Der letzte Liebesdienst
doch bestimmt auch noch was zu tun.«
»Wenn es nach Michael ginge, könnte ich auch noch hier übernachten.« Marianne rollte die Augen. »Ich dachte immer, schwule Männer hätten mehr außerhäusliche Interessen.«
»Da hast du wohl Pech gehabt mit deinem Chef.« Fiona schmunzelte. »Schau dich doch mal um und besorg ihm einen süßen Boyfriend, vielleicht ist er dann im Job weniger engagiert.«
»Wenn ich einen Typ süß finde, ist er garantiert nichts für Michael«, grinste Marianne. »Ich glaube nicht, dass wir denselben Geschmack haben.«
»Dann musst du wohl mit Michaels Arbeitswut leben oder kündigen«, stellte Fiona schulterzuckend fest. »Mehr Möglichkeiten sehe ich da nicht.«
»Da hast du wohl Recht.« Marianne schüttelte den Kopf. »Echt, die Kerle machen einem sogar noch Ärger, wenn sie schwul sind und man gar nichts von ihnen hat.«
»Da kann ich nicht mitreden«, erwiderte Fiona lachend. »Und nun lass Michael nicht länger warten, sonst kündigt er dir, bevor du ihm kündigen kannst.«
Marianne lachte, als ob das eine höchst absurde Vorstellung wäre. »Bis heute Abend dann!« Sie winkte Fiona noch einmal zu und lief dann die Treppe in die Redaktionsräume hinauf.
Fiona war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie kaum bemerkte, wie die Zeit verging. Plötzlich öffnete sich auf ihrem Bildschirm ein Pop-up-Fenster.
Wo bleibst du? stand da.
Fiona schaute auf die Uhr. Tatsächlich, es war schon nach sechs.
Sorry , schrieb sie zurück. Bist du schon zuhause?
Was denkst du denn? Marianne war offensichtlich nicht erbaut darüber, dass Fiona noch bei der Arbeit war. Ich warte, dass du mich abholst.
Muss nur noch schnell was fertig machen , schrieb Fiona in das Messenger-Fenster. Bin gleich da.
Na hoffentlich , schrieb Marianne zurück.
Fiona seufzte. Jetzt musste sie aber ganz eilig nach Hause, duschen, sich umziehen und so schnell wie möglich Marianne bei sich zuhause abholen. Sie würde schon schäumen. Es war ihr immer unbegreiflich, dass Arbeit Fiona vom Feierabend abhalten konnte. Marianne zählte jede Sekunde, bis die Uhr sie endlich entließ.
Marianne war immer noch ziemlich beleidigt, als sie endlich im Theater ankamen.
»Ach, komm schon«, sagte Fiona. »Wir sind schließlich noch rechtzeitig.«
»Gerade so.« Marianne blitzte sie an. »Ich hasse das.«
»Als ob du immer pünktlich wärst.« Fiona rollte die Augen zur Decke.
Marianne warf ihr nur einen Blick zu, der ganz eindeutig besagte: Wenn ich das mache, ist es ganz etwas anderes, als wenn du das machst .
Der Gong rief sie in den Theatersaal, und sie gingen hinein.
Bis zur Pause taute Marianne wieder auf, vor allem, weil sie sich nicht zurückhalten konnte, alle Lieder mitzusingen. Sie war anscheinend ein richtiger ABBA-Fan. Nach einer Weile strahlte sie Fiona immer mehr an.
Fiona war froh, dass sich die Sache von selbst regelte, denn Marianne konnte ganz schön zickig werden, wenn sie nicht ihren Willen bekam. Solange sie nur gute Freundinnen gewesen waren, hatte Fiona darüber gelacht, aber jetzt war es manchmal schon nervig.
Als Fiona in der Pause zur Toilette ging, dachte sie darüber nach, ob es tatsächlich eine gute Idee gewesen war, etwas mit Marianne anzufangen. Als Freundinnen hatten sie sich immer gut verstanden, und wenn Marianne sich darüber ausließ, wie schlecht Stefan sie behandelte, hatte Fiona stets auf Mariannes Seite gestanden. Mittlerweile hatte sie mehr Verständnis für Stefan.
Halb in Gedanken versunken stand sie in der Schlange, die sich wie immer bei solchen Anlässen vor der Damentoilette gebildet hatte. Sobald eine Frau die Toilette verließ, rückte die Schlange etwas vor.
Plötzlich hatte Fiona das Gefühl, dass eine der Frauen, die herauskamen, den Bereich nicht so zügig verließ wie die anderen vor ihr. Sie schaute auf. »Lara . . .« Es versetzte ihr einen ziemlichen Schock. Ihr Herz stolperte für einen Moment, als wollte es stehen bleiben.
»Fiona«, erwiderte Lara mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck, der nicht erkennen ließ, ob sie sich freute oder eher unangenehm berührt war.
Fiona räusperte sich. »Lange nicht gesehen.«
Lara schaute sie immer noch mit diesem undurchschaubaren Gesicht an, das fast wie versteinert wirkte. »Ja, ziemlich lange.«
»Geht es dir gut?« Fiona hätte fast geschluckt. Lara sah zumindest gut aus, mehr als gut. Sie trug ein Abendkleid, das fast etwas overdressed für ein Musical erschien, aber es stand ihr hervorragend, und ihre
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