Der letzte Joker
vor. Da war ein Geräusch…
Drei Minuten vergingen… da war es wieder! Das Knarren einer Diele… es kam von unten. Ein leises geheimnisvolles Knarren. Irgendjemand schlich durchs Haus!
Lautlos sprang Jimmy auf. Unhörbar lief er zur Treppe. Alles schien völlig ruhig zu sein. Und doch war er sicher, dass er diesen einen unterdrückten Laut gehört hatte, es war keine Einbildung, gewesen.
Vorsichtig schlich er die Treppe hinunter, Leopold fest in der rechten Hand. Nicht ein Laut in der riesigen Halle! Wenn seine Annahme stimmte, dass das Knarren von direkt unter ihm gekommen war, dann musste jemand in der Bibliothek sein.
Jimmy stahl sich zur Tür, lauschte, stürzte hinein und machte Licht. Kein Mensch!
Die Bibliothek war ein großer Raum mit drei Fenstertüren zur Terrasse. Die mittlere Tür war nicht verriegelt. Er öffnete sie, trat auf die Terrasse und sah von einem Ende zum anderen. Nichts!
Einen Augenblick blieb er gedankenverloren stehen. Dann kehrte er in die Bibliothek zurück, schloss die Tür zur Halle ab und steckte den Schlüssel ein. Er löschte das Licht. Eine Zeit lang wartete er, dann huschte er zur offenen Terrassentür zurück, Leopold schussbereit in der Rechten.
Lief da nicht jemand über die Terrasse? Nein, reine Einbildung. Er packte Leopold fester…
In der Ferne schlug eine Standuhr zweimal.
19
B ündel war ein erfinderisches Mädchen und sie besaß Fantasie. Sie hatte vorausgesehen, dass Bill oder Jimmy Einwände gegen ihre aktive Teilnahme an den möglichen Geschehnissen der Nacht erheben würden. Darüber zu streiten wäre nur Zeitverlust gewesen. Bündel hatte ihre eigenen Pläne und die entsprechenden Vorbereitungen getroffen. Der Blick aus dem Fenster ihres Zimmers kurz vor dem Abendessen war höchst befriedigend gewesen. Die Wände des alten Landhauses überwucherte ein kräftiger Efeu, dessen Ranken sehr solide aussahen. Sie würden ihren turnerischen Fähigkeiten keine Schwierigkeiten entgegensetzen.
An den von Bill und Jimmy getroffenen Maßnahmen konnte sie keinen Fehler entdecken, aber sie fand, dass sie nicht weit genug reichten. Sie äußerte keine Kritik, denn um diese Seite der Angelegenheit wollte sie sich selbst kümmern. Kurz gesagt, während Bill und Jimmy sich mit dem Hausinneren befassten, wollte Bündel ihre Aktivität nach draußen verlegen.
Ihre friedliche Einwilligung in die zahme Rolle, die man ihr zugewiesen hatte, machte ihr ungeheuren Spaß, wobei sie etwas verächtlich fand, wie leicht sich die beiden Männer täuschen ließen. Zwar hatte Bill noch nie durch geistige Fähigkeiten brilliert, aber andererseits kannte er doch seine Bündel – oder sollte sie kennen.
Auch Jimmy Thesiger hätte es trotz ihrer kurzen Bekanntschaft eigentlich besser wissen müssen als sich einzubilden, dass man sie so leicht loswerden könnte.
In ihrem Zimmer machte sich Bündel augenblicklich an die Arbeit. Sie zog ihr Abendkleid aus und die paar Winzigkeiten, die sie darunter trug, und begann sozusagen ganz von vorn: Sie hatte ihr Mädchen nicht mitgebracht und auch selbst gepackt. Sonst hätte sich die Französin sicher gewundert, warum Bündel außer Reithosen keine anderen zum Reiten erforderlichen Dinge mitgenommen hatte.
Ausgestattet mit Reithosen, Schuhen mit Gummisohlen und einem dunklen Pullover war Bündel zum Kampf gerüstet. Sie sah auf die Uhr. Es war erst halb eins, noch viel zu früh. Was auch immer geschehen mochte, es würde erst später passieren. Man musste den Hausbewohnern Zeit zum Einschlafen lassen. Bündel hatte den Beginn ihrer Operation für halb zwei Uhr geplant.
Sie löschte das Licht, setzte sich ans Fenster und wartete. Pünktlich zur festgesetzten Zeit stand sie auf, öffnete das Fenster und schwang ihre Beine über das Fensterbrett. Die Nacht war herrlich, still und kalt. Die Sterne leuchteten, aber es schien kein Mond.
Der Abstieg fiel ihr sehr leicht. Als Kinder hatten Bündel und ihre beiden Schwestern den Park von Chimneys unsicher gemacht und konnten klettern wie die Katzen. Bündel landete auf einem Blumenbeet, etwas atemlos, aber abgesehen von ein paar Kratzern unversehrt.
Sie blieb einen Moment stehen, um sich zu orientieren. Die Räume, die der Luftfahrtminister und sein Sekretär bewohnten, lagen im Westflügel, also auf der anderen Seite. Eine Terrasse führte an der Süd- und Westfront des Hauses entlang und endete an der Mauer des Obstgartens.
Bündel trat aus dem Blumenbeet und schlich zu der Hausecke an der
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