Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
Ziel: den Kampf mit Roland, dem Anführer der Franken, der für den Fall ihrer Stadt Iruña verantwortlich war und der als der größte Held seines Volks galt. Ihn zu töten würde einen Krieger unsterblich machen – ihn und die restlichen Paladine, die vielleicht noch lebten.
Die Krieger rannten den Pfad entlang und unter den Bäumen hindurch und stürmten von den Hängen herab. Sie sprangen über Felsen, überwanden Sperren und stürmten durch den Bach. Sie wurden von Pfeilen an Bäume genagelt, spießten sich selbst auf Lanzen und rannten in Äxte, die von plötzlich aus Verstecken auftauchenden Franken geschwungen wurden. Sie fielen zu Dutzenden auf den ersten zweihundert Schritten, aber sie waren ausgeruht und rachedurstig, und für ihre Gegner, die schlecht geschlafen und nicht viel gegessen hatten, war es der dritte Kampftag in Folge. Sie ließen nicht nach. Sie drängten vorwärts. Sie stiegen gleichermaßen über die Leichen ihrer Kameraden und die ihrer Feinde, sie rutschten im Blut und in Eingeweiden aus und verfingen sich in Händen, die sich in Agonie um ihre Beine krallten, sie stolperten über Tote und Körperteile. Von ihren Händen, von ihren Gesichtern troff das Blut, ihre Arme wurden schwer und ihre Beine lahm von der Anstrengung, aber sie kämpften sich voran, Schritt um Schritt, von allen Seiten in Richtung Talkessel. Sie hieben auf Schilde und, wenn diese zerbrachen, auf Panzerhemden ein, und langsam, aber unerbittlich rückten sie auf einer breiten Spur stinkenden, klebrigen Bluts bis zum Herzen des Lagers vor.
Rolands Zelt war das Herz des Lagers, auch wenn es nicht in seiner Mitte stand. Der Ring aus Verteidigern zog sich dort zusammen. Längst kämpften die Franken Schulter und Schulter, in zwei, drei Reihen; wenn vorne einer fiel, rückte der Nächste nach. Das Gelände war zu uneben, um einen Schildwall zu bilden, aber wo es ging, schützten die Krieger ihren Nebenmann mit ihrem Schild und wurden seinerseits vom nächsten Nebenmann geschützt.
Die Franken scharten sich um die wenigen Anführer, die noch lebten.
Beggo von Septimània hatte versucht, den Pfad zu blockieren, hatte einen kleinen Wall aus einem halben Dutzend, dann einem Dutzend getöteter oder schwer verletzter Vasconen um sich und war als Letzter von seiner Schar noch am Leben, als ihn die Kräfte verließen und die Vasconen über ihn herfielen und ihn mit Prügeln und Steinen erschlugen. Gerbert de Rosselló hatte es geschafft, mit seinen Männern den Sturmangriff zu überstehen, und koordinierte das letzte Gefecht vom Zentrum des Verteidigungskreises, Schulter an Schulter mit einem Mann, der nur einen Arm hatte, dem das Blut durch die Bandagen über zwei frischen Pfeilwunden sickerte und der in einer Sprache Verwünschungen brüllte, die Gerbert als maurisch erkannte, aber er fragte sich nicht, was das zu bedeuten hatte, denn der Mann kämpfte an seiner Seite und gegen den Feind. Als der Einarmige mit einem Speer im Hals plötzlich fiel, stellte sich Gerbert wie selbstverständlich über den Sterbenden, um zu verhindern, dass seine letzten Atemzüge unter den trampelnden Füßen der heranrückenden Vasconen zu Ende gingen. Er verteidigte den unbekannten Waffengefährten immer noch, als er unter den Schwerthieben seiner Gegner zu Boden sank.
Turpin, dem ein Pfeil in der Schulter steckte und der es nicht einmal zu bemerken schien, blickte seinen letzten verbliebenen Waffenbruder an und wies auf den Olifant. »Einmal wenigstens sollte er erklingen, oder nicht? Ich würde nicht gern ganz sang- und klanglos untergehen.«
»Er gibt keinen Ton von sich. Er ist gespalten.«
»Ich glaube, ein Ton ist noch in ihm. Streng dich gefälligst ein bisschen an, wenn du schon an meiner Seite sterben willst.«
Der Ruf des Olifant hallte durch den noch immer jungen Morgen. Er hallte zwischen den Wänden des Passes und brach sich an den Baumstämmen. Er stieg empor in den tiefblauen Himmel, er rollte über die Kuppen der Hänge. Er war schrill, weil das Horn, aus dem er stammte, einen Spalt hatte, und weil die Lunge, aus der die Luft für ihn stammte, an der Anstrengung beinahe zerbarst.
Auf Burg Roncevaux hörte ihn Hunald, der keuchend auf dem Wehrgang hin und her rannte und nicht wusste, wie lange er die angreifenden Vasconen noch würde davon abhalten können, ihre Baumstammramme gegen das südliche Tor einzusetzen. In Arimas Kammer hörte ihn der sterbende Ganelon und begann zu schluchzen, weil er wusste, aus welchem Horn der
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