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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Xavius blieb stehen, legte den Kopf in den Nacken und fühlte, wie ihm der Regen ins Gesicht prasselte, seine Säure von den zahllosen Mikromaschinen neutralisiert, die sich überall in der Stillen Stadt befanden, unsichtbare Wächter, die unermüdlich nach Feinden Ausschau hielten. Die Morti zu beiden Seiten des Weges und in der Nähe des Portals verharrten in ihrer Verbeugung.
    »Ist jemand namens Mallory hier gewesen?«, fragte Xavius. Er schloss für einen Moment die Augen und konzentrierte sich darauf, die Regentropfen zu fühlen, denn jeder einzelne von ihnen bestätigte ihm seine Lebendigkeit.
    »Wie bitte?«, fragte Xalana Xalanis.
    »Mallory …« Xavius drehte sich zu Laurania um. Mit nassem rotem Haar stand sie da, blass, aber nicht so blass wie Lorinda oder eine Mortus. »Wie lautet sein vollständiger Name?«
    »Mallory Silquero«, sagte Laurania.
    »Ist er hier gewesen, in der Stillen Stadt? Mallory Silquero, Lauranias Bruder. Minerva hat ihn hierhergeschickt.«
    »Saboteure«, zischte Karas Kalion. »Eindringlinge. Die Verteidigungssysteme kümmern sich darum.«
    »Werde ich erfahren, ob Mallory die Stille Stadt erreicht hat und was aus ihm geworden ist?«, wandte sich Xavius an die Promotoria. Er stand noch immer im kalten Regen, obwohl er zu frieren begann.
    »Sie werden alles wissen und Zugang zu allen Daten haben«, sagte Selena Seace.
    Die Morti rechts und links … Regen tropfte von ihren gesenkten Köpfen und von ihrer nassen Kleidung. Die Kälte machte ihnen nichts aus.
    Xavius fröstelte noch etwas mehr.
    Xalana Xalanis deutete zum offenen Portal. »Worauf warten wir?«
    Laurania trat neben Xavius. Einer der Gardisten wollte sie daran hindern, aber er schüttelte den Kopf.
    »Ich möchte dir noch etwas sagen, bevor … geschieht, was geschehen muss, Xavis.« Sie wischte sich eine Strähne des roten Haars aus der Stirn.
    »Ja?«
    Sie sah ihn an, und er fühlte ihren Blick, fast so intensiv wie den von Rebecca. »›Wunder ist nicht nur im unerklärten Überstehen der Gefahr.‹«
    »Das klingt nach einem Zitat.«
    »Ich bin Kustodin«, erinnerte sie ihn. »Denk an diese Worte, wenn du … gehst. Versprichst du mir das?«
    Er lächelte zaghaft, vielleicht das letzte Mal in seinem Leben. »Ich werde es versuchen.«
    Und dann prasselten keine Tropfen mehr auf ihn herab, denn er befand sich im Innern der Pyramide. Er sah noch, wie sich die Morti zu beiden Seiten des Weges aufrichteten und wie Laurania, von Xalana Xalanis und Karas Kalion zurückgehalten, zum Abschied winkte, dann schloss sich das Portal.
    Schmale Korridore führten durchs Innere der Pyramide, gerade breit genug, damit Selena M Seace und Xavis V Xavius nebeneinandergehen konnten. Es war ein alter Ort. An vielen Stellen ragten Aggregate auf, die aus der Zeit der irdischen Katastrophe zu stammen schienen, wie der Schläfer Zayac. Sie blieben halb im Schatten, denn das Licht der wenigen Lampen beleuchtete nur den Teil des Weges, den sie beschritten. Einmal berührte Xavius eine der Maschinen und spürte eine leichte Vibration, obwohl alles still blieb, und als er genauer hinsah, glaubte er, hier und dort vertraute Elemente zu erkennen.
    »Man könnte meinen, dies sei einmal Teil eines Raumschiffs gewesen«, sagte er.
    »Die ganze Stadt sollte damals ein Raumschiff bilden«, erwiderte die Promotoria und ging über einen Steg, unter dem sich ein Maschinensaal erstreckte. »Aber die einzelnen Komponenten wurden nie zusammengefügt. Sie blieben hier und wurden zur Stillen Stadt. Die wenigen Überlebenden flüchteten sich hierher, unter ihnen die Sechsundzwanzig. Der ZORN trieb sie.«
    Xavius richtete einen fragenden Blick auf die Promotoria.
    »Sie werden es erfahren, Regent«, sagte Selena Seace. »Sie werden alles erfahren.«
    Xavius blieb stehen und beobachtete, wie Regenwasser von seiner nassen Kleidung in die Tiefe tropfte. Er fror noch immer, obwohl es hier wärmer war als draußen, doch es spielte keine Rolle. »Aber es wird zu viel für mich sein. Weil ich nicht vorbereitet bin.«
    »Ja«, bestätigte die Promotoria ernst.
    Weitere Tropfen verschwanden in der Tiefe, und Xavius sah ihnen nach. »Sagen Sie mir, warum nur ein Vivus Regent sein kann. Ich habe es gespürt, für einen Augenblick, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher.«
    »Der Geist eines Mortus ist starr«, sagte die Promotoria. »Er ist ebenso unveränderlich wie der Körper. Das Bewusstsein eines Vivus hingegen lässt sich formen, und im Moment des Todes streift es

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