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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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eingeladen, um mir, wie er sagt, weitere Aufschlüsse zu geben. Nun denke ich, würd’ es nicht sehr weise sein, wenn ich ein zu großes Verlangen zeigte, ihn zu sprechen, und ich könnte Sie, einen Offizier von Rang, zu meinem Stellvertreter nehmen: Denn es würde Schottland keine Ehre bringen, wenn es hieße, eines seiner Kinder habe sich von dem Eingeborenen eines anderen Landes an Höflichkeit übertreffen lassen.«
    Ohne sich in eine überflüssige Erörterung oder Vergleichung der Höflichkeitsverdienste dieser oder jener Nation einzulassen, erklärte sich Duncan mit Freuden bereit, bei der bevorstehenden Unterredung die Stelle des Veteranen zu vertreten. Ehe er sich verabschiedete, folgte eine lange, vertrauliche Mitteilung, in welcher der junge Mann von dem, was ihm oblag, noch genau unterrichtet wurde, wie es eben die Erfahrung und der eigentümliche Scharfsinn seines Obern eingeben mochte. Da Duncan nur als der Stellvertreter des Befehlshabers auftrat, so fielen natürlich die Förmlichkeiten, welche eine Unterredung der Häupter beider feindlicher Streitkräfte begleitet hätten, weg. Der Waffenstillstand dauerte noch fort, und unter dem Wirbeln der Trommeln trat Duncan, von einer kleinen weißen Fahne begleitet, zehn Minuten nach dem Empfang seiner Verhaltungsbefehle aus dem Ausfalltor. Er wurde von dem Offizier, der die Vorposten befehligte, mit den gewöhnlichen Förmlichkeiten empfangen und sogleich zu dem entfernten Zelte des berühmten Kriegsmanns geführt, der an der Spitze des französischen Heeres stand.
    Der feindliche General empfing den jugendlichen Abgesandten, umgeben von seinen hohen Offizieren und einer dunklen Schar indianischer Häuptlinge, welche ihn mit den Kriegern ihrer verschiedenen Stämme in das Feld begleitet hatten. Heyward stand einen Augenblick still, als seine Augen mit einem flüchtigen Blicke über die dunkle Gruppe der Letzteren schweiften und den boshaften Zügen Maguas begegneten, welcher ihn mit der diesem Wilden eigenen, ruhigen, aber düsteren Aufmerksamkeit betrachtete. Ein Ausruf des Erstaunens wollte den Lippen des jungen Mannes entschlüpfen; schnell erinnerte er sich aber seines Auftrags und seiner Umgebung, und jeden Schein von Aufregung unterdrückend, wandte er sich gegen den feindlichen Anführer, der ihm bereits einen Schritt entgegengetreten war.
    Der Marquis von Montcalm stand in der Zeit, von welcher wir schreiben, in der Blüte seiner Jahre und, könnte man hinzusetzen, im Zenit seines Glückes. Aber selbst in dieser beneidenswerten Lage war er leutselig und zeichnete sich ebensowohl durch seine Aufmerksamkeit gegen die Gesetze der Höflichkeit als durch jenen ritterlichen Mut aus, der ihn schon zwei Jahre später auf den Ebenen von Abraham das Leben verlieren ließ. Duncans Auge wandte sich von der boshaften Miene Maguas ab und heftete sich mit Vergnügen auf die lächelnden, feinen Züge und den edlen, kriegerischen Anstand des französischen Anführers.
    »Mein Herr«, sprach Letzterer, »es macht mir viel Vergnügen, dass – aber wo ist der Dolmetscher?«
    »Ich glaube, er wird uns entbehrlich sein«, erwiderte Heyward bescheiden, »ich spreche ein wenig Französisch.«
    »Ah! Das ist mir lieb«, sprach Montcalm, indem er Duncan vertraulich unter dem Arme nahm und ihn in die Tiefe des Zeltes führte, wo sie sich eher besprechen konnten, ohne gehört zu werden. »Ich hasse diese Schelme, man weiß nicht recht, woran man mit ihnen ist.«
    »Nun, mein Herr«, fuhr er fort, immer noch Französisch sprechend, »obgleich ich stolz darauf gewesen wäre, Ihren Chef bei mir zu empfangen, so schätze ich mich dennoch glücklich, dass er es geeignet fand, einen so ausgezeichneten und sicher ebenso liebenswürdigen Offizier an mich abzuordnen.«
    Duncan verbeugte sich tief, denn er nahm die Schmeichelei gerne hin, obgleich er den heroischen Entschluss gefasst hatte, sich durch keinen Kunstgriff betören zu lassen, die Interessen seines Fürsten außer Acht zu setzen. Montcalm fuhr, nachdem er einen Augenblick geschwiegen hatte, als ob er seine Gedanken sammeln wollte, fort:
    »Ihr Kommandant ist ein wackerer Mann und wohl versteht er, meine Angriffe abzuschlagen. Aber ist es nicht Zeit, der Menschlichkeit mehr als dem Mute Gehör zu geben? Jene ziert den Helden ebenso wie diese.«
    »Wir halten diese Eigenschaften für unzertrennlich«, versetzte Duncan lächelnd, »während wir aber in der Energie Eurer Exzellenz alle Aufforderung finden, diesen zu beleben,

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