Trotzdem muss ich mich dauernd kneifen, um zu sehen, ob ich wach bin.»
    «So ging es mir auch.»
    Jimmy seufzte tief. «Zählen wir zusammen: Ein Russe, ein Amerikaner, ein Engländer, ein Österreicher oder Ungar – und die Dame, die jeder Nation angehören könnte, zum Beispiel der russischen oder polnischen – eine nette Versammlung.»
    «Und ein Deutscher», warf Bündel ein. «Sie haben den Deutschen vergessen.»
    «Sie glauben…?»
    «Die abwesende Nummer zwei. Nummer zwei ist Bauer – unser Diener. Von ihm erwarteten sie einen Bericht, der nicht eintraf –, obwohl ich nicht begreife, was das für ein Bericht über Chimneys sein könnte.»
    «Er hat bestimmt etwas mit Gerry Wades Tod zu tun.»
    «Sie bemängelten, dass er den Brief nicht gefunden hatte.»
    «Das macht Ihre Erzählung völlig glaubwürdig. Verzeihen Sie mir meine anfänglichen Zweifel, Bündel – aber es ist wirklich eine merkwürdige Geschichte. Sie sagten, die Leute wissen auch, dass ich von Lomax nach Wyvern A b bey eingeladen wurde?»
    «Ja, bei dieser Gelegenheit sagte der Amerikaner – es war nicht der Russe –, dass man sich wegen Ihnen keine Sorgen machen müsse – Sie

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