Der letzte Krieger: Roman
Funken glomm gleißend hell auf. Dann sanken sie verglühend auf das zerbrochene Herz herab.
Wie betäubt starrte Athanor die Überreste an. In seinem Kopf gab es nur einen einzigen Gedanken. Ich habe sie alle umgebracht. Die Worte hallten in ihm nach, als hätte er sie in eine Halle aus Eis hineingerufen. Sein Inneres war kalt, erfroren, erstarrt. Ihm war, als könne er durch Splitter und Holz bis nach Uthariel sehen, wo Orkzahn lag und mit anklagenden leeren Augen zu ihm auf und doch ins Nichts blickte.
Ein Wispern erinnerte ihn an Elanya, die am Boden lag, die Arme noch immer nach dem Kristall ausgestreckt. »Was haben wir getan?« Ihr Gesicht sank auf die Dielen, und er hörte ihre Stirn aufschlagen. »Was haben wir getan?«
Er wusste nichts zu sagen. Antworten gingen ihm durch den Kopf. Es war ein Unfall gewesen, ein Versehen. Sie hatten beide nur das Beste gewollt. Aber angesichts der Folgen kamen ihm die Worte hohl und bedeutungslos vor. Sie auszusprechen wäre eine Beleidigung der Toten gewesen, die ihr Fehler gefordert hatte und noch fordern würde.
Elanya zog sich zusammen. Auf Knien kauerte sie am Boden und barg ihr Gesicht in den Händen.
Ich habe sie ihrer Zukunft beraubt. Nicht nur die Trolle, auch die Elfen. Sie werden alle sterben. Das Schwert entglitt seiner blutigen Hand und fiel auf die Dielen. Unwillkürlich öffnete er die Finger, damit auch der Schild von seinem Arm rutschte.
Das Poltern riss Elanya aus ihrer Starre. Mit Tränen im Gesicht richtete sie sich auf und sah ihn an. Ihre Haut war grau, der Blick stumpf. »Meine Schwester hatte recht. Sie sagte, du würdest großes Unheil über uns bringen. Und ich konnte dich nicht aufhalten.«
Noch bevor er etwas sagen konnte, sprang sie auf und rannte hinaus. Doch was hätte er schon erwidern sollen? Der Tod folgte ihm auf Schritt und Tritt. Hatte er wirklich geglaubt, er könnte mit dem Herrn des Schattenreichs spielen, ohne zu verlieren? Hatte er wirklich geglaubt, dass es den Dunklen in Wahrheit nicht gab? Er hat mich mit Ruhm geködert, mich für seine Zwecke benutzt. Und ich war so dumm, ihm mal wieder die Ernte einzufahren.
Athanor spürte eine Wut in sich aufsteigen, die den Eispanzer sprengte. Er brüllte auf, trat die umgekippte Säule durch den leeren Raum, doch es genügte nicht. Im nächsten Augenblick fand er sich vor der Wand wieder und drosch mit den Fäusten darauf ein. Splitternd barst das dünne Holz, riss seine Haut in Fetzen. Der Schmerz war ihm willkommen. Er hatte es nicht besser verdient. Wieder und wieder schlug er auf die Bretter ein, bis er irgendwann davor auf dem Boden saß, ohne zu wissen, wie er dort hingekommen war. Seine Hände waren aufgeplatzt und blutig, sie brannten und pochten, doch er nahm es nur wie durch Nebel wahr. Hüllten ihn die Dämpfe Kitheras ein? In den Schwaden sah er Anandra, wie sie am Morgen vor der Schlacht um Ithara zu ihm gekommen war. Sie hatte ihn gewarnt. Sie hatte ihm Berichte darüber vorgelegt, dass die Drachen hinter seinem Rücken die Besiegten auslöschten. Dass sie Menschen töteten, wo der Krieg längst weitergezogen war. Und er war auf diesem Ohr so taub gewesen wie sein Vater. Warum hätte er sich darum kümmern sollen, wenn es dem König gleichgültig war? Warum hätte er die Verbündeten verärgern sollen, die sie so dringend brauchten? Womit hätte er den Drachen denn auch drohen sollen? So hatte er seine Schwester damals abgewimmelt und war in die Schlacht geeilt. Seine Blindheit, seine Gier und Feigheit hatten ihn zu Hadons Werkzeug gemacht. Anandras anklagender Blick wich dem Bild toter Trolle, die am Fuß Uthariels im Gras lagen. Der Dunst löste es auf. Die Umrisse der Toten schrumpften. Dafür lagen nun unzählige Leichen mehr auf einem Schlachtfeld. Die schlanken Leiber gefallener Elfen übersäten die Ufer des Sarmander, niedergemetzelt von den Toten, die er zu verantworten hatte. Das Atmen fiel ihm so schwer, als laste das Gewicht der toten Trolle auf seiner Brust. Wozu noch atmen? Dein bester Hund hat es satt, hörst du? Er würde einfach aufhören, Luft zu holen. Da, es war ganz einfach. Sein Atem war ohnehin schon so flach. Er durfte nur nicht mehr gegen die Enge ankämpfen. Schlug sein Herz überhaupt noch? Er spürte es nicht mehr. Der Nebel wurde dunkler, hüllte ihn ein, bis selbst die Gedanken zu Schatten verblassten.
Mahalea beugte sich tiefer über den Hals des Greifs und hielt nach den Ruinen der Totenstadt Ausschau. Selbst im Mondlicht reichte ihr
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