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Der letzte Massai

Der letzte Massai

Titel: Der letzte Massai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Coates
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ihn besuchen, sobald die Schwellung an meinem Auge zurückgegangen ist.«
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragte Coll, nahm erneut ihre Hand und tätschelte sie. »Wie hat man Ihnen einen so schlimmen Schlag versetzen können?«
    »Der Polizist war wütend«, sagte sie. Zu ihrer Überraschung war Georges Handfläche ganz und gar nicht weich und sein Griff fester, als sie es sich vorgestellt hatte. »Vermutlich glaubte er, angegriffen zu werden, und hat blindlings zugeschlagen, ohne zu erkennen, wen er traf.«
    »Es gibt keine Entschuldigung für ein solches Verhalten! Die Polizei sollte in der Lage sein, unter diesen Bedingungen einen kühlen Kopf zu bewahren. Wir werden ihn verklagen.«
    »Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass ich ihn wiedererkennen würde, George. Es ging alles so schnell. Wie auch immer, es ist nun einmal geschehen.«
    Er war wirklich mit den Nerven fertig, dachte sie. Es war reizend, welch ein Aufhebens er um sie machte.
    »Dieser Vorfall beweist wieder einmal die völlige Gefühllosigkeit der Regierung gegenüber ihrem Volk. Ich spreche natürlich von den Asiaten und den Afrikanern. Nehmen wir doch zum Beispiel die Massai. Der Gouverneur ist darauf versessen, sie aus ihrem Reservat umzusiedeln.«
    »Oh«, fügte er hinzu und ließ ihre Hand los, um in seiner Jackentasche herumzukramen. »Norman hat mir eine Salbe für Sie gegeben. Ich soll sie auf den Bluterguss auftragen, damit er schneller heilt.«
    Er schraubte den Deckel auf.
    »Ich benötige ein wenig mehr Licht. Hier drüben ist es gut. Rutschen Sie herüber. Wenn Sie sich jetzt noch etwas zurücklehnen würden, Katherine.«
    Sie gehorchte, und George kniete sich neben sie auf das Sofa und blickte auf sie hinab, um ihr Auge genauer zu betrachten. Sie zuckte zusammen, als sein Finger über ihren Wangenknochen strich.
    »Es tut mir leid! Ich bin zu ungeschickt für so etwas. Ich hätte Norman mitbringen sollen.«
    »Ich finde, Sie machen das sehr gut, George.«
    »Wirklich?«, fragte er, lächelte erleichert und fuhr mit dem Auftragen der Salbe fort.
    »Ich war Zeugin eines einzigen Vorfalls«, sagte sie und dachte, wie sanft er die Salbe einrieb, »aber es veranlasst mich zu der Frage, ob der Gerechtigkeit an diesem Ort Genüge getan wird.«
    »Es ist wahrlich ermutigend zu erfahren, dass jemand die gleichen Gedanken hegt«, sagte er. »Glauben Sie, dass wir beide die Einzigen sind, die sich mit dieser Frage befassen?«
    Er war derart darin versunken, das Heilmittel auf ihre Haut zu streichen, dass er gar nicht bemerkte, wie sie ihn musterte. Seine Augen hatten eine viel wärmere Farbe und waren heller, als sie bislang angenommen hatte. Seine Zungenspitze schaute ein Stückchen zwischen den Lippen hervor, während er sie verarztete.
    »Fertig«, sagte er lächelnd. Ihre Blicke trafen sich, und sie senkte die Augen nicht, wollte nicht mehr länger vor ihm verbergen, wie aufmerksam sie sein Gesicht betrachtete.
    »Eher grün als grau«, sagte sie leise.
    »Wie bitte?«, fragte er, ohne sich zu rühren. Sie konnte die Wärme seines Atems spüren.
    »Ihre Augen. Sie sind eher grün als grau.«
    »Und Ihre sind …« Er lehnte sich ein wenig zurück, aber seine Hand blieb auf ihrer Schulter liegen. »Ihre sind blau, mit einer Spur von grün.«
    Er senkte den Kopf zu ihr herab, und ihre Lippen berührten sich. Es war ein sanfter Kuss, und seine Hand bewegte sich von ihrer Schulter zu ihrem Nacken, um ihn behutsam zu umfangen. Als die zarte Umarmung endete, wanderte seine Hand zu ihrer Wange und streichelte sie.
    Sie scheute sich, etwas zu sagen. Ihr Herz pochte so laut in ihrer Brust, dass sie Angst hatte, er könnte es hören. Der Augenblick hätte noch eine Ewigkeit andauern können, doch George wandte seinen Blick ab und brach damit den Zauber. Als er ihr das nächste Mal das Gesicht zuwandte, da hatte sich sein Ausdruck von Zuneigung in eine betrübte Akzeptanz von etwas verwandelt, das sie nicht verstand.
Bitte, nicht!,
dachte sie, hatte es womöglich sogar ausgesprochen, denn so stark war das Gefühl, das sie ergriff. Er rückte erneut von ihr ab, doch dieses Mal zog er sich zurück.
    »Es darf nicht sein«, brachte er mühsam hervor.
    »George …«
    »Ich sollte gehen, Katherine.«
    Er hastete auf die Tür zu, und sie folgte ihm dorthin, vermochte sie aber nicht für ihn zu öffnen. Stattdessen blieb sie einfach dort stehen und versuchte zu begreifen, was zwischen ihnen geschehen war, das ihn veranlasst hatte, sein Verhalten so dramatisch

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