Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
Sie wissen werden, von unserem Danke und unseren Segnungen«, setzte die ernstere, besonnenere Cora hinzu. »Wirklich haben wir uns ein wenig gewundert, dass Sie sich so streng von einem Orte entfernt hielten, wo die Dankbarkeit der Töchter in der des Vaters Unterstützung gefunden hätte.«
»Ihr Vater selbst konnte Ihnen sagen, dass ich, obgleich von Ihnen entfernt, um Ihre Sicherheit stets bekümmert war«, erwiderte der junge Mann. »Um den Besitz des Dorfs von Hütten dort«, – er wies auf das benachbarte verschanzte Lager, »ist indessen lebhaft gestritten worden. Wer dieses besitzt, ist bald auch im Besitze des Forts und alles dessen, was sich darin befindet. Meine Tage und Nächte sind seit unserer Trennung dort vergangen, weil ich glaubte, dass meine Pflicht mich dahin riefe. Aber«, fuhr er mit einer Miene des Unmuts fort, den er vergeblich zu verbergen suchte, »aber hätte ich geglaubt, dass Soldatenpflicht so ausgelegt werden könnte, so wäre Scham noch zu der Zahl meiner Gründe gekommen!«
»Heyward! – Duncan!«, rief Alice, sich vorwärts beugend, um in sein halb abgewandtes Anlitz zu sehen, bis eine Locke ihres goldenen Haars auf ihrer Wange ruhen blieb und die Träne verbarg, die ihrem Auge entquoll; »könnte ich glauben, dass diese geschwätzige Zunge Ihnen wehe getan, so wollte ich sie zu ewigem Stillschweigen verdammen. Cora mag sagen, wenn sie will, wie hoch wir Ihre Dienste geschätzt haben, und wie innig, wie inbrünstig unsere Dankbarkeit ist.«
»Und wird Cora die Wahrheit davon bezeugen?«, rief Duncan, indes ein Lächeln innigen Vergnügens die Wolken des Missmuts von seiner Stirne trieb. »Was sagt unsere ernste Schwester? Wird sie für die Vernachlässigung des Ritters eine Entschädigung in der Pflicht des Soldaten finden?«
Cora antwortete nicht sogleich, sondern wandte ihr Gesicht auf das Wasser, als ob sie beobachtete, was auf dem Horican vorgehe. Als sie ihr dunkles Auge auf den jungen Mann richtete, lag ein solcher Ausdruck von Bangigkeit darin, dass er jeden anderen Gedanken als den herzlicher Besorgnis aus seinem Gemüte verdrängte.
»Sie sind nicht wohl, teuerste Miss Munro?«, rief er, »wir konnten scherzen, während Sie leiden!«
»Es ist nichts«, antwortete sie, indem sie seinen angebotenen Arm mit weiblicher Zurückhaltung ablehnte. »Dass ich das Leben nicht von seiner Sonnenseite betrachten kann wie diese harmlose, glühende Schwärmerin«, fuhr sie fort, indem sie ihre Hand leicht, aber zärtlich auf den Arm ihrer Schwester legte, »ist die Schuld der Erfahrung und vielleicht ein unglücklicher Zug meines Wesens. Sehen Sie«, fügte sie hinzu, als wollte sie aus Pflichtgefühl sich aller Schwäche entledigen, »blicken Sie um sich, Major Heyward, und sagen Sie mir, welche Aussicht dies ist für die Tochter eines Soldaten, dessen größtes Glück seine Ehre und sein Kriegsruf ist.«
»Beide sollen und können nicht befleckt werden durch Umstände, denen er nicht gebieten kann«, erwiderte Duncan mit Wärme. »Aber Ihre Worte rufen mich zu meiner eigenen Pflicht zurück. Ich gehe jetzt zu Ihrem ritterlichen Vater, um seinen Entschluss in Dingen von höchster Wichtigkeit, unsere Verteidigung betreffend, zu vernehmen. Gott segne Sie in jeglichem Geschick, edle Cora – denn so kann und muss ich Sie nennen.« Sie reichte ihm frei die Hand, obgleich ihre Lippe bebte, und ihre Wangen allmählich eine Totenblässe überzog. »In jeglichem Geschick werden Sie, ich bin’s gewiss, eine ehrenreiche Zierde ihres Geschlechtes sein. – Alice, adieu!« Sein Ton ging von Bewunderung in Zärtlichkeit über. »Adieu, Alice; wir werden uns bald wiedersehen, als Sieger hoffe ich, und unter Freudenbezeugungen!«
Ohne die Antwort einer der Schwestern zu erwarten, eilte der junge Mann die Rasenstufen der Bastion hinab, mit raschen Schritten über den Paradeplatz und stand nach kurzer Weile vor ihrem Vater. Munro ging, als Duncan eintrat, mit unruhiger Miene und Riesenschritten in dem engen Zimmer auf und nieder.
»Sie sind meinen Wünschen zuvorgekommen, Major Heyward«, sagte er, »ich wollte Sie eben um die Ehre Ihres Besuches bitten lassen.«
»Mit Bedauern sah ich den Boten, den ich so warm empfohlen, unter dem Gewahrsam der Franzosen zurückkehren! Ich hoffe, Sie haben keinen Grund, in seine Treue Zweifel zu setzen.«
»Die Treue der ›Langen Büchse‹ ist mir wohl bekannt«, versetzte Munro, »und über allen Zweifel erhaben; aber sein gutes Glück scheint ihn
Weitere Kostenlose Bücher