Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Ford. Mit der amerikanischen Fahne auf der Seite. Glauben Sie, Sie kriegen das hin?«
»Vielleicht. Und wenn nicht?«
Ich antworte nicht. Es ist nicht nötig. France kennt die Antwort.
Zu den verblüffendsten Auswirkungen des Asteroiden gehörten – aus der Sicht des Gesetzeshüters – die von ihm verursachten Spitzenwerte beim Drogenkonsum und bei der Drogenkriminalität. Die Nachfrage nach jeder Kategorie von Rauschgift, nach Opiaten, Ecstasy und Metamphetamin, nach Kokain in all seinen Varianten explodierte. In Kleinstädten, braven Vororten, ländlichen Gemeinden, überall – sogar in mittelgroßen Städten wie Concord, die früher nie größere Probleme mit der Drogenkriminalität gehabt hatten. Ende letzten Jahres entschied sich die Bundesregierung nach einigem Hin und Her im Sommer und Herbst, eine entschlossene und kompromisslose Law-and-Order-Politik zu verfolgen. Das SSVE -Gesetz beinhaltete Regelungen, die jeden, der beschuldigt wurde, kontrollierte Substanzen jeglicher Art einzuführen, zu verarbeiten, anzubauen oder zu vertreiben, seiner Habeas-Korpus-Rechte und anderer Schutzvorkehrungen eines ordnungsgemäßen Verfahrens beraubten.
Diese Maßnahmen wurden für nötig gehalten, um »in der verbleibenden Zeit bis zum Einschlag die Gewalt einzudämmen, die Stabilität zu erhalten und produktive wirtschaftliche Aktivitäten zu fördern«.
Ich persönlich kenne den vollständigen Text der Gesetze.
Der Motor ist ausgeschaltet, die Scheibenwischer stehen still, und ich sehe zu, wie sich auf der Windschutzscheibe graue, unregelmäßige, schräge Schneekleckse bilden.
»Na schön, Mann, na schön«, sagt er. »Ich finde raus, wer den Pick-up in Schwung gebracht hat. Geben Sie mir eine Woche.«
»Ich wünschte, das könnte ich, Victor. Morgen rufe ich Sie an.«
»Morgen?« Er stößt einen übertriebenen Seufzer aus. »Arschloch.«
Die Ironie liegt darin, dass Gras die einzige Ausnahme ist. In dem bisher erfolglosen Versuch, die Nachfrage nach den härteren und gesellschaftlich destabilisierenderen Drogen zu dämpfen, ist der Konsum von Marihuana legalisiert worden. Und die fünf Gramm, die ich bei Victor France gefunden habe, hätten zweifellos für seinen persönlichen Bedarf gedacht gewesen sein können, nur dass ich sie entdeckt habe, weil er sie mir verkaufen wollte, als ich an einem Samstagnachmittag vom Somerset Diner nach Hause ging. Da eine Festnahme unter diesen unklaren Umständen im Ermessen des Officers liegt, habe ich beschlossen, in France’ Fall darauf zu verzichten – unter bestimmten Bedingungen.
Ich könnte Victor France nach Titel VI für sechs Monate einbuchten, das weiß er, und deshalb gibt er schließlich einen lang gezogenen, erregten Laut von sich, ein raues Seufzen.
Sechs Monate sind hart, wenn sie die ganze Zeit sind, die einem noch bleibt.
»Eine Menge Cops quittieren den Dienst, wissen Sie«, sagt France. »Gehen nach Jamaica und so weiter. Schon mal drüber nachgedacht, Palace?«
»Ich melde mich morgen.«
Ich beende das Gespräch, lege das Handy ins Handschuhfach und lasse den Wagen an.
Niemand – nicht einmal diejenigen von uns, die das achthundertseitige Gesetz von vorn bis hinten durchgelesen, Sachen unterstrichen und Anmerkungen reingekritzelt und ihr Bestes getan haben, bei den diversen Änderungen und Zusätzen auf dem Laufenden zu bleiben – ist hundertprozentig sicher, was genau die »Vorbereitungs«-Teile des SSVE sein sollen. McGully sagt gern, dass sie irgendwann gegen Ende September anfangen werden, Regenschirme auszuteilen.
»Ja?«
»Oh, Verzeihung. Ist da … ist da Belknap and Rose?«
»Ja.«
»Ich habe eine Bitte.«
»Machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen. Hier ist nicht mehr viel übrig. Wir sind zweimal ausgeraubt worden, und unsere Großhändler haben sich so gut wie alle verabschiedet. Wenn Sie herkommen und nachsehen wollen, was noch da ist, ich bin an den meisten Tagen hier.«
»Nein, entschuldigen Sie, ich bin Detective Henry Palace vom Concord Police Department. Haben Sie Kopien Ihrer Kassenbelege von den letzten drei Monaten?«
»Wie bitte?«
»Falls ja, wüsste ich gern, ob ich zu Ihnen kommen und sie mir ansehen kann. Ich suche nach dem Käufer eines Gürtels der hauseigenen Marke, in Schwarz, Größe XXL .«
»Ist das ein Scherz?«
»Nein, Sir.«
»Ich meine, ist das Ihr Ernst?«
»Ja, Sir.«
»Alles klar, Kumpel.«
»Ich untersuche einen verdächtigen Todesfall, und die Information könnte von Belang
Weitere Kostenlose Bücher