Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
Schlüsselfigur!‹
Afdza platzte in das Stadthaus, das nur ein paar Gassen von Suleimans Palast entfernt war, wie eine Naturgewalt auf zwei Beinen. Der erste Wächter, der sich ihm entgegenstellte, sank mit gebrochenem Kiefer auf die Knie, der zweite krümmte sich nach einem Tritt zwischen die Beine zusammen, noch während der Helm des ersten über den Innenhof rollte. Die anderen Wachen hielten Abstand, von Afdzas Auftritt zum Respekt genötigt, vor allem aber weil sie in dem wutschnaubenden Eindringling den geheimnisvollen Einäugigen erkannten, der das Vertrauen des Statthalters besaß.
Afdza packte den Mann, dem er ins Gemächt getreten hatte, und zog ihn zu sich hoch. »Wo ist dein Herr?«, brüllte er in dessen verzerrtes Gesicht.
»Oben …«, röchelte der Wächter.
Afdza eilte die Treppe hinauf, gefolgt von Chlodwig, der das Schwert, welches ihm Afdza vor wenigen Minuten geschenkt hatte, kampfbereit in der Faust hielt. Afdza selbst war unbewaffnet gekommen, so wie er die Audienz bei Suleiman verlassen hatte. Er spürte die verwirrten Blicke der Wachen im Nacken und fragte sich, ob es nicht besser gewesen wäre, ein paar von seinen eigenen Männern aus dem Statthalterpalast mitzubringen, aber Eile war ihm wichtiger gewesen als Vorsicht.
Die Stadthäuser der reichen Kaufleute von Medina Barshaluna folgten alle ungefähr demselben Muster, das sich stark an die Architektur des Palastes anlehnte. Da die Händler während der Reisesaison ständig unterwegs waren, vermieteten sie ihre Häuser gerne an den Statthalter, der wiederum seine Gäste dort einquartierte. Die Zimmer im ersten Geschoss erwiesen sich als leer, Afdza schreckte lediglich einige Dienstboten auf. Erst als er zuletzt mit Schwung die Zimmer zum Baderaum aufstieß, wurde seine Suche belohnt.
Abu Taur sprang auf und stieß dabei die junge, halbnackte Frau beiseite, die zu seinen Füßen gekauert und Abus Fußnägel bearbeitet hatte. Ein kleines Tischchen mit einem Tablett voller Datteln, Feigen und einem verspielten Messer stürzte um, das Obst flog durch die Luft. Afdza brauchte ihm nicht einmal eine Anschuldigung entgegenzuschleudern; dass der Wali von Wasqah ein Schwert ins Bad mitgenommen hatte und es nun an sich raffte, verriet ihm mehr als alle Worte. Afdza schlug ihn mit der Faust in den Bauch, und als Abu Taur zusammenklappte und das Schwert verlor, zerrte er ihn am Kragen des langen Seidenrocks wieder in die Höhe und schob ihn vor sich her, bis Abu Taur mit dem Rücken an die Wand prallte. Sein Hinterkopf schlug dagegen. Abu Taur keuchte. Der Seidenstoff seines Gewands riss mit einem langen Seufzer, aber Afdza hielt den Delegationsleiter, der wie alle maurischen Fürsten durchtrainiert und sehnig war, mit der schieren Kraft seiner Wut gegen die Wand gepresst.
»Lass die Mädchen nicht raus!«, rief Afdza über die Schulter zu Chlodwig, der mit offenem Mund dastand. Neben der Sklavin, die sich um Abu Taurs Pediküre gekümmert hatte, waren noch zwei weitere junge Frauen im Bad. Alle drei trugen nur ein Tuch, das sie um die Hüften gewickelt hatten.
»Was … soll das?«, brachte Abu Taur hervor.
»Wo ist der Sachse?«, fragte Afdza.
»Ich sehe nur den, den du aus dem Frankenreich mitgebr…«, begann Abu Taur. Mit einem Stöhnen stieß er die Luft aus, als Afdza ihm erneut seine Faust in den Leib rammte, und sackte zusammen. Dann kam er plötzlich auf die Beine, das juwelenglitzernde Obstmesser in der Faust. Afdza vollführte die Bewegungen, mit denen er in der Karlsburg Rolands Schwert gegen ihn selbst gelenkt hatte, beinahe ohne hinzusehen. Abu Taur sank erneut auf die Knie. Ungläubig starrte er nach unten. Er hatte sich mit Afdzas Hilfe das Messer durch die linke Hand gerammt. Sein Mund öffnete sich zu einem panischen Schrei, der von einem Ächzen erstickt wurde, als Afdza das Messer mit einem Ruck herauszog und wegwarf. Blut begann aus der Wunde zu pumpen. Afdza packte den Statthalter an den Haaren.
»Keine Scherze mehr, Herr «, sagte Afdza. »Chlodwig, sperr die Mädchen in den Schwitzraum und bewach die Tür!«
Chlodwig musste nicht viel tun: Die drei Mädchen flüchteten aus freien Stücken in die Schwitzkammer. Der junge Sachsenkrieger blockierte die Tür mit einer Sitzbank und rannte dann zum Eingang des Bads.
»Der Erste, der reinkommen will, ist ein toter Mann, egal wer es ist«, befahl Afdza. »Wenn es der Majordomus mit einem Krug Wein sein sollte, hat er Pech gehabt.«
Chlodwig nickte.
Abu Taur, der die
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