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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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bringen. Schweigt, so lang Ihr könnt; und wenn Ihr sprecht, so wär’ es am klügsten, sogleich einen Eurer lauten Gesänge anzustimmen: Dies wird die Indianer daran erinnern, dass Ihr nicht so zurechnungsfähig wie andere Menschenkinder seid. Wenn sie Euch aber den Skalp abziehen, wiewohl ich hoffe und glaube, dass sie dies nicht tun werden, so verlasst Euch darauf, dass Uncas und ich es ihnen gedenken und Euch rächen, wie’s echten Kriegern und treuen Freunden ziemt.«
    »Halt!«, sprach David, als er merkte, dass sie ihn mit dieser Zusicherung verlassen wollten; »ich bin ein unwürdiger und geringer Nachfolger dessen, der nie den verdammlichen Grundsatz der Rache predigte. Sollte ich fallen, so bringt meinen Manen kein Opfer; verzeiht vielmehr meinen Verderbern; und wenn Ihr überhaupt an sie denkt, so sei es nur im Gebet um Erleuchtung ihres Geistes und um ihr ewiges Heil.«
    Der Kundschafter zögerte und schien in Nachdenken versunken.
    »Das ist ein Grundsatz«, sprach er, »nicht wie man ihn in den Wäldern hat, und doch schön und edel, und sehr beherzigenswert.« Mit einem schweren Sehnsuchtsseufzer, einem der Letzten vielleicht nach dem Leben, das er so lange schon verlassen hatte, fuhr er fort: »Ich möchte sehr gerne selbst ihm nachleben, als einer, der keinen unechten Blutstropfen in seinen Adern hat; er ist aber nicht immer so leicht bei einem Indianer zu befolgen, wie bei einem Mitchristen. Nun, Gott segne Euch, Freund; Ihr seid, glaub ich, nicht eben auf einer falschen Fährte, betrachtet man die Sache recht, wenn Ihr die Ewigkeit Euch immer vor Augen haltet. Freilich kommt viel auf die Naturgaben an und die Stärke der Versuchung.«
    Mit diesen Worten kehrte der Kundschafter um und schüttelte David herzlich die Hand. Nach dieser Freundschaftsbezeigung verließ er, von dem neuen Darsteller des Bären begleitet, die Hütte.
    Sobald sich Falkenauge unter den Augen der Huronen befand, richtete er seine hohe Gestalt nach der unbeholfenen Weise Davids empor, reckte seinen Arm aus, als ob er den Takt angeben wollte und begann eine Art Nachahmung seines Psalmengesangs. Zum Glück für den Erfolg dieses misslichen Versuchs hatte er es mit Ohren zu tun, die an den süßen Wohlklang harmonischer Töne wenig gewöhnt waren: Sonst hätte sich dieses klägliche Beginnen unfehlbar entdeckt. Sie mussten in eine gefährliche Nähe mit der dunklen Gruppe der Wilden gelangen, und je mehr sie heranschritten, desto lauter ertönte des Kundschafters Stimme. Als sie zunächst an den Feinden waren, streckte der Hurone, welcher Englisch sprach, den Arm aus und hielt den vermeintlichen Singmeister an.
    »Der Hund von Delaware –«, sprach er, sich vorwärts lehnend, um den Ausdruck des andern durch das Dämmerlicht zu erkennen, »fürchtet er sich? Werden die Huronen Seufzer von ihm hören?«
    Ein so entsetzliches natürliches Brummen aber erscholl in diesem Augenblick aus dem Bärenrachen, dass der junge Indianer seinen Mann losließ und zur Seite fuhr, als wollte er sich erst überzeugen, ob, was vor ihm hertrollte, ein wirklicher Bär oder eine Nachahmung sei. Falkenauge, in der Furcht, seine Stimme möchte ihn den schlauen Feinden verraten, benützte die Unterbrechung mit Freuden zu einer neuen musikalischen Produktion, die in der Sprache der verfeinerten Gesellschaft ohne Zweifel ein Höllenlärm genannt worden wäre. Bei seinen jetzigen Zuhörern aber gab es ihm nur einen Anspruch mehr auf die Achtung, welche sie solchen, die ihrer Meinung nach geisteswirr sind, nie versagen. Der kleine Indianerhaufen zog sich zugleich zurück und ließ den vermeintlichen Beschwörer mit seinem begeisterten Gehilfen weiterziehen.
    Es war keine geringe Aufgabe für Uncas und des Kundschafters Seelenstärke, den langsamen, gravitätischen Schritt beizubehalten, den sie längs der Wohnhütten angenommen hatten, besonders, als sie gleich darauf gewahrten, dass die Neugierde bei den Wächtern die Oberhand über die Furcht gewonnen hatte, sodass sie sich der Hütte näherten, um Zeugen der Wirksamkeit der Bezauberungen zu sein. Die geringste unüberlegte oder ungeduldige Bewegung Davids konnte sie verraten, und für die Sicherheit des Kundschafters bedurfte es notwendig einiger Zeit. Der laute Gesang, den der Letztere geraten fand fortzusetzen, zog verschiedene neugierige Gaffer unter die Türen der Hütten, an denen sie vorübergingen, und ein- oder zweimal führte Aberglaube oder Wachsamkeit einen finsterblickenden Krieger quer

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