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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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rauchen.
    «Der Kamin ist altmodisch», stellte Lady Coote fest. «Die Hitze geht in den Schornstein statt ins Zimmer.»
    Es entstand eine Pause. Die Gräfin langweilte sich ganz offen. Die Unterhaltung wurde schwierig.
    «Es ist doch komisch», brach Lady Coote das Schweigen, «dass Mrs Macattas Kinder Mumps haben. Ich meine, natürlich ist es nicht komisch…»
    «Was ist Mumps?», fragte die Gräfin.
    Bündel und Lady Coote begannen gleichzeitig, es ihr zu erklären. Schließlich schafften sie es.
    «Ungarische Kinder haben so was doch sicher auch, oder?», fragte Lady Coote.
    «Wie bitte?», fragte die Gräfin zurück.
    «Ungarische Kinder haben doch sicher auch Mumps?»
    «Das weiß ich nicht. Wie sollte ich?»
    Lady Coote sah sie etwas überrascht an. «Aber Sie arbeiten doch…»
    «Ach, deshalb!» Die Gräfin setzte sich aufrechter, nahm die Zigarettenspitze aus dem Mund und begann hastig zu sprechen: «Ich werde Ihnen ein paar entsetzliche Dinge erzählen», fing sie an, «die ich selbst erlebt habe. Sie würden es sonst nie glauben!» Und sie hielt, was sie versprochen hatte. Sie redete fließend und entwarf sehr eindrucksvolle Bilder. Unglaubliche Szenen von Hungersnöten und anderem Elend entstanden vor dem inneren Auge ihrer Zuhörerinnen. Sie wirkte sehr dramatisch, aber Bündel erinnerte sie an eine Schallplatte: Man stellte sie an, und sie legte los. Gleich würde sie ebenso plötzlich wieder aufhören.
    Lady Coote war tief beeindruckt – das war ganz offensichtlich. Jetzt schaltete sie sich mit einem eigenen Bericht ein. «Eine meiner Cousinen hatte drei Kinder, die verbrannt sind. Schrecklich, nicht?»
    Die Gräfin beachtete sie nicht. Sie redete und redete. Schließlich brach sie ebenso abrupt ab, wie sie begonnen hatte. «So», sagte sie. «Jetzt habe ich Ihnen alles erzählt. Wir haben Geld – aber keine Organisation. Und Organisation ist das, was wir brauchen.»
    Lady Coote seufzte. «Ich habe meinen Mann oft sagen hören, dass man nichts ohne Methode erreicht. Er verdankt seinen eigenen Erfolg ausschließlich dieser Einstellung. Er erklärt, dass er ohne Zielstrebigkeit nichts geworden wäre.»
    Wieder seufzte sie. Flüchtig erschien die Vision eines Sir Oswald Coote, der nichts geworden war, vor ihrem inneren Auge. Ein Sir Oswald, der noch alle Eigenschaften des heiteren jungen Mannes aus dem Fahrradgeschäft besaß. Nur für eine Sekunde kam ihr der Gedanke, dass ihr Leben vielleicht viel angenehmer gewesen wäre, wenn Sir Oswald Coote weniger methodisch verfahren hätte. In einer recht verständlichen Gedankenassoziation wandte sie sich an Bündel. «Lady Eileen», sagte sie, «mögen Sie eigentlich Ihren Obergärtner?»
    «MacDonald?» Bündel zögerte. «Man kann MacDonald nicht mögen», erklärte sie entschuldigend. «Aber er ist ein erstklassiger Gärtner.»
    «Oh, das weiß ich!»
    «Er ist in Ordnung, wenn man ihm die Zähne zeigt.»
    «Vermutlich!» Neidisch sah Lady Coote Bündel an. Offenbar verstand sie es, MacDonald richtig zu behandeln.
    «Einen gepflegten Garten würde ich einfach anbeten!», meinte die Gräfin verträumt.
    Bündel wunderte sich, aber in diesem Augenblick wurden sie unterbrochen. Jimmy Thesiger kam herein und wandte sich mit fremder, gehetzter Stimme direkt an sie. «Kommen Sie jetzt mit und sehen Sie sich die Zeichnungen an? Man wartet schon!»
    Bündel verließ hastig das Zimmer, Jimmy dicht hinter ihr. «Was für Zeichnungen?», fragte sie, als die Wohnzimmertür ins Schloss fiel.
    «Gibt keine. Ich sollte Sie nur holen. Kommen Sie, Bill wartet auf uns.»
    Bill ging in der Bibliothek auf und ab, offensichtlich sehr erregt. «Also», platzte er heraus, «ich mag das nicht!»
    «Was magst du nicht?»
    «Dass du darin verwickelt bist. Zehn zu eins wird es Aufregung geben und dann…» Er sah sie so unglücklich an, dass Bündel ein warmes Gefühl durchrieselte. «Man sollte sie raushalten, nicht wahr, Jimmy?», fügte er hinzu.
    «Das habe ich ihr auch geraten», erklärte Jimmy.
    Bündel drehte sich zu Jimmy um. «Was haben Sie ihm erzählt?»
    «Alles!»
    «Richtig verstehen kann ich es immer noch nicht», gestand Bill.
    «Du hast dich im Seven Dials Club versteckt!» Er sah sie besorgt an. «Ich wiederhole, Bündel: Mir passt es nicht.»
    «Was?»
    «Dass du solche Geschichten machst.»
    «Es ist herrlich aufregend!»
    «Ja… ja, schon! Aber es kann auch verdammt gefährlich werden. Denk an den armen Ronny!»
    «Es hat keinen Zweck, mich von der Sache

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