Der letzte Krieg der Engel (German Edition)
werden die Menschen den Tod suchen, aber nicht finden. Sie werden sterben wollen, aber der Tod wird vor ihnen fliehen.’
Offenbarung des Johannes, 9, 1-6
Das fünfte Siegel offenbarte sich auf der Erde als eine grausame Explosion in einer der größten Chemiefabriken der Welt, deren Rauch die Sonne verfinsterte und etwas über die Menschen brachte, dass sie quälte, grausam quälte, aber nicht tötete.
Leandra war vollkommen ruhig geblieben, als sie diese Nachrichten gehört hatte - hier oben im Kloster war davon nichts zu merken -, aber Arel hatte sehen und spüren können, wie schwer sie das traf. Das machte es ihm fast unmöglich, sie immer noch hart trainieren zu lassen; er hatte Mitleid mit ihr.
„Du wirst immer besser.“ Seine Stimme war frei von jeglichem Spott und er lächelte Leandra sogar an, als er ihr nach einer neuerlichen Trainingseinheit das Zeichen zum Ende des ‚Kampfes’ gab. „Langsam muss ich mir nicht mehr so große Sorgen machen.“
„Vielen Dank.“ Leandra verzog das Gesicht, dennoch bedeutete ihr das Lob eine Menge. Der Engel war ein unnachgiebiger Lehrer und er sparte mit Lob.
Schwert und Schild waren für Leandra inzwischen gewohntes Werkzeug geworden und sie ließ die Waffe noch einmal kurz um das Handgelenk kreisen, um es dann in den Boden zu rammen - auch das hatte sie inzwischen gelernt.
„Ich kann mich nicht an die Düsternis gewöhnen“, murmelte sie, als sie langsam den Himmel musterte, der selbst jetzt zur Mittagszeit gräulich und finster war.
„Ich weiß.“ Arel ging es nicht anders, er seufzte leise, was ein Atemwölkchen vor seinem Mund verursachte. „Du solltest nicht soviel darüber nachdenken.“
„Das kannst auch nur du sagen!“ Leandra fauchte Arel wütend an und schlüpfte in ihren dicken Pullover. „Es ist meine Welt, die hier zum Teufel geht! Ich ...“
„Leandra, bitte“, unterbrach Arel sie aber und legte eine Hand auf ihren Oberarm. „Denkst du, mir wäre das alles vollkommen egal? Verdammt, ich lebe seit dreitausend Jahren hier, und du denkst, ich würde einfach nur mit den Schultern zucken?“
„Arel!“ Leandra schwenkte um, ihr Gesicht wurde weich und die Augen bittend. „Es ist Gottes Fluch, oder? Von seinen Engeln auf die Erde gebracht. Du musst doch irgendetwas tun können!“
„Du weißt, dass Gott auf mich nicht gut zu sprechen ist“, erwiderte Arel und nahm Leandra mit ins Innere, obwohl es da nicht viel wärmer war. Der Winter hatte endgültig Einzug gehalten, es schneite oft genug aus dem trüben Himmel und in zehn Tagen war Weihnachten. „Sie würde nicht auf mich hören.“
„Hat Er denn kein Erbarmen?“ Verzweiflung sprach aus ihrer Stimme und Arel konnte Tränen in ihren Augen sehen. „Warum muss Er so viele Unschuldige quälen? Was haben sie Ihm denn getan?“
„Die Antworten findest du in der Bibel“, sagte Arel und merkte selbst, wie arrogant das klang. „Es hört sich abgedroschen an, ich weiß, aber es steht alles geschrieben.“
„Das akzeptiere ich nicht!“, wehrte sich Leandra und schüttelte heftig den Kopf. „Du musst etwas tun! Kannst du nicht mit den Engeln reden? Es sind doch Kollegen - Brüder - von dir.“
„Oh Mann!“ Arel legte den Kopf in den Nacken und schloss für einen Moment die Augen. „Leandra, sie haben einen Auftrag von Gott! Ich könnte tagelang, wochenlang, jahrelang auf sie einreden, sie würden nicht abweichen.“
„Dann musst du sie töten.“ Das war eine endgültige Entscheidung, das konnte Arel in Leandras Augen sehen, und er spürte es auch, was ihm mehr als Unbehagen verursachte.
„Wie sollte ich das können?“, wollte er sich Zeit verschaffen und streckte eine Hand nach Leandra aus, aber sie trat ganz dicht an ihn heran und stieß ihm mit einem Finger vor die Brust.
„Du bist ein Gregorie, verflucht!“, fauchte sie, Wut schwappte ihm entgegen. „Du kannst wahrscheinlich gegen Luzifer persönlich kämpfen, wenn es sein muss.“
„Ich kann es nicht“, widersprach Arel aber entschieden. „Du kennst diese Engel nicht, man kann nicht hingehen und sie mit dem Schwert herausfordern.“
„Weswegen denn nicht? Du kannst doch gegen jeden kämpfen, gegen den du kämpfen willst!“, fuhr Leandra ihn an. „Hast du Angst, zu unterliegen?“
„Nein.“ Arel verzog das Gesicht, das Gespräch lief vollkommen aus dem Ruder. „Ich würde mich niemals mit den Mächten anlegen.“
„Du hast dich mit Gott angelegt, du verfluchte Missgeburt!“ Tränen der Wut flossen
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