Der letzte Regent: Roman (German Edition)
gehörte. Inzwischen war dieser Mortus fünfhundert Jahre alt und bekam nun zum ersten Mal Gelegenheit, seine Aufgabe wahrzunehmen: die Leitung des Konklaves, das einen neuen Regenten wählen sollte. »Ihre Botschaft lautet: Lasst nie nach in eurer Wachsamkeit. Bringt jedes Opfer, um die Erde zu verteidigen.«
Er drehte sich um. »Die Botschaft ist aktueller denn je. Erneut versuchen die Ayunn, hierherzugelangen. Mit ihrer dritten Inkursion wollen sie unseren Widerstand endgültig brechen. Sie haben sogar menschliche Helfer, Splitter-Menschen von Minerva wie diesen Mann hier, der den großen Avedo Avedis tötete, damit es die Angreifer leichter haben.« Bei diesen Worten richtete er einen grauen Zeigefinger auf Xavius.
»Der Chronist behauptet, unschuldig zu sein, Vorsitzender«, sagte Thixton. Die aus seinem Vokalisator kommende Stimme klang noch etwas rauer als sonst. »Er behauptet, man hätte ihn als Werkzeug missbraucht. Angeblich hat jemand anderer den Regenten ermordet.«
»Wer?«, fragte Quiron.
»Das hat er bisher noch nicht gesagt.«
Der Vorsitzende des Gremiums kam näher und ging langsam um Xavius herum. Laurania machte ihm Platz.
»Und warum hat er darüber geschwiegen?«
Xavius versuchte nicht, das ausdruckslose Gesicht mit den blassen Spiralen der alten Tätowierungen im Auge zu behalten. Er blickte starr geradeaus. Das Wissen um den wahren Mörder ruhte tief in ihm, er spürte seine Präsenz, aber es war geschützt.
»Es ist natürlich ein Bluff«, fuhr Quiron fort, als es einige Sekunden still geblieben war. Für einen Moment verharrte er hinter Xavius, trat dann wieder nach vorn. »Wir wissen, dass er der Mörder ist. Wir haben Beweise . Es kann überhaupt keinen Zweifel an seiner Schuld geben. Und doch … Sie haben darauf bestanden, ihn hierherzubegleiten, Sicherheitsoffizier Thixton. Mehr noch: Flottenadmiral Aron M Arano hat Sie geschickt, jemand aus der Familie des großen Avedis. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er diese Entscheidung ohne den geringsten Zweifel getroffen hat.«
Thixton wollte etwas erwidern, aber Quiron hob die Hand. »Schon gut. Sie brauchen weder sich selbst noch Ihren Vorgesetzten zu rechtfertigen. Dies ist eine schwere Stunde. Die Ermordung des Regenten hat das Endurium geschwächt, und das nutzen die Ayunn aus.« Er drehte sich halb um und deutete noch einmal hinab zur Krypta. »Die Namen der Toten dort, die letzten Verteidiger der Erde … Sie gebieten uns auch, stark zu sein. Und um stark zu sein, müssen wir jeden Zweifel ausmerzen. Ich werde diesem Mann, der noch vor kurzer Zeit als erster Chronist des Enduriums bei unserem Gremium akkreditiert war, Gelegenheit geben, den wahren Mörder von Avedo Avedis zu nennen – oder seine Schuld zu gestehen. Alle sollen ihn hören, alle sollen ihn sehen.«
»Jetzt«, sagte Xavius. Die eigene Stimme klang seltsam in seinen Ohren, fast so rau wie die eines Mortus. »Vor der Wahl des Regenten.«
»Oh, Sie stellen auch noch Forderungen? Aber ich habe nichts dagegen. Ich werde Sie jetzt sofort dem Konklave präsentieren – vielleicht kann es sich schneller auf einen Kandidaten einigen, wenn die Hintergründe der Ermordung des großen Avedis geklärt sind. Was Sie betrifft, Sicherheitsoffizier Thixton: Sie gehören weder zu den offiziellen Repräsentanten der hundertzweiundneunzig Welten des Enduriums noch zu den geladenen Gästen. Trotzdem gestatte ich Ihnen, bei den Besuchern Platz zu nehmen und alles zu beobachten. Das brauchen Sie jetzt nicht mehr.« Er zeigte auf den Coder und streckte die Hand aus.
Thixton zögerte, aber nur kurz, bevor er das kleine Gerät dem Vorsitzenden überließ.
»Mein Assistent wird Sie zu einer der Galerien führen«, sagte Quiron und nickte Horis Heavan zu, der Thixton daraufhin hinausbrachte.
Quiron wartete, bis beide den Aussichtsraum verlassen hatten, trat dann zu Xavius und blieb so dicht vor ihm stehen, dass er den Geruch des Mortus wahrnahm, eine Mischung aus Lavendel und Oleander, mit etwas Bitterem dahinter.
»Sie werden gestehen, Chronist«, sagte Quintus M Quiron, und da war sie wieder, die Schärfe in seiner Stimme, die Xavius auch an Bord der Zerberus gehört hatte. »Sie werden alles gestehen.«
Wo sich zweitausend Jahre zuvor Städte und Landschaften erstreckt hatten, von einfachen Ökokontrollsystemen geschaffen und stabilisiert, boten Galerien, Emporen, schwebende Logen und Beobachtungsplattformen Platz für zahlreiche Besucher. Eine Million waren es bei dieser
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