Der letzte Krieger: Roman
Bienenschwarm direkt in seinem Kopf.
Vom Tor führte ein Gang durch die Sitzreihen nach vorn, zum anderen Ende der Halle, von wo ihm Peredin entgegenblickte. Athanor war nicht sicher, ob er den Platz des Ältesten für einen Thron halten sollte, doch es war ein breiter, mit einer niedrigen Lehne versehener Sitz, der zu beiden Seiten von einigen kleineren Ausgaben seiner selbst flankiert wurde. An der Wand dahinter stand eine weitere lange Steinbank, die wohl den Vertrauten der Älteren vorbehalten war.
»Siehst du den weißhaarigen Mann auf dem Sitz neben Peredin?«, raunte Elanya ihm zu.
Athanor nickte. Der Elf hatte ein scharf geschnittenes Gesicht, was seine Falten noch unterstrichen. Trotz seines hohen Alters hielt er sich aufrecht und musterte Athanor mit stechendem Blick.
»Das ist Kavarath. Jahrhunderte lang war er der Älteste der Töchter und Söhne Piriths, aber nun hat er die Bürde an seinen Sohn übergeben und widmet sich weniger anstrengenden Aufgaben. Er und seine Tochter weilen zurzeit als Gesandte bei uns.«
Jahrhunderte? Athanor wollte nachfragen, doch Elanya ging weiter, und ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr nach vorn zu folgen. Kavaraths Tochter erkannte er auf den ersten Blick, denn sie saß neben ihrem Vater und hatte dieselben strengen Züge. Selbst die schimmernde Mähne rotblonden Haars vermochte den Ausdruck ihres Gesichts nicht zu mildern. Ihm fiel auf, dass die beiden in graue und rötliche Töne gekleidet waren, während die meisten Anwesenden grüne und braune Stoffe trugen. Ein rascher Blick in die Runde bestätigte ihm, dass er auf diese Art sofort erkennen konnte, wer zur Gesandtschaft der Söhne und Töchter Piriths gehörte. Selbst Davarons Rüstung wies die Farben seines Volkes auf, denn die zahllosen schwarzen Plättchen, aus denen sie gefügt war, wurden von dunkelroten Seidenschnüren zusammengehalten.
Obwohl es von hinten nicht danach ausgesehen hatte, fand sich in der vordersten Reihe noch Platz für Athanor. Elanya und Davaron, der tatsächlich als Einziger Waffen und eine Rüstung trug, schirmten ihn gleichsam von den anderen ab – oder die Elfen von ihm. Athanor nickte den Älteren grüßend zu, bevor er sich setzte.
Peredin wartete noch einen Moment, dann hob er wie zuvor die Hand, um Ruhe einzufordern. »Niemand von uns kann sich daran erinnern«, begann er, »dass je ein Mensch in diese Halle geladen wurde. Und doch gab es Zeiten, in denen es geschah. Alte Aufzeichnungen künden von jenen Tagen, da Elfen und Menschen noch in Freundschaft miteinander lebten. Im Gedenken an diese Zeit wollen wir heute den Fremden willkommen heißen, der vielleicht der letzte der Menschen ist.«
Demnach hat es niemand außer mir geschafft, die Grenze der Elfenlande lebend zu erreichen. Was hatte er auch erwartet? Wenn das Grauen schneller war als warnende Gerüchte, gab es kein Entkommen. Wenn sich die Verfolger von den Verfolgten ernährten, während jene jagen oder Vorräte schleppen mussten, dann schmolz jeder Vorsprung wie Schnee in der Frühlingssonne.
»Fremder, wir haben Euch unsere Gastfreundschaft gewährt, wie es Brauch ist. Nun erweist uns die Ehre, uns Euren Namen zu nennen.«
»Eure Gastfreundschaft ist wahrlich großzügig, edler Peredin. Ich danke Euch und will Euch gern antworten. Mein Name ist Athanor.«
»Athanor«, wiederholte der Älteste, als prüfe er den Klang. »Ein guter Name aus alten Tagen. Ein starker Name. Und unter Menschen sicher nicht der eines einfachen Mannes.«
»Nein«, gab Athanor zu. »Meine Familie verfügte über einigen Wohlstand.« Aus dem Augenwinkel warf er einen Blick auf Davaron. Welche Gegenden hatte der Elf bereist? Kannte er die vornehmen Häuser Theroias?
»Woher stammt Ihr, Athanor? Die Königreiche der Menschen sind zahlreich.«
»Ich komme aus Letho.« Wie leicht es mir über die Lippen geht. Noch vor wenigen Jahren wäre er zu stolz gewesen, um seine Herkunft zu verleugnen. Er hatte gedacht, Theroia und er seien eins. Ich war ein verblendeter Narr. Er hatte das Unheil nicht kommen sehen, hatte die Warnungen seiner Schwester für dummes Geschwätz gehalten. Anandra. Mit dem Untergang Theroias war ihr Licht erloschen. Starb es sich leichter, wenn der Tod bewies, dass man recht hatte? Ihre verbrannten Knochen würden es ihm nicht mehr verraten.
»Uns ist nicht entgangen, dass in den Ländern der Menschen Krieg herrschte, Athanor aus Letho. Unsere Späher haben berichtet, dass Drachen den Himmel verdunkelten und Eure
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