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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Vergangenheit, die der Nachwelt mitteilen sollten: Seht, wir waren hier, lange, lange vor euch.
    Die alten Marsianer hatten vor zwei- oder dreihundert Millionen Jahren mühevoll geschuftet, um genug Basalt für ihre Pyramiden aufeinanderzuschichten. Spezies Siebzehn und die anderen einundzwanzig bekannten Alten Zivilisationen waren zwischen den Galaxien gereist und hatten die Energie ganzer Sonnen genutzt – der Unterschied konnte kaum größer sein.
    Und danach?, dachte Xavius, den Blick noch immer auf Herlihi gerichtet. Nichts. Leere. Die Lücke , wie wir sie nennen. Keine galaktischen Zivilisationen. Nicht einmal interstellare. Als hätte das intelligente Leben, oder die Entwicklung von Intelligenz, eine Pause eingelegt. Wir sind die Ersten, die wieder auf der kosmischen Bühne erschienen sind.
    Nein, korrigierte ihn der Chronass. Das stimmte nicht ganz. Es gab noch die Ayunn.
    Xavius wandte sich ab, ging zusammen mit einigen Nachzüglern durch den Tunnel und erreichte kurz darauf den Empfangssaal des mehrere Kilometer langen Transporters, der als dunkler, dicker Koloss neben dem hell erleuchteten Zylinder des Konnektors lag, dessen Rotationselemente sich jetzt schneller drehten und Energie für das Transferfeld sammelten. Die öffentlichen Netze des Transporters gaben Auskunft über Quartierzuweisungen und Serviceleistungen während der Reise, und wie viele andere Passagiere griff Xavius mit seinem Schwarm darauf zu, als ihm ein junger Mann um die dreißig auffiel, der etwas abseits der anderen Reisenden stand. Groß und schlank war er, mit mittellangem, aschblondem Haar und einem aristokratischen Gesicht, das Xavius sofort gefiel. Es gab eine gute Möglichkeit, sich von bohrenden Fragen abzulenken, ohne einen Kompensator zu benutzen oder die Mikromaschinen mit einer selektiven Steuerung der Hirnaktivität zu beauftragen. Seine letzten sexuellen Partner waren weiblichen Geschlechts gewesen, darunter eine Mortus, die Erste in seinem Leben – sie hatte ihm Erfahrungen ganz besonderer Art beschert. Ein Mann nach mehreren Partnerinnen wäre eine willkommene Abwechslung gewesen, noch dazu ein so attraktiver wie dieser.
    Xavius schickte mit seinem Schwarm eine Identitätsanfrage in den öffentlichen Bereich der lokalen Netze und bekam sofort Antwort, da keine Privatsphären-Sperrung vorlag: Eugene V Salyard, Xenoarchäologe und LA-Linguist, vor neunundzwanzig Standardjahren auf Tibetian geboren, aber auf Youngquist aufgewachsen und ausgewiesenes Mitglied der dortigen Innovatoren-Reklusion. Zwei Verwarnungen wegen Subversion. Auf Anraten der Wissenschaftlichen Akademie des Enduriums nach Herlihi versetzt, mit dem Auftrag, die Hieroglyphen in den Spiegelkammern der Tangeritt-Pyramiden zu untersuchen. Jetzt aus familiären Gründen vorübergehende Rückkehr nach Youngquist, eine Reise mit kurzem Zwischenstopp bei Ratchford-Uyeda.
    Die Verwarnungen erklärten das Fehlen der Privatsphäre – der Innovator und Xenoarchäologe von Youngquist stand unter öffentlicher Beobachtung. Derzeit war er netzaktiv: Sein Schwarm – klein und einfach strukturiert, und ebenfalls ohne Privatschutz – übertrug Daten ins Kommunikationssystem des Konnektors, von wo aus sie per Verschränkung nach Tibetian und Cuadrado weitergeleitet wurden, zu den Verwaltungszentren der Akademie.
    Es ging um die Hieroglyphen, stellte Xavius fest, als er seine Mikromaschinen aus reiner Neugier anwies, den ungeschützten Datenstrom zu belauschen. Er empfing einige Bilder von seltsamen Zeichen, hörte ihre Beschreibungen und Spekulationen darüber, dass sie vielleicht mit den Hieroglyphen in Verbindung standen, die man vor einigen Jahren auf Tibbal gefunden und der Spezies Neun zugeordnet hatte.
    Was Eugene wohl dazu sagen würde, dass die intuitiven Linguisten der Splitter-Welten dreiundzwanzig Zeichen entschlüsselt hatten? Der ideale Aufhänger für ein Gespräch, fand Xavius. Eine Möglichkeit, sich näherzukommen.
    Xavius hatte bereits zwei Schritte in Richtung des attraktiven jungen Mannes getan und dachte darüber nach, ob er ihm eine zeitlich begrenzte Partnerschaft anbieten sollte, bis sich ihre Wege beim Superkonnektor von Ratchford-Uyeda wieder trennten, als er plötzlich ein Signal empfing. Nicht von den Komm-Systemen des Transporters oder des nahen Konnektors von Herlihi, auch nicht von seinem Schwarm, sondern vom Ring am Mittelfinger seiner linken Hand.
    Eine Dringlichkeitsnachricht von Quintus M Quiron, allein für ihn bestimmt.
    Xavis V

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