Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
freie Hand auf seine Wunde presste, stöhnte: »Du machst dich unglücklich, Sidi.«
»Ich bin schon unglücklich, Herr, und zwar deshalb, weil ich Verrat entdeckt habe! Wo ist der Sachse?«
»Er ist weg«, sagte Abu Taur.
»Und wohin?«
»Wie soll ich das wissen? Er hat sich an mich herangemacht, aber ich habe ihn abgewiesen. Er wird Medina Barshaluna wieder verlassen haben.«
Afdza trat einen Schritt zurück, und Abu Taur sank überrascht und mit erleichterter Miene in sich zusammen. Doch Afdza hatte sich nur Raum verschafft. Er drehte Abu Taur den rechten Arm auf den Rücken und zerrte den erschrocken Aufschreienden zum Becken. Dort zwang er ihn in die Knie, krallte eine Hand in Abus langes Haar und tauchte seinen Kopf unter Wasser. Abu Taur begann zu zappeln, doch Afdzas Griff war eisern.
»Da kommen welche!«, rief Chlodwig und packte das Schwert fester.
»Wie viele?«
»Ein halbes Dutzend, Herr!«
»Verdammt! Tritt beiseite!«
Abu Taurs Wachen platzten ins Bad und blieben wie angewurzelt stehen, als sie ihren Herrn in sein eigenes Badewasser getaucht sahen, offensichtlich damit beschäftigt zu ertrinken.
»Ich bin Afdza Asdaq!«, brüllte Afdza den Wachen entgegen und drückte Abu Taur unbarmherzig weiter unter die Wasseroberfläche. Das heiße, parfümierte Wasser spritzte und schäumte und färbte sich immer rosiger vom Blut aus Abu Taurs Wunde.
»Ich bin die rechte Hand von Suleiman ibn al-Arabi und auf seinen Befehl hier! Wer gegen mich einschreitet, erhebt sich gegen den Statthalter!«
Die Wachen wechselten Blicke.
»Haut ab!«, brüllte Afdza.
Die Männer rempelten sich gegenseitig an beim Versuch, als Erster wieder draußen zu sein.
»Steh weiter Wache!«, sagte Afdza zu Chlodwig. »Die Anweisung von vorhin gilt immer noch.« Dann zog er Abu Taur, dessen Bewegungen krampfartig geworden waren, wieder aus dem Wasser. Der Delegationsleiter holte würgend Luft und erbrach dann einen galligen Wasserstrahl in das Becken. Krämpfe schüttelten ihn. Afdza, die Hand immer noch in Abus Haar, drehte ihm den Kopf herum, bis der Delegationsleiter ihn anschielen konnte.
»Ich bin kein Folterknecht«, sagte er. »Deshalb werde ich das, was ich eben gemacht habe, nicht wiederholen. Aber ich bin, wenn es sein muss, Suleimans Henker. Beim nächsten Mal, wenn ich dich in dieses Wasser tauche, lasse ich dich ertrinken. Hast du mich verstanden?«
Abu Taur nickte. Rotz und Speichel rannen zusammen mit dem duftenden Wasser über sein Gesicht.
»Ich habe wenig Zeit. Also hör mir zu. Am Ende kannst du mir sagen, ob ich richtig oder falsch liege. Scurfa hat uns bei Susatum nicht überfallen, um die Franken zu ärgern. Es ging ihm nur um einen einzigen Menschen – Arima Garcez, die Schlüsselfigur bei diesem politischen Ränkespiel. Wer Arima hat, hat Roncevaux. Nach dem Misslingen seines Plans ist Scurfa geflohen; nicht zu seinen eigenen Leuten, nicht irgendwohin in die Wildnis, sondern ausgerechnet nach Medina Barshaluna. Das hätte er nicht getan, wenn er hier nicht einen Verbündeten hätte, einen, der den Überfall erst mit ihm ausgeheckt hat, einen, der die sächsischen Rebellen für seine eigenen Pläne einsetzt, nämlich dich! So weit richtig?«
Afdza wartete nicht auf die Antwort Abu Taurs. Er war sicher, dass er sich nicht irrte. Und er verfluchte sich dafür, auf der ganzen Reise so von Arima bezaubert gewesen zu sein, dass ihm Abu Taurs Machenschaften entgangen waren. Sicher war der Delegationsleiter extrem vorsichtig gewesen, aber normalerweise hatte Afdza einen Instinkt für Verrat. Doch diesmal hatten sich all seine Sinne Arima zugewandt. Er war blind und taub gewesen. Der eigentliche Verräter an den Plänen seines Herrn war er, Afdza Asdaq.
»Du hast die Bräuche der Franken genauso studiert wie ich. Und als du gehört hast, dass Arima Garcez verheiratet werden soll, hast du eine Möglichkeit gesehen, deine Pläne weiter zu verfolgen – selbst Herr über Roncevaux zu werden. Der Besitz der Burg ist bedeutungslos ohne ihre Herrin, und du weißt, dass Arima sich vermutlich bald nach unserem Aufbruch auf den Weg in ihre Heimat gemacht hat, um sie für die Übergabe an ihren zukünftigen Ehemann vorzubereiten. Arima hat keine Eltern mehr, ihr Vormund ist König Karl, und seine Morgengabe für sein Mündel ist die Burg. Deshalb ist Scurfa mit seinen Rebellen – und zweifellos einem Haufen von dir angeworbener maurischer Söldner – auf dem Weg nach Roncevaux, um Arima ein zweites Mal
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