Der letzte Krieger: Roman
der riesige Schwarm über sie hinweg. Im nächsten Moment wölbte sich der Himmel wieder leer und sternenklar über dem Fluss. Ein Schauder lief ihr den Rücken hinab. Selbst die Tiere fliehen!
»Was hat der Zwerg hier zu suchen?«, fuhr Davaron auf, sobald das Tor geschlossen war. »Soll er uns die Kristalle abnehmen, falls wir welche finden?« Er sah aus, als wolle er sich auf Hrodomar stürzen, um ihn einhändig zu erwürgen.
Rasch schob sich Athanor zwischen die beiden. »Jedenfalls ist er der Einzige, der weiß, wie wir hier wieder rauskommen, also lass ihn noch ein wenig leben, wenn du kannst.«
»Wir sollten erst einmal anhören, was er zu sagen hat«, stimmte Elanya zu.
War ihr die Ironie seiner Worte entgangen, oder glaubte sie ernsthaft, Davaron könnte eine Gefahr für den gut gerüsteten Zwerg darstellen? Von ihr selbst ganz abgesehen, solange sie die Handschellen trug. Kopfschüttelnd wandte sich Athanor Hrodomar zu, der gerade die Hand hob, als wollte er ihr Gespräch unterbrechen.
»Ich glaube, es wird Zeit, dass wir uns miteinander bekannt machen«, sagte der Zwerg und setzte an, ihm die Hand zu reichen. »Oh, ähm, als Erstes sollte ich euch wohl die Ketten abnehmen.«
Guter Mann. Wortlos drehte ihm Athanor wieder den Rücken zu, um ihm die Handschellen vor die Nase zu halten.
»Mein Name ist Hrodomar«, stellte er sich vor, während er Athanor befreite. »Ich bin Prospektor und …«
»Was ist ein Prospektor?«, wollte Athanor wissen und rieb sich die wunden Handgelenke.
Der Zwerg sah ihn kurz an, als bezweifelte er, dass die Frage ernst gemeint war. Als Athanor ihn einfach weiter fragend ansah, antwortete er schließlich doch. »Das ist jemand, der in neu entdeckten Höhlen nach nutzbaren Vorkommen sucht, Erze, Kohle …«
»Kristalle«, ergänzte Athanor. »Ich verstehe.«
»Ja? O nein!«, wehrte Hrodomar ab. »Es geht mir nicht um das Sternenglas. Höchstens ein bisschen. Nein, ich bin hier, weil ich schon lange gern erforscht hätte, was es mit dem angeblichen Fluch auf diesen Stollen auf sich hat. Allerdings wollte sich mir niemand anschließen, und allein, na ja, kam es mir dann doch etwas … unvernünftig vor.«
»Du willst uns also helfen?«
»Natürlich. Nach allem, was ich weiß, werden wir diese Suche nur überleben, wenn wir zusammenhalten.«
»Dann hast du sicher nichts dagegen, wenn ich mich jetzt erst einmal bewaffne«, folgerte Athanor und wandte sich den Bündeln mit ihrer Ausrüstung zu, die neben der Laterne lagen.
»Ja, aber …«
»Was sagt er?«, fiel Davaron dem Zwerg ungehalten ins Wort. »Was soll das alles?« Er kam an Athanors Seite, sah jedoch nur unschlüssig und gereizt auf seine Rüstung hinab, die er mit einer Hand nicht anlegen konnte.
»Und was ist mit mir?«, beschwerte sich Elanya.
»Er ist hier, weil er sich langweilt, sonst nichts«, befand Athanor. »Du solltest die Elfe ebenfalls befreien, Herr Hrodomar«, riet er ihm über die Schulter. »Es könnte dir Vorteile bringen.«
»Bin schon dabei«, behauptete er, aber Athanor sah sich nicht um. Er hielt sein Kettenhemd in die Höhe, um die schadhaften Stellen zu begutachten. Evrald hatte es zum Ausbessern einem Rüstungsmacher gebracht, doch es war dem Schmied offenbar wieder abgenommen worden, bevor er seine Arbeit vollenden konnte. Nur ein Loch war geflickt, das allerdings so gekonnt, dass Athanor nicht einmal sicher war, wo genau es sich befunden hatte. Es musste genügen. Er zog das Kettenhemd über, gürtete sich mit seinem Schwert und prüfte dessen Sitz in der Scheide. Endlich. Ohne das Gewicht an der Seite hatte er sich ständig gefühlt, als habe er etwas Wichtiges vergessen.
»Weil er sich langweilt«, wiederholte Davaron. »Du nimmst uns doch schon wieder auf den Arm. Glaubst du, nur weil ich verwundet bin, kannst du dir jetzt alles erlauben?«
»Es würde mir nie einfallen, meine Scherze mit einem Krüppel zu treiben«, erwiderte Athanor hämisch. »Aber du durftest die bessere Hand behalten, also reite nicht zu sehr darauf herum. In Th…« Beinahe wäre ihm der Name herausgerutscht. »… Letho bevorzugen wir die Rechte. Das hält Diebe sehr viel nachhaltiger vom Stehlen ab.«
»Vielleicht sind die Zwerge klüger als die Menschen«, gab Davaron zurück. »Mit der rechten Hand ist es nämlich möglich, sich zukünftig mit ehrlicher Arbeit sein Brot zu verdienen.«
Hm. Da ihm keine scharfsinnige Erwiderung einfiel, drehte sich Athanor einfach zu Hrodomar und Elanya um, die
Weitere Kostenlose Bücher