Der letzte Single fangt den Mann
sehen kann.
» Du bist schon die ganze Zeit so anders, seit du hier bist. Habt ihr heute gezweisamt?«
» Es ist alles in bester Ordnung, danke, Mum«, erwidere ich und recke beide Daumen hoch. » Aber ich glaube, zweisamen ist kein Verb.«
» Vielen Dank, du Neunmalklug.«
Mum tut so, als wolle sie mich schlagen, aber ich springe zur Seite.
Dad steht wieder vor dem Kühlschrank und inspiziert jede Ecke.
» Ich denke, wir können das System verbessern, wisst ihr? Es intuitiver machen, windschlüpfig…«
» Ja«, sage ich und versuche, dem Kühlschrank die Aufmerksamkeit zu widmen, die er nach Dads Auffassung verdient.
» Obst und Gemüse natürlich unten ins Fach, dann das Fleisch, dann– das könnte zu kontroversen Diskussionen führen, aber hört mir erst zu– den Joghurt und den Käse in das mittlere Fach. Statistisch gesehen greifen wir nämlich am häufigsten danach.« Dad strahlt vor Stolz. » Einverstanden? Und die Soßen, den Senf und die Mayo wieder ganz oben, die Frühstücksmarmelade in die Tür, et voilà. Ein perfekter Kühlschrank!«
» Hurra!«, jubeln Mum und ich, da von uns eindeutig Applaus erwartet wird.
Nachdem wir mit dem Einräumen fertig sind, gebe ich Dad ein Küsschen auf die Wange und gehe wieder nach oben. In meinem Kopf herrscht ein wildes Durcheinander aus halben Gedanken und halben Sorgen. Ich hole mein Notizbuch hervor, schlage eine leere Seite auf und schreibe auf, was Dad eben gesagt hat.
Wenn du den Richtigen gefunden hast, wirst du es merken.
Was für eine besonders ärgerliche Aussage.
Ich beginne, kleine Kringel um den Satz zu malen.
Ich frage mich, ob ich es bei Dave merken werde. Kann doch sein. Ich war noch nie so verknallt. Ich fange an zu zittern, sobald er in meine Nähe kommt oder mich ansieht oder am selben Tisch sitzt wie ich… Und wenn er mich küsst, stellt mein Gehirn seine Funktion ganz ein.
Ist es das, was gemeint ist mit » wirst du es merken«?
Vielleicht liegt es nur an meiner Unerfahrenheit, dass ich so unsicher bin, wie es mit uns weitergeht, und unfähig, völlig offen zu ihm zu sein. Vielleicht sind meine lächerlichen Befürchtungen wegen Bella nur eine Folge von Misstrauen nach Peters Untreue. Oder ich bin es einfach leid, immer die Coole und Distanzierte zu spielen, wie der blöde Robert mir empfohlen hat.
Mein Handy vibriert. Eine SMS ! Von Dave!
Hallo, meine knackige kleine Röstkastanie. Ich habe mir gerade die Fotos von dir auf Facebook angeschaut. Du bist wirklich zum Vernaschen. Hat dir das schon mal jemand gesagt? LG
Ich grinse erfreut in mich hinein, und der Unsicherheitsstrick um mein Herz löst sich. Meine übliche Rettung. Zwanzig Minuten später, nach mehr Entwürfen, als ich zugeben möchte (schließlich bin ich eine erwachsene Frau und sollte Besseres zu tun haben, als meine Zeit damit zu vertrödeln, eine perfekte/verführerische/geistreiche/trockene/subtile SMS zu verfassen), steht meine Antwort.
Ich möchte ihn wirklich nicht per SMS ausfragen, aber mein natürliches Bedürfnis lässt sich immer schwerer unterdrücken, um nicht zu schreiben: WO BIST DU ? WANN KOMMST DU ZURÜCK ? WAS MACHST DU GERADE ? VERMISST DU MICH ? SEHEN WIR UNS MORGEN ABEND ? WARUM MACHST DU NIE PLÄNE MIT MIR ? WARUM HAT BELLA DIR GESIMST ? WARUM , VERDAMMT ? WARUM ? Darum habe ich beschlossen, die Regeln ein bisschen zu dehnen und– sehr, sehr unauffällig– die Zukunft anzusprechen.
Mein Text:
Stalking ist völlig out. Und ja, das Kompliment habe ich schon öfter gehört. Noch einmal schlafen, dann ist Abigail wieder in London. Hurra. LG
Seine umgehende Antwort:
Hurra, allerdings. Ich habe die Schnauze voll von Familie. Meine Schwester war dieses Jahr der Oberknaller. LG
Sehen Sie, was ich meine? Keine Details.
Ich frage mich, was Louisa getan hat, um den Titel » Oberknaller« zu bekommen. Ich glaube, sie ist die erste Person, gegen die ich eine tiefe Abneigung hege, ohne sie zu kennen. Wer Robert so behandelt, muss schlecht sein. Ich hoffe, ich lerne sie bald kennen.
Wieder eine SMS ! Von Dave!
Ich vermisse dich übrigens. Bis morgen. LG
Kapitel 29
Es ist so schön, wieder zu Hause zu sein. Unser Wohnzimmer ist immer noch geschmückt mit der Weihnachtsdekoration von Roberts Schwester, im Kühlschrank ist Milch, im Brotkasten liegt Toast, und es ist warm und sauber. Kurz gesagt, es fühlt sich heimisch an.
Als Erstes bin ich unter die Dusche gegangen, danach hab ich meine neue Jeans und ein weißes Top angezogen, meine Tasche
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