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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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des obsessiven, furchtsamen Versicherungsmathematikers, der er werden sollte.
    J.T. und Peter entwickelten sich auseinander, ein vielleicht unvermeidlicher Prozess. Die Pubertät schlug zu, und Toussaint wurde taff und cool und fing an, bei Pitchfork Records Metallica- CD s zu klauen, heimlich Bier zu trinken und Marlboro zu rauchen, während Zell in den steifen, beständigen Konturen seines Charakters eingeschlossen blieb, starr, ängstlich und streberhaft. In der Middle School nickten sie sich auf dem Flur noch zu, dann schmiss Toussaint die Schule, Peter machte seinen Abschluss und ging ans College, und es vergingen zwanzig Jahre, ohne dass sie ein Wort miteinander wechselten.
    Ich schreibe das alles auf. Toussaint trinkt sein Bier aus und wirft die leere Flasche auf den Haufen im Kamin. Wo die hölzernen Seitenwände des Hauses aneinanderstoßen, sind kleine Lücken – oder müssen dort sein –, denn in den Gesprächspausen hört man ein heulendes Pfeifen; die Geräusche des Windes draußen werden verstärkt, als er durch die Risse hereinzuschlüpfen versucht.
    »Dann ruft er mich an, Mann. Einfach so, aus heiterem Himmel. Sagt, lass uns zu Mittag essen.«
    Ich klicke meinen Kuli dreimal auf und zu.
    »Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wann?«
    »Keine Ahnung. Juli? Nein. Kurz nachdem ich rausgeflogen war. Juni. Sagt, er hätte an mich gedacht, seit der ganze Schwachsinn losgegangen ist.«
    Er streckt einen Zeigefinger aus und zeigt aus dem Fen ster, zum Himmel. Der ganze Schwachsinn . Mein Handy klingelt, und ich werfe einen Blick darauf. Nico. Ich schalte es aus.
    »Und was haben Sie und Mr. Zell nun genau gemacht, so zu zweit?«
    »Dasselbe wie damals, Mann.«
    »Sie haben Dungeons & Dragons gespielt?«
    Er sieht mich an, schnaubt, setzt sich anders hin. »Okay, Mann. Andere Sachen. Wir haben Bier getrunken. Sind durch die Gegend gefahren. Haben ein bisschen rumgeballert.«
    Ich halte inne. Der Wind peitscht ums Haus. Toussaint zündet sich noch eine Kippe an und errät, was ich als Nächstes sagen werde. »Drei Winchester-Büchsen, Officer. In einem Schrank. Ungeladen. Sie gehören mir, und das kann ich auch beweisen.«
    »Gut weggeschlossen, hoffe ich.«
    Waffendiebstahl ist ein Problem. Manche stehlen und horten sie, andere stehlen sie, um sie für astronomische Summen an die Erstbesten zu verhökern.
    »Niemand nimmt mir die Scheiß-Kanonen weg«, sagt er rasch und schroff und sieht mich mit einem harten Blick an, als führte ich so etwas im Schilde.
    Ich mache weiter. Ich frage Toussaint nach Montagnacht, der letzten Nacht von Peter Zells Leben, und er zuckt die Achseln.
    »Hab ihn von der Arbeit abgeholt.«
    »Um wie viel Uhr?«
    »Keine Ahnung«, sagt er, und ich spüre es, er kann mich immer weniger leiden, er möchte, dass ich verschwinde, und ob dieser Mann Peter nun umgebracht hat oder nicht, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er mich totschlagen könnte, wenn er wollte, einfach so, drei oder vier Schläge, wie ein Höhlenmensch ein Reh umbringt. »Nach der Arbeit eben.«
    Toussaint sagt, sie seien ein wenig herumgefahren und dann im Red-River-Kino gelandet, um sich die neue Folge von Fernes fahles Schimmern anzusehen, der Science-Fiction-Serie. Sie hätten ein paar Bier getrunken, sich den Film angeschaut und sich dann getrennt. Peter habe gesagt, er wolle zu Fuß nach Hause gehen.
    »Haben Sie jemanden im Kino gesehen?«
    »Nur die Leute, die dort arbeiten, und so.«
    Er saugt seiner zweiten Zigarette das letzte Leben aus und zerdrückt den Stummel im Kapitol. Houdini kommt mit unregelmäßigen Schritten angetappt, seine hervorschnellende rosa Zunge findet die letzten Hundekuchenkrümel in den Maulwinkeln, und er reibt seinen schmalen Kopf an der weiten Fläche des Beins seines Herrn.
    »Den Hund werde ich erschießen müssen«, sagt Toussaint plötzlich geistesabwesend und nüchtern und steht auf. »Am Ende, meine ich.«
    »Was?«
    »Er ist so ein kleiner Schisser.« Toussaint schaut mit schief gelegtem Kopf abwägend auf den Hund hinab, als versuchte er sich vorzustellen, wie es sich anfühlen wird. »Kann den Gedanken nicht ertragen, dass er auf diese Weise sterben wird – verbrennen, erfrieren oder ertrinken. Wahrscheinlich werde ich’s wirklich tun und ihn erschießen.«
    Ich möchte von hier verschwinden. Ich möchte gehen.
    »Noch ein letzter Punkt, Mr. Toussaint. Ist Ihnen zufällig der blaue Fleck aufgefallen? Unter Mr. Zells rechtem Auge?«
    »Er hat gesagt, er sei die

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