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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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abgegangen. Alle vier. Sie liegen in verrückten Richtungen ausgebreitet wie Fischernetze, bilden verworrene Haufen um die Reifen.
    »Heiliger Bimbam«, sage ich laut.
    Ich glaube nicht, dass er ihn umgebracht hat. Toussaint. Nach einer Weile sammle ich die Schneeketten ein und lege sie im Kofferraum lose aufeinander.
    Ich glaube nicht, dass er der Mörder ist. Ich glaube nicht, dass das stimmt.
    Im Polizeipräsidium gibt es insgesamt fünf Treppenhäuser, aber nur zwei führen in den Keller. Eines davon ist eine Abfolge grober Betonstufen, die von der Garage nach unten führen, sodass die Kollegen die mit Handschellen gefesselten Verdächtigen auf dem Rücksitz ihrer Wagen sofort zur erkennungsdienstlichen Behandlung bringen können, in den Teil des Kellers mit der Kopfbildkamera, der Fingerabdrucktinte, der regulären Arrestzelle und der Ausnüchterungszelle. Die Ausnüchterungszelle ist heutzutage immer voll. In den anderen Teil des Kellers gelangt man über die vordere nordwestliche Treppe: Man wedelt mit seiner Marke vor dem Tastenfeld herum, wartet, bis sich die Tür mit einem Klicken öffnet, und begibt sich nach unten, ins beengte Reich von Officer Frank Wilentz.
    »Na so was, Detective Baumlang«, sagt Wilentz und entbietet mir einen freundlichen militärischen Pseudo-Gruß. »Sie sehen ein bisschen blass aus.«
    »Ich bin gegen einen Baum gefahren. Es geht mir gut.«
    »Wie geht’s dem Baum?«
    »Können Sie einen Namen für mich überprüfen?«
    »Gefällt Ihnen meine Mütze?«
    »Kommen Sie schon, Wilentz.«
    Der Datentechniker in der Aktenverwaltung des CPD arbeitet in einem knapp anderthalb Quadratmeter großen, mit einem Gitter abgeteilten Kabuff, einer ehemaligen Asservatenkammer, an einem Schreibtisch, der mit Comics und Tüten voller Süßigkeiten übersät ist. An einer Reihe von Haken am Gitter seines Käfigs hängen Baseball-Caps der Major-League-Teams; eine davon, eine knallrote Souvenir-Mütze der Phillies, sitzt in verwegenem Winkel auf Wilentz’ Kopf.
    »Antworten Sie mir, Palace.«
    »Ihre Mütze gefällt mir sehr gut, Officer Wilentz.«
    »Das sagen Sie bloß so.«
    »Also, ich möchte, dass Sie einen Namen für mich überprüfen.«
    »Ich hab eine Mütze von jedem Team der Liga. Wissen Sie das?«
    »Ich glaube, Sie haben es schon mal erwähnt, ja.«
    Das Problem ist, dass Wilentz momentan über die einzige durchgängig funktionierende Highspeed-Internetverbindung im Gebäude verfügt; soweit ich weiß, ist es die einzige durchgängig funktionierende Highspeed-Internetverbindung im ganzen Land. Hängt damit zusammen, dass dem CPD ein einziges Gerät zugestanden wurde, das mit irgendeinem vergoldeten Kriminalitätsbekämpfungs-Router des Justizministeriums verbunden ist. Es bedeutet schlicht und einfach, dass ich nur dann eine Verbindung zu den FBI -Servern bekomme, um bundesweit nach dem etwaigen Vorstrafenregister einer Person zu suchen, wenn ich vorher Franks Mützensammlung bewundere.
    »Früher hab ich die Scheißdinger mal gesammelt, um sie eines Tages meinen Kindern zu vererben, aber da jetzt so ziemlich feststeht, dass es nichts mehr wird mit Kindern, hab ich eben selbst meinen Spaß an ihnen.« Seine ausdruckslose Miene verwandelt sich in ein breites, zahnlückiges Grinsen. »Ich bin jemand, für den das Glas immer halb voll ist. Wollten Sie irgendwas?«
    »Jep. Ich möchte, dass Sie einen Namen überprüfen.«
    »Ja, richtig, das haben Sie schon gesagt.«
    Wilentz tippt den Namen und die Adresse an der Bow Bog ein, setzt auf einem Login-Screen des Justizministeriums Häkchen in Kästchen, und ich stehe an seinem Schreibtisch und schaue ihm beim Tippen zu, wobei ich selbst mit den Fingern nachdenklich an die Seitenwand seines Käfigs klopfe.
    »Wilentz?«
    »Ja?«
    »Würden Sie sich jemals umbringen?«
    »Nein«, sagt er sofort, ohne mit dem Tippen aufzuhören, und klickt einen Link an. »Aber ich gestehe, dass ich daran gedacht habe. Wissen Sie, für die Römer war es das Tapferste, was man tun konnte. Angesichts der Tyrannei. Cicero. Seneca. All diese Typen.« Er fährt sich langsam mit einem Finger über den Hals, Schnitt.
    »Wir haben’s aber nicht mit einer Tyrannei zu tun.«
    »Na klar doch. Faschist am Himmel, Baby.« Er wendet sich vom Computer ab und wählt ein Kit Kat Mini von seinem Süßigkeitenhaufen. »Aber ich werd’s nicht tun. Und wissen Sie, warum nicht?«
    »Warum nicht?«
    »Weil … ich …« Er dreht sich wieder um und drückt auf eine letzte Taste. »…

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