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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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allen Ballast ab. Dann kann es die Geheimnisse empfangen, die die Regenten vor Ihnen gehütet haben.«
    »Und es kann all die Stimmen hören, ohne sich in ihnen zu verlieren.«
    »Im Übergang vom Vivus zum Mortus verknüpft der Regent alle Fäden und vereinigt alle Morti in der Phalanx. Er erneuert und festigt das Fundament des Enduriums, die Basis, auf die sich alles andere stützt.«
    Xavius starrte noch immer in die Tiefe. »Aber für mich ist es zu viel. Ich bin überfordert. Vielleicht wäre ich sogar überfordert, wenn Sie genug Zeit gehabt hätten, mich vorzubereiten.«
    »Vielleicht.«
    »Sollte ich deshalb die Interface-Flächen berühren? Damit mir klar wird, dass ich kein geeigneter Kandidat bin?«
    »Nein. Sie sind gewählt. Sie sind der Regent. Daran lässt sich nichts mehr ändern.«
    »Lassen Sie mich gehen«, sagte Xavius plötzlich. »Durch irgendeinen anderen Ausgang. Gestatten Sie mir, die Erde und das Sol-System zu verlassen. Machen Sie jemanden zum Regenten, der alle notwendigen Voraussetzungen mitbringt.« Er glaubte, ein Gesicht in der Tiefe zu sehen, die Fratze seiner Furcht.
    »Haben Sie nicht zugehört, Xavis V Xavius?« Die Stimme der Promotoria klang jetzt scharf. »Sie sind der Regent, ob es Ihnen – und uns – gefällt oder nicht. Wollen Sie in die Geschichte eingehen als der Regent, der vor seiner Verantwortung geflohen ist?«
    »Aber dies hat doch keinen Sinn. Es ist absurd! Die dritte Inkursion der Ayunn findet statt. Praktisch jeden Augenblick könnten Aggregationsschiffe in diesem Sonnensystem erscheinen. Das Endurium braucht einen starken Regenten.«
    »Wir haben nur Sie, Chronist«, sagte Selena Seace. »Vielleicht überleben Sie lange genug, um ermutigende Worte in die Phalanx zu schicken. Mit Worten kennen Sie sich aus.«
    »Aber anschließend bricht wieder alles zusammen!« Xavius fühlte sich der Verzweiflung nahe.
    »Nicht sofort. Beim Übergang werden Sie der Mittelpunkt sein. Alles wird in Ihnen zusammenströmen, und allein Ihre Präsenz als neuer Regent wird Stabilität zurückbringen. Nicht für lange, aber vielleicht lange genug für uns, um die nächsten Angriffe der Ayunn abzuwehren und einen geeigneten Kandidaten zu wählen.«
    »Das ist alles?« Hoffnungslosigkeit erfasste Xavius, als er seine wahre Rolle begriff, seinen kleinen Platz im großen Bild des Geschehens. »Sie gewinnen mit mir nur ein bisschen Zeit?«
    »Vielleicht kann Ihnen der Schläfer helfen«, sagte die Promotoria. »Das war der wahre Grund für den Interface-Kontakt. Zayac und Belote wissen, dass Ihr Übergang bevorsteht. Vielleicht können sie Ihnen helfen. Kommen Sie, Regent.«
    Das Gesicht in der Tiefe, die Fratze, sie grinste. Xavius hob den Kopf und ging mit der Promotoria zum Ende des Stegs. Es folgte ein kurzer Flur, der sie zu einem runden, angenehm warmen Raum brachte. Cremefarbene Kleidung lag auf einem niedrigen Tisch für ihn bereit. Daneben stand eine breite Liege, silbern wie der Himmel über der Welt mit den blauen Bäumen und dem roten See. Als sie den Raum betraten, öffnete sich in der Wand hinter der Liege eine Tür, und zwei Morti in bunten Gewändern kamen herein.
    »Bitte ziehen Sie sich aus, Regent«, sagte Selena Seace.
    »Ist dies der Ort?«, fragte Xavius. »Soll es hier geschehen?«
    »Treten Sie auf die Reinigungsfläche dort, wenn Sie die nasse Kleidung abgelegt haben.«
    Hände berührten ihn, kälter als die Regennässe, und halfen ihm dabei, die nassen Sachen abzustreifen. Nackt und trotz der Wärme fröstelnd trat er auf die Markierung der Reinigungsfläche und fühlte sofort das Prickeln eines Sterilisationsfelds. Sein Herz schlug schneller, er fühlte den Pulsschlag im Hals und hatte das Rauschen des eigenen Blutes in den Ohren, laut wie die Brandung eines Ozeans.
    Die Hände blieben bei ihm, grau und kalt, strichen ihm etwas auf die Haut, das er zunächst für Öl oder Salbe hielt. Doch dann erkannte er den Geruch von Nährgel. Die Kleidung, die er kurze Zeit später trug, war von hauchdünnen silbernen Fäden durchzogen, wie die glänzenden Linien auf Selena Seaces Haut, und innen wies sie zahlreiche Sensoren und mikrospitze Sonden auf, die sich ihm in den Leib bohrten, ohne dass er mehr spürte als ein kurzes Jucken.
    »Legen Sie sich jetzt auf die Liege, Regent.«
    Sein Herz schlug noch schneller, es hämmerte gegen das Brustbein und sprang zum Hals, als Xavius zur Liege ging und sich darauf ausstreckte. Er zitterte, und sein Gaumen war völlig

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