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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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interessant.
    »Das Endurium hat es Bluestone schon vor Jahrhunderten untersagt, den globalen Wald und seine ineinander verzahnten Schwarm-Systeme zu untersuchen. Es war eine der Bedingungen dafür, dass diese Welt einen Konnektor bekam. Natürlich haben wir uns nicht von dem Versuch abhalten lassen, trotzdem mehr über ihn herauszufinden. Aber von einer großangelegten Erforschung kann keine Rede sein. Ich bin in einem unserer Stützpunkte im Wald geboren und kenne ihn besser als viele andere von uns, aber auch für mich steckt er voller Geheimnisse. Viele davon hätten wir lüften können, wenn die Permanente Konferenz vor Jahrhunderten in der Lage gewesen wäre, ganz offiziell ein Forschungsprojekt zu organisieren. Aber Leute wie er haben uns immer auf die Finger geschaut.« Pribylla nickte in Vandovers Richtung.
    Zum ersten Mal erzählte Pribylla etwas von sich, und das erstaunte Xavius fast noch mehr als das seltsame Verbot. Außerdem nahm er zur Kenntnis, dass sie erneut von »wir« sprach, als gäbe es zwischen Minerva und der Regierung von Bluestone überhaupt keinen Unterschied. Das bemerkte Xavius nicht zum ersten Mal, und er beschloss, bei einer seiner politischen Analysen für das Mesh darauf einzugehen.
    Ich finde es ja ganz nett, dass du dir solche Gedanken machst und dafür sorgen willst, dass es mir nicht an Arbeit mangelt, sagte der Chronass. Aber darf ich dich daran erinnern, dass die organischen Netzwerke des Waldes in einer guten Stunde Synchronizität erreichen? Wenn wir es bis dahin nicht zu einem sicheren Ort geschafft haben, sehe ich schwarz. Was das »Verbot« betrifft … Es ist eigentlich mehr ein Forschungsmonopol des Enduriums. Unsere Xenobiologen sind hier gewesen, hier und auf anderen Splitter-Welten mit Metaorganismen und Kollektivwesen. Sie haben über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg geforscht.
    Warum?, dachte Xavius. Und mit welchen Ergebnissen?
    Ich weiß es nicht. Wir brauchen Zugang zu externen Datenbanken, um eine Antwort zu finden. Aber wichtiger ist, dass wir so bald wie möglich diesen Wald verlassen, mein lieber Xavius. Konzentriere dich besser darauf.
    Ich nenne mich selbst »mein lieber Xavius«, dachte er, während er hinter Vandover durch den dunklen Wald von Bluestone stapfte und nicht zum ersten Mal beobachtete, wie der Generalkonsul an der Spange des Demobilisierers zerrte, als hoffte er tatsächlich, sie abstreifen zu können. Das war natürlich unmöglich, denn sie reagierte automatisch auf diese Bemühungen, indem sie sich etwas fester ums Handgelenk schloss. Und selbst wenn es ihm gelungen wäre: Der Coder, den Xavius in der Tasche trug und mit dem sich die Spange programmieren ließ, hätte ihn sofort auf eine Fehlfunktion des Demobilisierers hingewiesen.
    Als er diesmal den Blick hob, zeigte sich im Licht von Lauranias Lampe für einen Sekundenbruchteil ein vages Glitzern über Vandovers Kopf. Xavius trat einen Schritt vor, in Sorge, dass es sich um Sporenstaub handelte, nicht von den Plasmodien im Waldboden, sondern von den Haken-Kapseln, vor denen Pribylla gewarnt hatte. Sie hingen manchmal in Trauben ein oder zwei Ebenen weiter oben, gefüllt mit hauchdünnen Parasitenfäden, die sich in Wirtskörper bohrten, in ihrem lebenden Fleisch verhakten und anschließend Larven entwickelten, mit dem Ergebnis, dass das Opfer einen qualvollen Tod starb.
    Aber da war nichts, nur ein haarloser Kopf, auf dem Schweiß glänzte.
    Vandover drehte sich halb um. »Was ist?«
    »Schon gut. Ich dachte …«
    »Wir haben ein Problem«, sagte Pribylla weiter vorn und verharrte an einer Astgabel.
    »Nur eines?«, fragte Laurania, blieb stehen und atmete schwer.
    Pribyllas Gesicht wirkte angespannt im Licht des Navigatordisplays. »Vor uns befindet sich eine Steinlichtung. Wir können ihr nicht ausweichen, denn dadurch würden wir zu viel Zeit verlieren, zumal diese Lichtung besonders groß ist. Sie durchmisst fast einen Kilometer. Ein Umweg würde mindestens zwei zusätzliche Kilometer bedeuten.«
    »›Lichtung‹ klingt gut«, sagte Xavius. »Dort sollten wir schneller vorankommen.«
    Tatsächlich schien die Nacht weiter vorn nicht mehr ganz so dunkel zu sein. Zaghaftes Grau holte die Umrisse von Bäumen und Faserstrang-Geflechten aus der Finsternis.
    »Bis fast zur Mitte der Lichtung müssen wir mit Verschlingern rechnen«, sagte Pribylla. »Das sind ungefähr vierhundert Meter, und die überleben wir nur, wenn wir sie möglichst schnell zurücklegen.«
    Vandover schüttelte

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