Der letzte Single fangt den Mann
eigentlich jemanden, seit… äh… du weißt schon wer?«, fragt Dad.
Ah, er initiiert ein vertrauliches Gespräch zwischen Vater und Tochter. Das macht er gerne bei solchen Gelegenheiten. Als ich letzten Sommer zu Besuch war, kurz vor meiner Trennung von Peter, stumm aus Sorge vor dem, was mir bevorstand, waren gleich drei Vater-Tochter-Projekte dieser Art nötig, um meine Zunge zu lösen. Als ich schließlich den Mund aufmachte, fand ich das so unloyal gegenüber Peter, dass ich kaum etwas sagen konnte, sondern nur weinte. Daraufhin fuhr Dad mit mir zu einem riesigen Supermarkt in Béziers, und wir stöberten gemeinsam schweigend in der Werkzeugabteilung herum.
» Ich hatte ein paar Dates«, sage ich. » Das war ganz lustig. Trotzdem bin ich sehr froh, dass ich mit Peter Schluss gemacht habe, um es so auszudrücken.«
» Schön«, erwidert er. » Gibt es einen Besonderen?«
» Nein«, lüge ich. Ich möchte nicht über Dave reden. Meine Eltern werden sich fragen, warum ich ihn erst jetzt erwähne und warum er nie anruft und warum ich kein Geschenk von ihm an Weihnachten aufgemacht habe. Ich frage mich, ob er inzwischen herausgefunden hat, dass ich an Neujahr Geburtstag habe… O Gott, das viele Denken ermüdet mich. » Du weißt schon. Ich gehe das Ganze locker an.«
» Es besteht auch keinerlei Grund zur Eile. Ich hoffe, du fühlst dich nicht unter Druck gesetzt, einen Mann zu finden, weil Miss Mopp heiratet.«
Miss Mopp ist Dads Spitzname für Sophie. Ich bin Miss Eimer. Das war schon immer so, aus unbekannten Gründen.
Dad beginnt, mir die Pickles und Chutneys aus dem oberen Kühlfach herauszugeben. Essiggurken und Soßen hielt ich schon immer für etwas sehr Erwachsenes in einem Kühlschrank, finden Sie das nicht auch? Früher, als ich noch mit Peter zusammenlebte, standen viele Chutney-Gläser in meinem Kühlschrank. Ein völlig anderes Leben.
» Erde an Abigail«, sagt Dad. » Ich habe dich gefragt, ob du einen netten Mann kennengelernt hast.«
» Sorry!«, sage ich. » War mit den Gedanken woanders.«
» Du warst schon immer so. Du hast früher Selbstgespräche geführt im Kopf, die dich richtig angestrengt haben. Ich denke, das ist der Grund, warum du erst mit drei zu sprechen angefangen hast.«
» Erst mit drei?«
» Na ja, ja«, erwidert er mit gedämpfter Stimme aus dem Kühlschrank, bevor er mir mehrere Gläser Sardellenpaste und Muscheln herausgibt. Ich habe noch nie einen Kühlschrank gesehen, der so voll ist mit Nichtlebensmitteln. » Du warst schon immer sehr langsam, weil du vorher erst gründlich über alles nachdenken musstest. Aber wenn du dir dann einen Ruck gegeben hast, warst du brillant. Als du endlich angefangen hast zu sprechen, kamen direkt vollständige Sätze und nichts von diesem Mum-dada-baba-Gebrabbel. Darum bin ich mir sicher, du verhältst dich nicht anders in, du weißt schon, in der Liebe.«
» Sprechenlernen ist etwas anderes.«
» Lass dir Zeit«, sagt er. » Es klingt zwar abgedroschen, aber wenn du den Richtigen gefunden hast, wirst du es schon merken. Dann geht alles ganz leicht.«
» Wirklich?«, sage ich zweifelnd.
» Das sagt jeder, und es stimmt.« Der Kühlschrank ist jetzt leer. » Okay. Spülen wir die Einlegefächer.«
Dad macht es glücklich, wenn beide Spülbecken mit heißem Wasser gefüllt sind und überall Schaumbläschen umherfliegen. Er ist wie eine große Ente. Meine Mutter macht das immer wahnsinnig. Wie aufs Stichwort fällt die Haustür ins Schloss, und gleich darauf kommt sie in die Küche. Sie hat draußen mit der Nachbarin getratscht, ihrem vergnügten Gesicht nach zu urteilen.
» Finger hoch, wer will heute Abend Grease schauen? Virginia und Rod von gegenüber haben mir die DVD geliehen!«, ruft Mum begeistert.
Manchmal spricht sie absichtlich so begeistert. Früher wollte sie Sophie und mich anstecken. Ich glaube, es hat funktioniert, solange wir klein waren.
» Oh«, sage ich. » Klingt toll.«
Mum legt den Kopf schief und mustert mich. Sie ist über zehn Zentimeter kleiner als Sophie und ich, hält sich aber selbst für groß. ( » Meine ganze Persönlichkeit beruht auf meiner Körperlänge, ich kann das jetzt nicht mehr ändern«, sagte sie einmal, als Sophie und ich sie damit konfrontierten.) Meine Mutter hat außerdem die Fähigkeit, Stimmungen abzulesen an der Art, wie man sein Glas hält.
» Geht es dir gut? Du siehst müde aus. Bist du müde?«
» Ich bin okay«, sage ich zum Kühlschrank, damit sie meine Augen nicht
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