Der letzte Massai
getötet hatten, trugen einen Kopfputz aus Löwenmähnen, andere, weniger vom Glück Begünstigte, mussten sich mit einem Kopfschmuck aus Straußenfedern begnügen.
Die Frauen hatten einen Mond lang benötigt, um die neunundvierzig Hütten und das in der Mitte gelegene Zeremonialhaus zu errichten. Alle sechshundert
Moran,
die an den vier Tage dauernden Festlichkeiten teilnahmen, stammten aus drei verschiedenen Altersgruppen, von denen eine jede Gruppe, abhängig vom Altersrang, den sie zukünftig einnehmen würde, ihren besonderen Teil zu der Zeremonie beitrug.
Die jüngste Gruppe bestand aus den kürzlich beschnittenen Männern. Sie würden die jüngeren
Moran
aus Ole Saderas Altersgruppe ersetzen. Es war ein erhebender Moment für sie, da sie nun für die nächsten Jahre und länger die Verantwortung der jungen Garde übernehmen würden.
Ole Saderas Altersgruppe, die Il Tuati, würde aufrücken und Mantiras Männer als ältere
Moran
ersetzen und damit von nun an als die weisen Häupter auf dem Schlachtfeld gelten, die den größten Einfluss bei der Vorbereitung von Kampftaktiken besaßen. Diese beiden jüngeren Gruppen hatten daher viel zu feiern.
Für die
Moran
aus Mantiras Altersgruppe war es manchmal eine traumatische Zeit, in der das Leben eine dramatische Wendung nahm. Es war bestenfalls ein Tag gemischter Gefühle. Wenn sie den Kriegerstand verließen und zu Älteren wurden, durften sie heiraten, einen Haushalt und eine Familie gründen. Sie erhielten ihre Rinder zurück, die oft während der Zeit, in der sie ihr Kriegerleben führten, von ihrer Familie in Verwahrung genommen worden waren. Sie vergrößerten ihre Herde durch Geschenke von Stammesmitgliedern und später dann mit den Rindern, die sie bei Raubzügen erbeuteten. Aber ihre Feierlichkeiten verliefen gemäßigt, da sie niemals wieder Mitglieder der Bruderschaft der Krieger sein würden – frei, allen möglichen Spielen zu frönen, für den Ruhm des Stammes zu kämpfen und, falls nötig, Krieg gegen diejenigen zu führen, die ihre Überlegenheit in Frage stellten. Sie würden nicht mehr durch ihren Mut und ihre Fertigkeiten im Kampf Ansehen innerhalb des Stammes erlangen, sondern durch ihren Reichtum und ihre Weisheit. In Zukunft gab es für sie keine Löwenjagd mehr, um sich zu beweisen. Sie mussten ihre Erfüllung in dem Respekt finden, der ihnen als Älteste entgegengebracht wurde.
Am Morgen des vierten Tages trafen sich Ole Sadera und Mantira bei Sonnenaufgang mit einer großen Zahl ihrer Waffengefährten an einem abgelegenen Wasserdurchlass, um sich ihre Oberkörper und Gesichter mit weißer Kalkfarbe anzumalen. Sie mischten roten Ocker mit Fett und trugen die Mischung auf ihre langen Beine auf, um anschließend, während sie noch feucht war, mit den Fingernägeln dekorative Muster hineinzuzeichnen. Jeder Krieger gab sich große Mühe, sich auf eine Weise zu schmücken, die die Aufmerksamkeit der jungen Frauen wecken würde, die kamen, um den Tanz der
Moran
anzuschauen. Im Fall von Mantiras Altersgruppe war es zudem eine Gelegenheit, die Aufmerksamkeit einer zukünftigen Ehefrau zu erregen.
Ole Sadera war im Besitz einer wichtigen Neuigkeit, die er aber nicht preisgeben durfte. Mantira war von seiner Altersgruppe zum
Aulononi
gewählt worden – zu dem Mann, der sie in den Ältestenstand führen sollte. Es war die größte Ehre, die einem
Morani
zuteilwerden konnte, sogar größer noch, als zum
Olaiguenani
bestimmt zu werden, denn der
Aulononi
vertrat die gesamte Zahl all derjenigen, die in die Gruppe der Ältesten übertraten.
Der
Morani,
der zum
Aulononi
gewählt wurde, musste ein außerordentlicher Krieger gewesen sein, von großer Statur, mit vollkommenen körperlichen Eigenschaften und von guter Gesundheit. Er musste von reinem Massai-Blut sein und durfte weder mit einer verheirateten Frau geschlafen noch einen Mann getötet haben, und beide Eltern mussten noch am Leben sein. Er durfte nicht mit einem Fluch oder einem bösen Omen belegt worden sein. Wenn ein Mann auch nur eine dieser Anforderungen nicht erfüllte, durfte er kein
Aulononi
werden.
Ole Sadera dachte grimmig, wie tröstlich es doch war, dass er niemals zum
Aulononi
seiner Altersgruppe ernannt werden konnte, da er keine dieser Anforderungen erfüllte.
Als
Aulononi
würde Mantira mit einem Mädchen aus einer hochangesehenen Familie verheiratet werden, dabei hatte er seine geliebte Sirita zu seiner ersten Ehefrau machen wollen. Das Mädchen, das für
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