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Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition)

Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition)

Titel: Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Holz. Aber kräftig, unweiblich und kurz. Schade. Sie versuchte nach Jói zu schielen, der lange Beine sicher toll fand. Lange Beine und lange Haare. Ihre hatte sie kürzlich mal abgeschnitten, nun hingen sie genauso gleichgülig herunter wie vorher, aber nur noch bis zum Kinn. Ob seine Freundin... Sie nippte am Glas und schielte zu ihm herüber. Aber Jói starrte das Muster auf der Tischdecke an und pickte mit dem Finger Kuchenkrümel auf, die er dann sorgfältig auf den Teller schnippte. Sicher hatte sie Haare bis zum Po gehabt, die Freundin. Elías wischte den Teller mit seinem Finger aus und leckte die Sauce ab. Und Anna Bryndís – hatte Anna langes Haar gehabt? Lies stützte den Kopf auf die Hand und gab sich einem trägen Blick auf Jói hin.
    Er sah hoch. Und lächelte sie versonnen an.
    Der Qualm von Aris Pfeife zog durch die Küche. Er rauchte ein ziemlich herbes Kraut, irgendwie passte das zu dem brennivin . Alles passte heute Abend zusammen, auf seltsame, wunderbare, runde Weise …
     
    Jói hatte die Stühle nach draußen getragen, und nun saßen sie vor dem Haus und schauten den Sonnenaufgang an. Sonnenaufgang??
    » Jæja «, sagte Ari und rülpste. Mit dem Traktorschlüssel bohrte er sich hingebungsvoll im Ohr herum. »Jaaaa. Das war ja mal ein gutes Essen.« Er wischte den Schlüssel an der Hose sauber und saugte weiter an der mittlerweile erkalteten Pfeife.
    »Jaaaaa«, sagte Elías gedehnt.
    »Es gab da mal ein Essen in Seyðisfjöður«, sagte Ari wieder und streckte die Beine von sich. »Da sind alle krank geworden. Alle krank. Sogar der alte Hjörleifur Petursson. Und der war noch nie in seinem Leben krank gewesen. Sie hatten das Fleisch zweimal aufgetaut. Alle waren krank.«
    »Ach«, sagte Elías. »Hier wird niemand krank.«
    Zumindest nicht vom Essen. Das hatte sie ja gekocht. Lies grinste dümmlich vor sich hin und trank ihren Kaffee, den sie aufgesetzt hatte in der Hoffnung, dass davon der runde Küchentisch wieder eckig werden würde. Schwarz, stark und süüüüß… Der Kaffee war heiß und wirklich stark. Jói hatte ihr den Messlöffel aus der Hand genommen und sie leise gefragt, ob sie sich vergiften wolle. Sie war rot angelaufen und hatte nichts darauf sagen können.
    Das weiße Pferd galoppierte über die Weide, die Schafe, die am Haus geblieben waren, stoben erschreckt auseinander und blieben ebenso schnell wieder stehen, um den Feind anzugucken – wie Schafe das halt so machen. Hoch flog seine Mähne, es wieherte schrill und begrüßte den Morgen. Wie ein Wesen aus dem Reich der Träume – lodernder Schweif und schwarze Augen, so schwarz wie kleine Knöpfe... Die faltigen Berge auf der anderen Seite der Jökulsá schimmerten, als die Sonne hinter ihnen emporstieg. Sie war schon eine ganze Weile wach gewesen, hatte aber ein wenig unentschlossen hinter den Bergen gewartet. Oder war das ein Zeichen, dass die Tage kürzer wurden? Lies rieb sich die Augen.
    Das Pferd war hinter dem Hügel verschwunden, das Trommeln der Hufe hörte man jedoch immer noch. Sie seufzte. Bunter waren die Berge auch geworden, zum Grün hatten sich andere Farben hinzugesellt. Lila, wo die Heide blühte, und Tiefrot an einigen Hängen. Auf den Wiesen leuchtete es rosa, wo die Schafgarbe wuchs, und blütenweiß reckte sich Fingerkraut zwischen den Felsen hervor. Sie liebte diese Farben, weil sie das Tal so sanft machten. Das Tal selber war nämlich nicht sanft. Die Jökulsá, die das Tal durchschnitt, kam vom Vulkangletscher, und manchmal brummte dort die Gefahr. Die Sommerfarben halfen, das zu vergessen. Heute brummte nichts. Schon seit einigen Tagen brummte nichts mehr, das Tal war still geworden, als ob es auf etwas wartete.
    Sörli war zurückgekommen und wieherte langgezogen. Er lauschte, ob von irgendwoher Antwort kam. Ein kurzes, dichtes Fell war ihm in den letzten Tagen gewachsen. Weit war der Herbst nicht mehr weg, der Herbst und die Zeit, wo Lies vielleicht über Aufbruch nachdenken musste, weil ihr der Winter zu viel Angst machte …
    »Ein gutes Pferd hast du da, Elías Böðvarsson, ein gutes Pferd.« Weil er betrunken war, beugte Ari sich vor, als könne er Sörli dadurch besser sehen, was natürlich Unfug war.
    »Mancher tut so einiges für ein gutes Pferd. Weißt du das, Lämmerhirtin?« Mit glitzernden Augen sah er sie von der Seite an, stocknüchtern. »Ich erzähl dir eine Geschichte, Mädchen, damit du weißt, wie es zugeht in Island.«
    »Ach Ari«, brummte Jói. »Keine

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