Der letzte Single fangt den Mann
ist einfach nicht sein Stil.
Seufz.
Dann beugte er sich herüber und grinste mich an.
» Warum kommst du nicht einfach mit?«
» Liebend gerne!«, platzte ich heraus, bevor ich mich schnell zusammenriss. Cool, Abigail. Distanziert. » Ich meine, klar. Wohin gehen wir? Wie viel Uhr? Was soll ich anziehen?«
» Fragen über Fragen«, sagte Dave mit gespieltem Verdruss. (Ich glaube jedenfalls, dass er gespielt war.) » Ich weiß es noch nicht. Das erfährst du später. Los, steh auf. Ich will nicht schon wieder deinetwegen zu spät kommen.«
Jetzt ist es sechzehn Uhr. Normalerweise würde man annehmen, » später« bedeutet im Laufe des Tages und nicht erst kurz vor Feierabend, oder nicht? Es macht keinen Sinn, ihn anzurufen. Das habe ich einmal getan, weil ich mit ihm die Uhrzeit für ein Abendessen absprechen wollte, woraufhin er mich anranzte » Sobald ich es weiß, gebe ich dir Bescheid. Nerv mich nicht« und auflegte. Er hat sich später dafür entschuldigt– er ist kurz angebunden, wenn er viel zu tun hat, das ist nichts Persönliches–, aber Sie sehen, dass ich mir den Versuch sparen kann. Sonst regen wir uns nur beide auf.
Ich drücke wieder auf » Aktualisieren« in meinem Posteingang. Nichts. Vielleicht hat er es sich anders überlegt, oder vielleicht hat seine Mutter gesagt, dass sie mich nicht dabeihaben möchte. Menschenskind, und ich habe gerade noch damit angegeben, dass ich meine Unsicherheit fast überwunden habe…
Januar war bisher ein ruhiger Monat im Büro, und der große Bericht, an dem ich fast den ganzen November und Dezember gearbeitet habe, ist gut angekommen. Wir bekommen unseren Bonus immer Anfang des Jahres, und meiner fiel so hoch aus wie schon lange nicht mehr. Ich lege ihn für schlechte Zeiten zurück, sollten Dave und ich vielleicht jemals… egal.
Seit heute ist André, den ich vor Weihnachten das letzte Mal gesehen habe, zurück in London. Er schlug vor, dass wir uns um sechzehn Uhr auf » un café et une conversation« unten treffen. Ich nehme an, er will mit mir über diesen Job in Hongkong reden. Wahrscheinlich hat sich die Sache erledigt, also ist es gut, dass ich mir nicht ernsthaft darüber Gedanken gemacht habe… Ich werfe einen Blick über die Trennwand zu Charlotte, die auf ihrer Tastatur tippt– mit einem leisen Lächeln im Gesicht.
» Grüß Henry von mir«, sage ich.
» Was? Das ist nicht… Ich arbeite gerade an… Ich schreibe nicht an…« Sie unterbricht sich und kichert. » Na schön, tu ich doch.«
Ich wünschte, Dave und ich würden uns den ganzen Tag E-Mails schreiben. Aber er sagt, das würde ihn ablenken. Manchmal schickt er mir unanständige SMS .
Charlottes Schreibtischtelefon klingelt, und sie meldet sich mit einem karamelligen » Charlotte Barry?« Einen Moment lang stehe ich wie angewurzelt da. Früher hat sie nie so gesprochen. Ist das der Grund, warum sie in letzter Zeit so viele Anrufe erhält?
» Ich verstehe, wie Sie zu dieser Einschätzung kommen, Ed. Aber wir glauben, dass die Erwartungen im nächsten Quartal weit übertroffen werden«, sagt sie und dreht sich auf ihrem Stuhl, um mich anzusehen. Ich signalisiere ihr eine Kaffeepause, und sie schüttelt den Kopf und zwinkert mir zu. Gott, sie ist in letzter Zeit ganz schön frech. » Das ist absolut korrekt«, sagt sie und dreht sich wieder zurück.
Sie benutzt wie früher ihren Verstand, nur dass Selbstvertrauen hinzugekommen ist. Und nun ist sie nicht mehr zu bremsen.
Ich seufze und gehe zu den Aufzügen. Ich weiß immer noch nicht, was ich hier mache. Ich hänge in einer Warteschleife. Ich bin irgendwie deprimiert und antriebslos. Das könnte eine Winterdepression sein, wissen Sie. Ich habe seit Tagen kein Sonnenlicht gesehen. Vielleicht sind es auch nur dieses Büro und Suzanne, was sich ändern muss. Vielleicht ist ein Umzug nach Hongkong die Lösung.
Einen Augenblick lang stelle ich mir vor, dass ich mit Dave in Hongkong lebe, wo wir beide hart arbeiten und ein traumhaftes, erfülltes, schönes Leben führen… Scheinbar ein bisschen weit hergeholt, nicht? Aber ich kann mir auch nicht eine Zukunft ohne ihn vorstellen.
» André!«, sage ich, während ich in der Eingangshalle auf ihn zugehe.
Er dreht sich um. Er ist braun gebrannt, nachdem er zwei Wochen Skifahren war, wahrscheinlich in Courchevel oder Chamonix oder so.
» Abigail«, erwidert er und küsst mich zur Begrüßung auf beide Wangen.
Damit habe ich nicht gerechnet, und ich zucke leicht zusammen, bevor ich mich
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