Der letzte Krieger: Roman
sich gerade die Hand reichten.
»Elanya«, sagte die Elfe und deutete auf sich.
Der Zwerg ahmte sie nach. »Hrodomar.«
»Und mein Name ist …«
»Athanor«, vollendete der Zwerg den Satz für ihn und schüttelte auch seine Hand. »Du hast mich vielleicht nicht gesehen, aber ich war im Thronsaal, als über euch gerichtet wurde.«
»Elanya, du verstehst ohnehin nicht, was sie reden«, schimpfte Davaron. »Komm gefälligst her und hilf mir!«
»Bist du neuerdings seine Magd?«, fragte Athanor, als sich die Elfe sofort anschickte zu gehorchen.
»Er hat Schmerzen. Das macht sicher auch Menschen unleidlich«, antwortete sie gereizt und ging weiter.
Als ob der Bastard schon mal einen Anlass gebraucht hätte, um unausstehlich zu sein.
»Ich bewundere deinen Mut, Kl…« Er schluckte das »Kleiner« gerade noch herunter. »Herr Hrodomar. Der Elf ist ziemlich wütend. Hast du keine Angst, dass er dich töten wird, um sich für dieses Urteil zu rächen?«
»An mir?« Der Zwerg hob die trotz seiner Jugend bereits beeindruckend buschigen Brauen. »Ich war weder sein Richter noch sein Henker.«
»Zornige Leute mit Schmerzen nehmen es manchmal nicht so genau.« Aus dem Augenwinkel beobachtete Athanor, wie Elanya Davaron half, Waffen und Rüstung anzulegen. Sollte der Elf tatsächlich auf Hrodomar losgehen, hatte Athanor seine Wahl bereits getroffen. Auf den Elf konnte er gut verzichten, auf den Zwerg noch nicht.
»Sag ihm, dass ich bedaure, was geschehen ist«, bat Hrodomar. »Seine Tat rechtfertigt das Urteil, aber ich verstehe seine Gründe. Wer würde nicht alles versuchen, um sein Volk zu retten?«
Tja, ich zum Beispiel , dachte Athanor. Er war nicht stolz darauf, aber sollte er sich deshalb schämen? Du hast überhaupt keine Ahnung, Junge, wovon du sprichst.
»Dieser Streit reicht schon so lange zurück«, fuhr der Zwerg fort, »dass viele sagen: So haben wir es schon immer gehalten. Aber nach allem, was die Elfe erzählt hat, scheint mir, dass nicht nur die Elfen damals falsch gehandelt haben. Wir sollten uns lieber die Hand zur Versöhnung reichen.« Was er auch tat, als Athanor seine Worte übersetzte.
Davaron sah auf die Hand hinab wie auf einen verwesenden Fisch. Wäre er kein Elf gewesen, Athanor war sicher, der Mistkerl hätte daraufgespuckt. Doch diese Sitte gab es in den Elfenlanden wohl nicht, denn Davaron wandte sich einfach nur ab.
»Bitte, gib ihm etwas Zeit.« Elanya versuchte, die Scharte auszuwetzen, indem sie Hrodomar noch einmal die Hand gab. »Es freut mich, dass nicht alle Zwerge von Hass auf uns erfüllt sind.«
Fragend sah der Zwerg Athanor an.
»Schenk dem Elf keine Beachtung und halt dich lieber an Elanya. Genug Hände geschüttelt für heute. Erzähl mir stattdessen, was es mit diesem Fluch auf sich hat.«
Hrodomar machte eine vage Geste. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. An den Herdfeuern wird von den Schrecken geraunt, die angeblich in diesen Stollen lauern, aber das sind Schauermärchen für Kinder. Ich wollte wissen, was dahintersteckt, seit ich zum ersten Mal davon gehört habe – und das war früh! Früher noch als …«
»Kann es sein, dass du für einen Zwerg ziemlich lange Reden schwingst?«, erkundigte sich Athanor beiläufig.
Ertappt lachte Hrodomar auf. »Ich kann es wohl nicht verbergen. Wenn ich aufgeregt bin, rede ich wie ein Wasserfall. Das hat schon meine Mutter …«
»Könnten wir auf den Fluch zurückkommen?«
»Äh, ja, sicher.« Die Miene des Zwergs wurde wieder ernster, doch seine Augen leuchteten noch immer vor Begeisterung. »Ich habe in alten Schriften gelesen und Priester und Hüter der Ahnenhalle befragt. Wir wissen nur, dass es kurz nach dem Streit mit den Elfen zu unheimlichen Vorfällen kam. Hauer und Wächter wurden vermisst. Bei der Suche nach ihnen verschwanden noch mehr Leute. König Munthigis entschied daraufhin, die Stollen zu schließen.«
»Seitdem ist nie wieder jemand hier gewesen?«, wunderte sich Athanor.
»Oh, doch. Zweimal sogar. Deshalb gibt es auch keine Karten mehr von den Stollen«, bedauerte Hrodomar. »Unsere Vorgänger haben sie mitgenommen, aber sie sind nie zurückgekehrt.«
Elanya, die nun auch ihre Rüstung samt Schwert, Bogen und Köcher am Leib trug, trat wieder zu ihnen. »Weiß er, wie …« Sie brach ab und deutete auf das Tor. »Was ist das?«
»Was?« Alarmiert folgte Athanor ihrem Blick.
»Geh zur Seite! Dein Schatten verdeckt es«, forderte sie und wollte ihn aus dem Weg schieben, doch dazu fehlte
Weitere Kostenlose Bücher